Das Umfeld zur CW-Marktübersicht "Systeme und Preise":

Im Second-hand-Geschäft auf Seriosität achten

29.08.1980

MÜNCHEN - Von einem sehr starken Preisverfall im vergangenen Jahr ist der Markt für gebrauchte /370-Systeme gekennzeichnet. Ein Unternehmen, das kürzlich seine /370-125 Zentraleinheit loswerden wollte und vor einem Jahr dafür noch 340 000 Mark bezahlt hatte, kann zur Zeit im günstigsten Fall mit 80 000 Mark rechnen. Realistisch scheinen allerdings 10 000 bis 20 000 Mark. Denn, so resümierte ein Sprecher der Computer Capital GmbH, Neu-Isenburg, "die Modelle 125 bis 138 stapeln sich".

Allerdings gelten diese sehr niedrigen Preise nur für die nackte CPU. Eine arbeitsfähige Konfiguration des Modells 12S, ausgerüstet mit 0,5 MB Hauptspeicher, Drucker, Platten und Bändern sowie den dazugehörigen Steuereinheiten, kann nach Ansicht der Computer Systeme Müller KG, Hemmingen durchaus bei 200 000 Mark liegen.

Aber auch bei einer reinen CPU kann der Anwender bei Verkaufsabsichten Gluck haben. "Haben wir Händler gerade einen Kunden", erläutert :Müller diesen Glücksfall, "der eine Maschine mit ganz bestimmten Features sucht, und wir kennen einen Anwender, der genau diese Maschine verkaufen will, so zahlen wir auch etwas mehr dafür."

/37'0 als Lückenbüßer

Bruno Urban, Geschäftsführer der Arbuma Vertriebs GmbH, Hamburg bestätigt den rapiden Preisverfall in letzter Zeit auf dem /370-Markt. Das Modell 138 habe im vergangenen halben Jahr fast 300 000 Mark an Wert verloren. Dennoch ist nach seiner Erfahrung diese Maschine ein recht begehrter Artikel, da sie die Funktion eines Lückenbüßers übernommen habe.

Erste Erfahrungen mit der 4300 habe manche Anwender bewogen, nicht diesen Rechner zu ordern, sondern auf eine 138 auszuweichen. Dieser Markt ist heute nur deswegen ein Markt, meint Urban, weil die Lieferfristen neuer Systeme dazu zwingen. Ein Anwender, der keine Zeit hat oder nicht als erster die Kinderkrankheiten eines neuen Systems miterleben will steige für zwei bis drei Jahre auf ein bewährtes System um.

Urban sieht die Preise auf dem /370-Markt weiter fallen. Das hänge auch damit zusammen, wie schnell die 4300-Serie auf dem Markt erscheine.

Als typischen Second-hand-Leasing-Kunden hat die Münchner gms GmbH nach den Worten ihres Geschäftsführers Klaus Schäfer den Großanwender ausgemacht, der viel Erfahrung mit der EDV hat. Je kleiner die Unternehmen, desto weniger seien sie bereit, Gebrauchtmaschinen zu nehmen. Das liege vermutlich daran, daß bei den Kleinen auch die "Software-Truppe" wenig Mitarbeiter zähle und damit eine Abhängigkeit vom Lieferanten bestehe. Diesen wolle man dann nicht verärgern.

Außerdem befürchten kleinere Anwender im Gebrauchtfall eine weniger gute IBM-Unterstützung, "was", so Schäfer, "nicht stimmt". Die Erfahrungen mit IBM seien in diesem Punkt ausgezeichnet.

Andererseits weiß Schäfer auch einen Weg, um zu einem preiswerten und dennoch fabrikneuen System zu kommen. Importe aus den USA wären vor kurzem wenigstens noch bis zu 20 Prozent billiger gewesen als in der Bundesrepublik gekaufte Maschinen. In der Zwischenzeit sind die Preise in den USA allerdings auch leicht gestiegen, und IBM sei auch nicht mehr bereit, die Installationen hier auf Garantiebasis durchzuführen. Jüngst habe er aber zwei 3033 U12 verkauft, und die Installation durch IBM sei hervorragend gelaufen. Der Kunde, so Schäfer, "hat dabei eine Menge gespart".

Man müsse schon über gute Kontakte in den USA verfügen, um solche Geschäfte tätigen zu können. Auch sei es schwieriger geworden, die notwendigen Lizenzen zu beschaffen. Der Import sei nicht mehr so einfach wie vor einiger Zeit, aber es gehe durchaus noch.

Dem Risiko entgehen

Das Second-hand-Geschäft wird Schäfer zufolge weiter anwachsen bei langfristig aber weniger leistungsfähigen Anbietern. Der Kunden verlange vom Händler immer mehr Leistungen wie Installation und Übergabe. Das führe dazu, das das Gebrauchtunternehmen eigene Techniker beschäftigen müsse, die eine Maschine auch einmal umrüsten, wenn der Kunde seine spezielle Peripherie weiterverwenden wolle. IBM brauche dazu Monate. Und der Kunden zahle erst, wenn IBM sein "accepted" gesprochen hat. Bis dahin trage der Händler das Risiko.

Einen wichtigen Tip hat Schäfer noch für Interessenten parat, die gebrauchte Systeme mieten wollen (vgl. auch "Miete muß nicht Vertrauenssache sein"). Um dem Risiko einer nicht eingehaltenen Lieferzusage zu entgehen, sollte der Kunde vom Händler verlangen, daß dieser innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluß die Seriennummer der Maschine nennt. Seriöse Händler, so Schäfer, können das. Dazu gehört auch, daß der Händler sich zur Zahlung einer Konventionalstrafe für den Fall verpflichtet, daß er die Maschine nicht nachweisen könne. Der Normalfall auf dem Markt sei, daß manche Händler Verträge machten und dann erst auf die Suche nach der Maschine gingen. "Das ist für den Kunden risikoreich", sagt Schäfer, "nicht für den Händler." Die Kunden seien selbst schuld, wenn sie darauf hereinfielen. Immer noch herrsche die Mentalität, den billigsten Anbieter zu wählen. Der könne den schlechtesten Vertrag haben, er erhalte dennoch den Zuschlag. Letztlich werde dies dann die teuerste Lösung. Für den Kunden ist im Endeffekt die Addition aller Leistungen entscheidend, betont Schäfer.