IG Druck und Papier fordert Sicherung gegen DV-AutomationTarifvertrag für DV-Schwarzkünstler

31.10.1975

STUTTGART - Die Gewerkschaft "Schwarze Kunst" (IG Druck und Papier) bewachte seit je die Rechte der Arbeitnehmer im graphischen Gewerbe wie ein bissiger Hofhund das Haus. Jetzt will sie als erste Gewerkschaft DV-Berufe im technischen Bereich der graphischen Betriebe tariflich absichern und zugleich für graphische Fachkräfte reserviert haben. Sie hat den (Arbeitgeber-)Bundesverband Druck in einem Schreiben aufgefordert, "Verhandlungen über eine Tarifvereinbarung zur Bedienung OCR-Geräten und Bildschirmterminals" zuzustimmen. Der von der IG Druck und Papier vorgelegte Entwurf dazu hat folgenden Wortlaut:

Zwischen den Bundesverband Druck e.V. einerseits und der Industriegewerkschaft Druck und Papier andererseits wird folgende tarifvereinbarung getroffen:

a) OCR-geräte (manuskript-lesemaschinen)

1. Die bedienung von OCR-geräten, die zum zwecke der datenerfassung für die satzherstellung, erstellen von lochstreifen oder magnetbändern, one-line-steuerung von satzrechnern oder fotosetzmaschinen eingesetzt sind, hat durch fachkräfte der druckindustrie zu erfolgen. Gleiches gilt auch, wenn die informationsausgabe auf mikrofilm erfolgt.

2. Die mehrfach bedienung von OCR-geräten durch eine bedinungskraft ist unzulässig.

3. Die lesemaschinegerechte aufbereitung der Manuskripte hat durch fachkräfte analog MTV, anhang druckformherstellung, II. satzherstellung, b) maschinelle satzherstellung Ziffer 2 zu erfolgen.

4. Mit der arbeitsvorbereitung (av) für OCR-manuskripte sind setzer zu betrauen.

b) Bildschirmgeräte, die mit tastatur ausgestattet sind (bildschirmterminals, datensichtgeräte, korrekturterminals)

1. Die bedienung von tastaturgesteuerten bildschirmgeräten hat durch fachkräfte der druckindustrie zu erfolgen.

2. Die ununterbrochene tätigkeit eines beschäftigten an bildschirmgeräten während der gesamten täglichen arbeitszeit ist unzulässig. Die tätigkeit am bildschirmgerät muß in abständen mit anderen tätigkeiten wechseln und darf insgesamt 4 Stunden nicht überschreiten.

3. Werden in ausnahmefällen andere kräfte (anhang II. satzherstellung, b) maschinelle satzherstellung ziffer 2) eingesetzt, gilt für die bemessung des lohnes bzw. des gehaltes die o. a. ziffer 2 entsprechend.

Verständlich wird der Schritt vor dem Hintergrund der Praxis.

Automation frißt Arbeitsplätze

Im grafischen Gewerbe beklagt man seit 1972 den Verlust von 28000 Arbeitsplätzen: teils durch Konzentration der Betriebe, teils durch Automation. Die Automation insbesondere bei der Satzerstellung durch Satzrechner, durch elektronische Daten-/Texterfassung für die Lichtsatzherstellung und Computersteuerung für konventionelle (Blei-)Setzmaschinen wiederum wird durch die Konzentration noch gefördert. Demgegenüber steht die Neigung der Druckereiunternehmen, für die Arbeiten an den entsprechenden Geräten billige, angelernte Kräfte statt des teueren Fachpersonals, wie etwa voll ausgebildete Setzer, zu verwenden. "In England fährt auf der E-Lok bekanntlich noch ein Heizer mit", kommentiert Erwin Fernemann, Fachreferent beim Hauptvorstand der IG-Druck und Papier in Stuttgart, "soweit wollen wir es nicht treiben. - Aber wir müssen eingreifen, solange es noch Zeit ist."

"Schlimmer als eine Lohnrunde"

Die Gewerkschaft befürchtet, daß sich die - computerbedingte - Umstrukturierung in der Satzherstellung lawinenartig entwickeln könnte. Fernemann: "Ein Einsatz der Technik der sich nur an Rentabilität und Gewinn orientiert, kann nicht hingenommen werden." Er macht sich allerdings auch keine Illusionen über die Art und Weise der Verhandlungen mit der Arbeitgebervertretern: "Das wird schlimmer als eine Lohnrunde."

Wie auch immer die Verhandlungen ausgehen mögen - ein Zeichen ist gesetzt. Zwar schließt Fernemann es zur Zeit aus, daß "graphisches Fachpersonal" auch in anderen Branchen DV-Equipment bedienen sollte, daß mit Textverarbeitung zu tun hat. Er hält es zur Zeit auch nicht für eine Aufgabe der IG-Druck und Papier, für die Tarifrechte der DV-Mitarbeiter im kommerziellen Sektor der Druckereiunternehmen zu fechten. "Das", so Fernemann, "ist das Bier der DAG."