Image statt Tatsachen

01.04.1988

Willkommenen Support für unser Vorurteil, daß bisweilen der pure Zufall jemanden auf die Position eines "Top-Managers" bringt, bietet die neueste Ausgabe des "manager magazin" mit der Statistik "Imageprofile '88". Die Grundlage der Infratest-Studie bildete die Meinung von fast 800 bundesdeutschen Vertretern dieser Führungsschicht über die hundert umsatzstärksten Konzerne im Lande - von A wie Aldi bis Z wie Zahnradfabrik Friedrichshafen. Das Ergebnis deutet nicht gerade auf tiefe Einblicke in die abgefragten Unternehmen hin.

So wollte an Nixdorf keiner vorbei, nicht einmal diejenigen, die es schon vor dem Skandal hätten besser wissen müssen. Vor einem Jahr noch zu klein, um mitspielen zu dürfen, steht der Exponent des Neuen Deutschen Wirtschaftswunders plötzlich dreimal auf Platz eins, weil angeblich gut geführt, innovativ und PR-mäßig an allen Fronten präsent. Nur mit der Solidität hapert es noch ein wenig; da schaffte Nixdorf lediglich Rang 13.

Das gute Abschneiden sei Klaus Lufts Team gegönnt. Allerdings haben die Paderborner die blendenden Noten kaum dem Umstand zu verdanken, daß Nixdorf besser geführt wäre als die Deutsche Bank (eher von ihr); daß Nixdorf innovativer wäre als BMW; oder daß Nixdorf der Kundschaft mehr fürs Geld böte als NCR. Sondern einem ehemaligen "Top"-Manager, der infolge einiger nicht unbedeutender Unkorrektheiten dummerweise dem Unternehmen nicht mehr angehört, nämlich dem langjährigen Public-Relations-Chef Rolf P.

Daß gutgemachte Propaganda auch heute ihre Wirkung nicht verfehlt, nicht einmal bei hochbezahlten Führungskräften, belegt erst recht die zweite Umfrage des "manager magazin". Brancheninsider - führende Softwerker, Hardwarevertreiber, RZ-Chefs - hatten die 20 größten Computerfirmen zu bewerten. Nixdorf erreichte einen guten dritten Platz hinter DEC und HP, was Innovation betrifft. Noch erstaunlicher: Amdahl, obwohl professioneller Nachahmer, soll innovativer sein als IBM. Oder Solidität: Darf sich jemand "Top-Manager" nennen, der Nixdorf für standfester hält als Siemens, Commodore für solider als Unisys? Oder jemand, der das Olivetti-Management für um Längen besser erachtet als das von Bull? Die deutschen Töchter können damit jedenfalls nicht gemeint sein!

Beim Preis-Leistungs-Verhältnis zeigten die Befragten mehr Sachverstand. Richtig gute Noten bekam niemand, denn DV-Hersteller, die kräftig kassieren, gibt es viele. Aber was zählen schon Tatsachen, solange das allgemeine Image der Firma "stimmt"?

Kessler-Hut

Dem Anwender kann die Siemens AG mit der neuen Organisation im Unternehmensbereich Kommunikations- und Datentechnik (UBK) nicht imponieren - "mehr Kundennähe", wie der Elektroriese verspricht, will erst erlebt sein. Für UBK-Chef Claus Kessler steht indes viel auf dem Spiel: Der Siemens-Vorstand (Kaske & Co.) dürfte darauf dringen, daß das Streamlining nunmehr Erfolge zeitigt. Für das Zusammenwachsen von "Telefonie" und DV (Stichwort "Hicom") hatte sich Kessler schon vor Jahren stark gemacht. Welch eine Fehleinschätzung! Der Markt hat sich bekanntlich ganz anders entwickelt. Es wäre zu fragen, wann die Siemens-Spitze endlich draufkommt. Mit Durchhalteparolen und interner Org.-Plan-Kosmetik (siehe oben) ist es nicht getan.