Gewinneinbußen angeblich wegen neuer Buchungstechnik

Informix weist einen Verlust von 46,4 Millionen Dollar aus

29.03.1991

HANNOVER (gfh) - Datenbank Spezialist Informix steckt in massiven Schwierigkeiten. So mußte das Unternehmen im Jahr l990 einen Verlust von 46,4 Millionen Dollar hinnehmen. "Hier schlägt vor allem unsere neue Buchungstechnik durch", schiebt Marketing-Direktor Werner Niebel die Schuld auf die Umstrukturierungsmaßnahmen bei Informix.

In seiner jetzt veröffentlichten Bilanz beziffert Informix den Anteil der Umstrukturierung an den Verlusten mit knapp 23,3 Millionen Dollar. Weitere sechs Millionen Dollar seien für Abfindungen bezahlt worden. Bleibt ein Verlust von 17 Millionen Dollar, den auch der Informix-Marketier nicht wegdiskutieren kann.

Angesichts dieser angespannten Situation kommt Wallstreet-Analyst Andrew Brosseau zu dem Urteil, daß "der wirkliche Verlust sich in ganz anderen Regionen bewegt, als von Informix bekannt gegeben". Schon seit längerem gab es Unstimmigkeiten zwischen der amerikanischen Muttergesellschaft und der relativ gut laufenden deutschen Tochter. Sie haben dazu geführt, daß Geschäftsführer Frank Sempert Informix verlassen hat, nachdem er für Deutschland Personalkürzungen gerade noch verhindern konnte. Weltweit hat das Unternehmen 200 Mitarbeiter entlassen.

Bis ein neuer Geschäftsführer gefunden ist, hat der Vertriebsmanager Walter Königseder die Aufgaben von Sempert als Managing Direktor übernommen. Er soll vor allem den Vertrieb auf Vordermann bringen. Königseder räumt ein, daß sich der indirekte Vertrieb von Informix nur im Geschäft mit kleinen Kunden bewährt habe. Bei den lukrativen Großprojekten wolle der Kunde dagegen direkt mit dem Hersteller verhandeln. Zu diesem Zweck sollen noch in diesem Halbjahr vier Mitarbeiter abgestellt werden, um den OEMs und Distributoren unter die Arme zu greifen.

Auch im Produktgeschäft habe es Fehlentscheidungen gegeben. So habe man die Gewinnerwartungen bei den PC-Produkten zu hoch gesteckt. Ursprünglich sollten die Tabellenkalkulation "Wingz und das integrierte Paket "Smartware" 50 Prozent der Umsätze einbringen. Doch die Mitbewerber hätten diesen Markt längst unter sich aufgeteilt. Dazu Niegel: "Künftig werden wir uns wieder mehr auf das Datenbankgeschäft konzentrieren." Die Erwartungen für Geschäft mit PC-Produkten ist inzwischen zwar auf ein Drittel des Datenbankumsatzes geschrumft, sie liegen damit aber immer noch weit über dem tatsächliche Anteil von derzeit etwa 15 bis 20 Prozent.

Bei der derzeitigen Umstrukturierung handelt es sich vor allem um eine konservativere Verbuchung von Aufträgen. Wie in der Branche nicht unüblich, hatte Informix bisher jeden eingehenden Auftrag bereits so verbucht, als hätte der Kunde bereits bezahlt. Das hatte zur Folge, daß bei Investitionen von optimistischen Umsatzprognosen anstatt von tatsächlichen Verkäufen ausgegangen wurde.