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IDF: Intel will PC-I/O umkrempeln

02.03.2001
Die wohl interessanteste Keynote auf dem Intel Developer Forum präsentierte "Hinterbänkler" Louis Burns. Demnach entwickelt Intel eine völlig neue I/O-Architektur für PCs.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Auf dem Intel Developer Forum sorgte gestern Louis Burns mit seiner Keynote-Rede für Aufregung. Der Vice President und General Manager der Desktop Platforms Group kündigte eine neue I/O-Architektur für PCs an.

Burns begann seinen Vortrag mit einem historischen Vergleich: Vor 20 Jahren seien die ersten PCs mit 4,77 Megahertz Prozessortakt, zwei (!) Diskettenlaufwerken und unglaublichen 64 KB Hauptspeicher erschienen - zu einem Preis von vier- bis fünftausend Dollar. Heute hingegen liefere Intel seinen Pentium 4 mit 1500 Megahertz CPU-Takt, der Arbeitsspeicher habe sich auf 128 MB hochgearbeitet, und auch die I/O-Fähigkeiten hätten sich weiterentwickelt.

Nach einem kleinen Ausflug in die Bereiche Grafik (Nvidias "Gforce 3"), USB (Universal Serial Bus 2.0) und Wireless (Wireless Ethernet und Wireless Firewire/IEEE 1394) kam der Intel-Mann dann zur eigentlichen Sache: Die Entwicklung der Prozessortaktung sei bereits bis zu 10 Gigahertz absehbar, gleiches gelte für die entsprechenden Speicherbandbreite. Was aber für ein derart leistungsfähiges Gesamtsystem fehle, so Burns, sei eine entsprechende I/O-Architektur. Der antiquierte PCI-Bus (Peripheral Component Interconnect) könne die nötige Bandbreite jedenfalls nicht bereitstellen.

In den Labors von Pat Gelsinger und Burns eigenen strategischen Teams habe man deshalb konzernintern bereits "seit einiger Zeit" an entsprechenden Konzepten gearbeitet, um eine Bandbreite von 10 bis 15 Gigahertz auch im rechnerinternen I/O-System zu erreichen. Aus dem ISA-Bus der Vergangenheit seien einige Weiterentwicklungen (EISA, MCA, VESA, VL) entstanden, die sich allesamt nicht hätten durchsetzen können. Ähnlich sei es derzeit um PCI bestellt. Auch hier gebe es durchaus interessante Entwicklungen - etwa den hauseigenen Accelerated Graphics Port (AGP) -, diese hätten aber durch die Bank nicht das Zeug dazu, den überkommenen Standard fit für die mittelfristige Zukunft zu machen.

Technische Details bleiben vorerst Mangelware

Wie aber genau Intels neuer Standard aussehen soll, verriet Burns anschließend leider nur in Ansätzen. Er vertröstete die Entwicklergemeinde bis zum kommenden Herbst. Dann werde es eine "vorläufige Spezifikation" geben. Einige Hinweise auf das, was da kommen werde, gab es aber trotzdem schon: Die "dritte I/O-Generation" müsse vollständig seriell aufgebaut sein, forderte Burns, auch wenn dies das Takten ("Clocking") nicht gerade erleichtere. Parallele oder pseudoserielle Ansätze schieden prinzipbedingt aus. Es müsse eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung ("Point-to-point") her, um die nötigen "Hypergeschwindigkeiten" zu erreichen. Hier werde auch Kupfer als Leitermaterial irgendwann - bei 10 bis 12 Gigahertz - an seine Grenzen stoßen, dann müssten wohl optische Leiter folgen.

Es gehe um die "maximale Bandbreite bei gleichzeitig minimaler Anzahl Pins", die bei der Fertigung einen entscheidenden Kostenfaktor darstellten. Und wenn die neue Generation für die nächsten zehn Jahre ausreichen solle, dann müsse die Bandbreite jedenfalls höher skalieren als 10 Gigahertz. 1, 2 oder 3 Gigahertz reichten hier nicht aus, so Burns weiter. Gleichzeitig müsse die Architektur so flexibel wie möglich sein, um den Ansprüchen von Anwendern, OEMs und der Industrie insgesamt zu genügen.

Man habe sich gründlich umgeschaut auf dem Markt und bei der Konkurrenz, versicherte der Intel-Vordenker. Dabei habe man beim besten Willen nichts entdecken können, was den geschilderten Anforderungen entspreche. Weder die eigene Hub-Link-Architektur noch andere Ansätze inklusive AMDs "Hypertransport" (Computerwoche online berichtete) böten die nötige Skalierbarkeit, Flexibilität und Gesamtleistung.

Die Analysten wundern sich

Für die meisten Branchenexperten kommt Intels Vorstoß offenbar recht unerwartet - zumal sich der Hersteller in der Vergangenheit mit entsprechenden Vorhaben (man denke nur an den Server-Flop NGIO = Next Generation I/O) nicht unbedingt mit Ruhm bekleckerte. "Mich verstört das Timing", klagt Peter Glaskowsky von Microdesign Resources. "Offenbar sind alle wichtigen Entscheidungen längst gefallen. Sie nennen das Ganze nur ´Spezifikation´ und nicht ´Standard´, weil bei einem Standard auch andere mitentwickeln und zustimmen." Burns sieht das naturgemäß anders. "Wir werden mit der Industrie arbeiten. Dies ist ein öffentlicher Standard", versichert der Intel-Mann. Dies bestätigte auch Konzernsprecher George Alfs, demzufolge Intel bereits entsprechende Gespräche mit ausgewählten Herstellern führt.

Glaskowsky sorgt sich überdies um die wahrscheinlichen Überschneidungen der neuen Technik mit der korrespondierenden Server-Variante "Infiniband" (Switched Fabric). "Hier gibt es mit Sicherheit große Gemeinsamkeiten. Ich kann mir nicht vorstellen dass es klug wäre, beide getrennt zu halten." Für Burns sind Infiniband und die noch namenlose neue Technik in jedem Fall zwei Paar Schuhe. Die Server-Technik solle Rechner miteinander verbinden, beim Desktop gehe es um die Komponenten innerhalb eines Systems.

Nathan Brockwood von Insight 64 befürchtet eher eine unnötige Konkurrenz mit Hypertransport, das - nicht zuletzt wegen seiner Lizenzfreiheit - bereits große Unterstützung aus der Industrie erfahre. "Ich würde alle Beteiligten in dieser Sache lieber vereint sehen", erklärte der Analyst, der eine unnötige Verwirrung bei Designern und Verbrauchern vermeiden möchte.