Im Abseits

11.02.1977

Wenn wir den Schwerpunkt dieser Ausgabe unter das Thema "Service-RZ-Leistungen für den mündigen Anwender" gestellt haben, dann ging es uns nicht so sehr darum, am Profil einer Branche mitzuschnitzen. Auch war es nicht unsere Absicht, die unbestreitbaren Vorteile der "Außer-Haus-Verarbeitung" zum zehnten Mal hervorzuheben. Die Betonung lag eindeutig bei "mündig" - so abgedroschen dieser Begriff auch sein mag. Womit eigentlich schon die Kernfrage angeschnitten ist: Wie kommt es, daß hierzulande die Service-Branche einen so schweren Stand hat; woran liegt es andererseits, daß es nirgendwo in der "Computerwelt" etwas Vergleichbares gibt wie die deutsche "mittlere Datentechnik" - oder sollte beides unmittelbar miteinander zu tun haben? Die Antwort ist schlicht "ja". Wo es einer ganzen Industrie eindeutig erst mal ums Verkaufen (Vermieten) von Maschinen geht - wer widerspräche? -, und wo dies auf "bequemem Weg" über die "Verpackung" - sprich Komplettlösung - zu machen ist, da muß der Appell an den "mündigen" Anwender Akzeptanzschwierigkeiten haben. Zumal "Eine-eigene-Haben" hierzulande noch immer eine Imagefrage ist: Je größer, je lieber.

Boshafte Brancheninsider behaupten zwar, daß sich eine ganze Gilde "gestandener EDV-Leiter" damit selbst in Abseits manövriere, weil nämlich die Hersteller längst dazu übergangen seien, das Top-Management und die Fachbereichsleiter zu hofieren; solange jedoch freie Rechenzentren bankrottieren und Timesharing-Anbieter mit Zuwachsraten von Bruchteil-Prozenten zufrieden sind, besteht kein Grund zur Besorgnis. Mit der Umstellung auf "Distributed Processing" ist man je fürs erste vollauf beschäftigt. Oder sollte da doch etwas dran sein? Liegt die Akzeptanz-Schwelle in bezug auf Fremd-Ressourcen, Fremd-Software auch heute niedriger? Keine Frage: Der fortschrittliche Anwender ist imstande, seine Anforderungen glasklar zu formulieren, kann auch dem Druck, Ad-hoc-Lösungen realisieren zu müssen, standhalten, ist Wirtschaftlichkeitsüberlegungen gegenüber aufgeschlossen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann der Begriff "mündig" entbehrlich sein wird. Thomas Watson läßt grüßen!