Neue Generation von Bürocomputern in Sicht:

Im elektronischen Archiv liegen auch Grafiken

11.09.1981

ST. AUGUSTIN (pi) - Auf dem Weg zum "Büro von morgen" zeichnen sich gegenwärtig die folgenden technischen Entwicklungstendenzen ab: Bürocomputer werden auf den Arbeitsplatz einer einzelnen Person ausgerichtet, und Bürocomputer werden über schnelle In-house-Netze gekoppelt. Diesen Tendenzen trägt bereits ein beachtliches Marktangebot Rechnung (Xerox mit Ethernet, Datapoint mit RMS). Weniger bekannt dürfte es sein, wann und mit welchem Leistungsspektrum Bürocomputer angeboten werden, die zusätzlich über ergonomisch komfortable Bildschirme mit den Darstellungsmöglichkeiten Text, Grafik und Standbild verfügen. Auskunft hierüber gibt ein Arbeitsbericht der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung, über den hier berichtet wird.

Eine Reihe verschiedenartiger Anwenderbedürfnisse, wie

- das Führen eines elektronischen Archivs, in dem außer üblichen Texten auch mit Grafiken und Bildern versehene Dokumente abgelegt sind,

- Darstellung, Änderung von digitalisierten Faksimiledarstellungen (FAX4),

- kaufmännische Grafik (Bussiness Graphics),

- höher-qualitative Textdarstellung (verschiedene Textarten, freie Positionierung, Sonderzeichen, Formeln),

- "papierlose Verarbeitung" von Akten: Herkömmliche Abarbeitung mit Schriftstücken am Schreibtisch wird über geeignete Darstellungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten am Bildschirm simuliert, in dem zum Beispiel mehrere Schriftstücke gleichzeitig dargestellt und wie am Schreibtisch manipuliert werden können, werden von Geräten, die als Bildschirm einen fernsehähnlichen Monitor verwenden und die darzustellenden Bilder in Form eines Rasters Punkt für Punkt in einem Speicher abgelegen (Bit-Map-Displays), unterstützt. Bei interaktiver Manipulation von Texten und Grafiken, die als Rasterbilder dargestellt werden, müssen große Datenmengen verändert werden.

Deshalb ist die lokale Unterstützung durch einen Minicomputer unerläßlich. Man gelangt so zur Entwicklung eines Rasterdisplaysystems. Hierunter soll ein Computersystem verstanden werden, das (mindestens) aus einem leistungsstarken Prozessor, einem hochauflösenden Rasterdisplay und üblicher Peripherie (Tastatur, Eingabegerät zur Cursorsteuerung und Sekundärspeicher) besteht und ausschließlich einem Benutzer zur Verfügung steht ("Personal Computer"). Zur Kommunikation mit anderen Benutzern muß das Rasterdisplaysystem über einen Zugang zu einem lokalen Computernetz verfügen, das

auch Zugang zu speziellen Diensten wie Druckerausgabe und Verwaltung großer Datenmengen bietet.

Drei Elemente pro Millimeter

Xerox hat im Mai 1981 das Rasterdisplaysystem "Star" für den US-Markt angekündigt, das - ähnlich wie Ethernet - auf den seit 1973 im Forschungszentrum Xerox Palo Alto Research Center gewonnenen Forschungsresultaten basiert.

Der Star-Prozessor ist ein 16-bit-Mikrocomputer, etwa sechsmal schneller als ein Intel 8086-Prozessor. Er verfügt über 384 KB Hauptspeicher. Die Wortlänge ist 16 Bit. Der Bildwiederholspeicher belegt etwa 100 KB des Speichers. Der Rasterbildschirm hat eine Darstellungsfläche von 345 x 269 mm. Bei einer Auflösung von etwa 3 Bildelementen pro Millimeter sind insgesamt 1024 x 809 Bildelemente darstellbar.

Per Cursor transportiert

Das Gerät besitzt eine aus der grafischen Datenverarbeitung bekannte Cursorsteuerung über eine sogenannte Maus mit zwei Funktionsknöpfen. Die alphanumerische Tastatur verfügt zusätzlich über Tasten für häufig benutzte Kommandos wie MOVE, DELETE, COPY, NEXT, UNDO und über typographische Eingaben wie Kursivstellung, Fettdruck, Zeichensatz, Schriftgröße usw. Als Peripheriespeicher hat der Star Winchester- und Floppy-Platten (jeweils 8 Zoll). Mit Ethernet-Interface kostet ein Star-System 16 595 Dollar.

Beim Star wurde versucht, ein konsistentes Benutzerinterface für alle nur denkbaren

Bürofunktionen anzubieten. Hierfür ein Beispiel: Die Funktion MOVE (Cursorbewegung mit Hilfe der Maus) dient je nach Kontext dazu, etwa im Texteditor, Buchstaben, Worte oder Absätze zu verschieben. Darüber hinaus ist es aber mit dieser Funktion auch möglich, auf dem Bildschirm dargestellte Akten zu identifizieren und per Cursorbewegung zu "transportieren", etwa in einen Postausgangskorb oder in einen Behälter für die Druckausgabe. Es würde zu weit führen, alle angekündigten Softwarekomponenten aufzuführen. Es versteht sich natürlich von selbst, daß Star in das Ethernet-Konzept von Xerox eingebettet ist.

Vom Hardwarekonzept her beschreiten einige kleinere amerikanischen Firmen ähnliche Wege wie Xerox, indem sie Rasterdisplaysysteme integriert in ein (firmenspezifisches) In-house-Netz anbieten. Diese Systeme verfügen jedoch gegenwärtig noch nicht über eine vergleichbare Bürosoftware.

Da diese Systeme jedoch höhere Programmiersprachen unterstützen, ist eine Gestaltung für Zwecke der Bürodatenverarbeitung prinzipiell möglich. So bietet die Firma Three Rivers Computer das Rasterdisplaysystem Perq mit der Programmiersprache Pascal an, Appollo Computer entwickelt das System Domain mit einer über die Möglichkeiten von Fortran hinausgehenden Programmsprache.

Es bleibt zur Zeit völlig offen, wie schnell Systeme der genannten Art im Büromarkt Fuß fassen. Zumindest dürften diese Entwicklungen auch auf andere Anwendungsbereiche, wie die "klassischen" Gebiete der grafischen Datenverarbeitung (computergestütztes Entwerfen, Kartografie), ausstrahlen. Außerdem wäre zu erhoffen, daß diese Systeme einem breiteren Spektrum von Bürocomputerherstellern Impulse für die Entwicklung benutzerfreundlicher Displaysysteme geben.

Informationen: GMD, Postfach 1240, Schloß Birlinghoven, 5205 St. Augustin 1, Tel.: 0 22 41/141.