Infomediäre geben Surfern Kontrolle über persönliche Daten zurück

Infomediäre geben Surfern Kontrolle über persönliche Daten zurück Die Händler der Privatsphäre wollen Anwälte der Verbraucher sein

05.03.1999
MÜNCHEN (CW) - Nach den Vorstellungen der E-Business-Propheten John Hagel und Marc Singer werden Surfer künftig wieder die Oberhoheit über ihre persönlichen Daten erhalten. Sogenannte Infomediäre treten dann als Vermittler zwischen Unternehmen und Verbrauchern auf. Das könnte die Marktlandschaft im Internet verändern. Erste Anbieter stehen in den Startlöchern.

Die Autoren Hagel und Singer hatten bereits 1997 die "Communities" in die virtuelle Wirtschaftswelt eingeführt. Nun heben sie in ihrem neuesten Opus "Net Worth" den Begriff Infomediäre (Infomediaries) aus der Taufe. Diese sollen als Hüter der Privatsphäre die persönlichen Daten geneigter Surfer unter ihre Fittiche nehmen. Sie treten quasi als Datenhändler zwischen Unternehmen und Konsumenten auf. Vorteil für den Verbraucher: Er bewegt sich jederzeit anonym durch das Web, kann aber auf Wunsch interessierten Firmen oder Web-Site-Betreibern persönliche Vorlieben oder Adreßinformationen mitteilen.

Von Datenvermittlern profitieren alle Seiten

Damit soll dem Nutzer wieder die Oberhoheit über sein virtuelles Profil verschafft werden. Unternehmen oder auch Werbeagenturen müssen stets mit den Infomediären des Vertrauens verhandeln. Vorteil für sie jedoch: sie bekommen nur von denjenigen Benutzern persönliche Daten, die sich wirklich für ihr Produkt interessieren. Dafür wird dann eine Gebühr fällig, von der sogar die Anwender selbst profitieren könnten. Die Infomediäre garantieren ihren Kunden mit Hilfe spezieller Software und Verschlüsselungstechniken ein unbehelligtes Surfen im Internet - soweit und so lange sie es wollen. David Medine, Assistant Director der US-Kartellbehörde FTC, glaubt, daß sowohl Verbraucher als auch Händler von diesem Konzept profitieren können. Besonders die Wahlmöglichkeit für die Surfer gefällt dem Verbraucherschützer.

Hagel und Singer prophezeien Infomediären 700 Millionen Dollar Umsatz in den ersten fünf Jahren. Kein Wunder also, daß sich, kaum hatte das Buch die Druckereien verlassen, bereits die ersten Startup-Companies in den Ring warfen. Lumeria, Privaseek, Internomni, At Your Command und Privacy Bank haben für die kommenden Wochen erste Produkte angekündigt. Lumerias Technologie "Super Profile" beispielsweise fußt auf den Grundlagen der "Platform for Privacy Preferences (P3P)" des World Wide Web Consortium (W3C). P3P sollte ein offener Standard für die Kontrolle von persönlichen Daten werden, ist allerdings bis heute nicht aus den Kinderschuhen hinausgekommen. Die Startups wollen das Vertrauen ihrer Kundschaft durch Siegel ähnlich dem Trust-E- Programm (www.truste.org), durch kostenlose Verschlüsselungssoftware oder Feedback-Systeme erwerben.

Wie auch immer: inzwischen hat der Markt das Heft in und die Surfer an die Hand genommen. Ob die Gurus Hagel und Singer wie 1997 den E-Business-Begriff des Jahres geprägt haben, bleibt abzuwarten - ebenso wie der Erfolg ihrer Anhänger. Eines ist jedenfalls sicher. Sollte das Modell der Infomediäre funktionieren, werden diese den ungeteilten Zuspruch von Surfern wie auch Verbraucherschützern genießen. Den Hunger der Internet- Investoren haben sie geweckt: Privaseek hat bereits 14 Millionen Dollar Risikokapital eingefahren. Bei den anderen wird es ähnlich sein.