KOLUMNE

Ideologische Toene wieder zu vernehmen

18.06.1993

Die Marketing-Ziele seien zu vage formuliert, man wuesste ueberdies gern mehr ueber die wahren Motive der Beteiligten: keine Einlassung eines Anwenders, der sich von einem ganzen Rudel von Unix- Anbietern eingekreist sieht, sondern DECs Vorbehalte der Herstellerorganisation COSE (Common Open Software Environment) gegenueber. Der VAX-Produzent hat sich jetzt zwar zu einem Beitritt entschlossen (Seite x), die Digital-Manager verhehlen indessen nicht, dass sie den Hauptinitiatoren von COSE, naemlich IBM und Hewlett-Packard, nicht ueber den Open-Systems-Weg trauen: Die Club- Idee, Microsofts NT-Offensive zu stoppen, liefere nur den Vorwand fuer die beiden, proprietaere HP- beziehungsweise IBM-Versionen von Unix im Markt durchzusetzen. In der kalten COSE-Kueche wuerden nicht nur Geruechte entstehen.

In dieses Bild passt, dass Big Blue und Happy Pappy jetzt bei der Objekttechnik gemeinsame Sache machen (Seite x) - auch hier gegen die PC-Software-Company, die mit OLE (Objekt Linking and Embedding) saemtliche Desktop-Fenster verrammeln will. Jeder mit jedem und alle gegen Microsoft - so kann man die Situation im Herstellerlager beschreiben. Fuer die kalifornischen Input- Marktforscher hat sich das Blatt bereits zugunsten von Microsoft gewendet (Seite x). In ihrer Wertung nicht beruecksichtigen konnten die Input-Leute Bill Gates juengsten Coup, die Ankuendigung der Software-Architektur "Microsoft at Work" fuer die Buero- und Privatkommunikation mit dem PC, wobei alle nur denkbaren Endgeraete unterstuetzt werden sollen - ein "SNA lite", mit dem Microsoft einen proprietaeren Schnittstellen-Standard durchdruecken will (Seite x).

Die ideologischen Toene der 70er und 80er Jahre, als Datenverarbeitung nach Art des Hauses IBM zur Weltanschauung hochstilisiert wurde, sind also wieder zu vernehmen, nur hoert eben heute alles auf Microsoft. Anscheinend haben Drittanbieter und Berater ihre Probleme, sich die IT-Welt ohne eine grosse Ordnungsmacht vorzustellen. Damit vergroessert sich jedoch wieder die Gefahr, dass der Markt Schaden nimmt. In diesem Zusammenhang muss an IBMs im Jahr 1975 angekuendigte Systems Network Architecture (SNA) erinnert werden. Was SNA den Anwendern gebracht hat, koennen nur sie selbst beurteilen - in die Entwicklung dieses IBM- Standards einbezogen waren sie nicht. Aus der Sicht der IT- Industrie laesst sich zumindest sagen, dass durch die SNA-Dominanz die Innovation gebremst wurde - das ist nun mal so, wenn monopolartige Zustaende herrschen.

Damit waeren wir bei der Und-was-lernen-wir-daraus-Frage: Verhindern konnten diese Entwicklung nur die Anwender - durch aktive Teilnahme am Standardisierungsprozess, indem sie dieses Feld eben nicht den Herstellern (besser: einem Hersteller) ueberlassen haetten. Daran sollten sie bei dem Namen Microsoft denken.