Industrie- und Echtzeitrechner/Marktstudie der Venture Development Corp. VME-Rechner: Fehlertoleranz fuer kommerzielle Anwendungen

19.05.1995

MUENCHEN (CW) - Rechner mit Versa-Module-European-(VME-)

Bus haben Zukunft. Ihre Zuverlaessigkeit macht sie auch fuer kommerzielle Anwendungen interessant. Ausserdem hat die Konkurrenzsituation die Preise in den vergangenen zwei Jahren purzeln lassen. Das Marktforschungsinstitut Venture Development Corp. aus Natick in Massachusetts analysiert die Marktsituation.

Im Herbst vergangenen Jahres hat die Venture Development Corp. ihre VME-Marktstudie abgeschlossen. Vor allem die technische Weiterentwicklung des VME-Busses zu einem fehlertoleranten System hatte damals die Aufmerksamkeit der Analysten geweckt.

Inzwischen sind die ersten dieser fehlertoleranten Rechner auf dem Markt: Themis hat die "Gemini Fault Tolerance Comserver" mit einem VME-Bus-System ausgestattet, das den Austausch einzelner Komponenten im laufenden Betrieb erlaubt. Hinzu kommen Ueberwachungsschaltungen und Messgeraete fuer die Stromversorgung, die Temperatur im Gehaeuse und die Prozessorauslastung. Festplatten und Netzteile stecken in einem Wechselrahmen und lassen sich schnell ein- und ausbauen. Und mit einem Einstiegspreis von rund 50 000 Dollar kann Themis wahrscheinlich einige Kunden mit Echtzeitanwendungen gewinnen. Zum Vergleich: Bei Tandem, einem der grossen Hersteller von Echtzeitrechnern, sind fuer das Grundmodell um die 120000 Dollar auf den Tisch zu legen.

Weitere Vorteile fuer potentielle Kaeufer bieten VME-Rechner, nachdem die grossen Hersteller sich auf Standards geeinigt haben: Zusatzkarten fuer die Grafikdarstellung oder die Kommunikation werden heute oft in einer Variante fuer den PCI-Mezzanine-Card-Bus angeboten. Anders als beim Konkurrenz-System S-Bus lassen sich diese Mezzanine-Erweiterungen in die VME-Rechner fast jedes Herstellers einsetzen.

RISC-CPUs machen auch VME-Rechner billiger

Wem der Sinn nach mehr Rechenleistung oder einer hoeheren Datentransfergeschwindigkeit bei VME-Rechnern steht, sollte auf die Systeme mit RISC-Prozessor umsteigen und auf die Markteinfuehrung des VME64-Busses warten.

Die ersten RISC-VME-Rechner von Hewlett-Packard (PA-RISC), Motorola und Cetia (Power-PC) sowie Digital Equipment (Alpha AXP) machen den Systemen mit Sparc-CPU von Force und Themis Konkurrenz. Wenn die gaengigen Betriebssysteme und Programmiersprachen auf den RISC-Maschinen verfuegbar sind, fallen die Rechnerpreise kraeftig. Dieser Trend macht sich schon heute bemerkbar.

Die neue Leistungsfaehigkeit der RISC-Prozessoren ueberfordert allerdings den herkoemmlichen VME-Bus. Die zwei amerikanischen Firmen Newbridge Microsystems und Cypress Semiconductor bieten deshalb VME64-Bit-Chips an, mit deren Hilfe sich die Uebertragungsrate gegenueber dem VME-Standard verdoppeln laesst.

1993 wurden 10,5 Prozent der VME-Rechner fuer kommerzielle Anwendungen ausgeliefert, unter anderem als Server-Systeme, Transaktions-Monitore oder als Computer im Finanz- und Wertpapierhandel.

Behoerden und grosse Unternehmen setzen VME-Rechner ausserdem in der Dokumentenverwaltung ein. Nachdem mehrere VME-Kartenanbieter diesen Markt bedienen, sinken auch hier die Preise. Beispielsweise verwendet die amerikanische Regierung stellenweise VME-Rechner, um handgeschriebene Steuerformulare zu erfassen. Die Systeme reduzieren die Kosten fuer die Dateneingabe und erhoehen gleichzeitig die Erkennungsrate fuer Steuerbetrueger - das Steueraufkommen erhoeht sich, ohne dass die Steuern steigen.