IDC: Konsolidierung, Konvergenz und Neuausrichtung

21.12.2004
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Wafa Moussavi-Amin ist Analyst und Geschäftsführer bei IDC in Frankfurt. In seiner Funktion als Geschäftsführer verantwortet Wafa Moussavi-Amin seit Oktober 2004 die Strategie und Geschäftsentwicklung der International Data Corporation (IDC) in Deutschland und der Schweiz, seit 2013 zeichnet er zudem verantwortlich für die Region Benelux.
Die Analysten von IDC sagen für das kommende Jahr eine Verstärkung der Trends voraus, die sich schon 2004 abgezeichnet haben. Wichtige Stichworte sind Sourcing, Open Source, RFID, Voice over IP und Mobiltechnologien.

Schon für das vergangene Jahr hat IDC einen dynamischeren IT-Markt vorausgesagt, der sich vor allem durch Kostensenkungen und eine Neuausrichtung der Organisationsstrukturen auf Seiten der Anwender auszeichnete. Die Anbieter versuchten dagegen, ihre Produkte und Dienstleistungen einträglicheren Kunden zu offerieren. Diese Trends werden sich 2005 fortsetzen. Obgleich nach IDC-Prognosen der IT-Markt in Deutschland nur um rund 5,7 Prozent auf 67 Milliarden Euro wachsen wird, dürften sich die Kräfteverhältnisse in der IT-Branche gravierend verändern. Die Gründe hierfür lassen sich am besten mit den Schlag-worten Konsolidierung, Konvergenz und Neuausrichtung beschreiben.

Das Ausmaß dieser Verschiebung verdeutlichen die Übernahmen von Peoplesoft durch Oracle, Nextel durch Sprint oder der PC-Division von IBM durch Lenovo. Auch im deutschen Markt werden diese Käufe zu spüren sein und durch Akquisitionen etwa von mittelständischen IT-GmbHs, aber auch in anderen Segmenten ergänzt werden.

2005 werden in Deutschland fünf Themen im Vordergrund stehen:

Sourcing

Im europäischen Vergleich lagern deutsche Unternehmen immer noch zurückhaltend aus. Auch der Mittelstand unternimmt keine großen Anstrengungen Richtung Outsourcing. Langfristige strategische Projekte wie Transformational- und Business Process Outsourcing werden auch weiterhin nur von wenigen Unternehmen betrieben. Auch wenn Finanz- und Technikchefs deutliche Einsparungen fordern, bleiben, nicht zuletzt aus soziopolitischen Gründen, Offshore-Aktivitäten weiterhin kontrovers und werden zumindest öffentlich weitgehend vermieden. Im deutschen Markt gewinnt die Auslagerung in näher gelegene Ländern (Nearshore) an Gewicht, in denen geringere Sprachprobleme zu erwarten sind.

Open Source

Die Diskussion um die Vor- und Nachteile von Open-Source-Software läuft weiter, auch wenn der Markt für Dienstleistungen relativ klein bleiben dürfte. Die Diskussion wird weiterhin durch antimonopolitische Impulse und alternative Geschäftsmodelle angefacht werden. Auf der Erfolgsseite steht etwa die Implementierung eines der größten Linux-basierenden Mainframe-Projekte in Europa beim Bundesfi-nanzministerium durch IBM und ihren Systempartner SVA GmbH. Auf der negativen Seite schlägt das vorläufige Scheitern des viel diskutierten Linux-Projekts der Stadt München zu Buche, das aufgrund der ungeklärten Patentlage auf Eis gelegt wurde. Gleichwohl ist zu erwarten, dass Open-Source-Projekte als Druckmittel eingesetzt werden, um Anbieterpreise zu herunterzuverhandeln.

RFID

Radio Frequency Identification hat das Potenzial, den Barcode abzulösen. Der flächendeckende Einsatz wird allerdings noch - wie bei vielen anderen technologischen Neuerungen - durch fehlende Standards, hohe Einführungskosten und eine zu geringe Markttransparenz gebremst. Es ist davon auszugehen, dass sich viele Anwenderunternehmen so lange zurückhalten, bis entweder die technischeEntwicklung in eine klare Richtung weist oder genügend Druck beispielsweise durch strategische Kunden aufgebaut wird, um zu einheitlichen Standards zu gelangen.

Die aktuelle Stimmung verdeutlicht die Strategie (änderung) der Metro AG. Während Anfang 2004 noch geplant war, binnen Jahresfrist die 100 wichtigsten Lieferanten zum RFID-Einsatz zu verpflichten, gestaltet sich die aktuelle Planung wesentlich moderater. In der ers-ten Phase soll RFID nur für die 20 wichtigsten Lieferanten verbindlich sein. Die restlichen 80 haben bis Ende 2005 Zeit, entsprechende Vor-kehrungen zu treffen. Bis RFID den Barcode auch auf einzelnen Produkten ablöst, werden allerdings noch zehn bis 15 Jahre ins Land ziehen. Die Kennzeichnung mit den Funkchips ist einfach noch zu teuer.

Mobile Technologien

UMTS wird 2005 mit großer Wahrscheinlichkeit den Durchbruch schaffen, vorausgesetzt, entsprechende Geräte sind flächendeckend verfügbar. Außerdem müssen genügend An-wendungen angeboten werden, die den Verbraucher von den höheren Tarifen überzeugen. Sportclips allein reichen dafür nicht aus. Die Suche nach der Killerapplikation für UMTS geht weiter. Bislang sind wir noch weit entfernt von der Erfahrung des fixed Internet. Somit ist zu erwarten, dass im kommenden Jahr der Kampf um das UMTS-Geschäft über Sprachtelefonie auf der Grundlage veränderter Tarife wie etwa Flatrate ausgetragen wird. Bei aller berechtigten Kritik an dem Mobilfunkstandard sollte allerdings nicht vergessen werden, dass auch sein Vorgänger GSM Jahre gebraucht hat, um sich durchzusetzen.

VoIP

Voice over IP ist nicht zuletzt deshalb eines der heißesten Themen, weil die viel beschworene Konvergenz von Sprach- und Datenübertragung hier endlich konkret wird. Obgleich noch offen ist, welche Geschäftsmo-delle erfolgreich sein werden, hält VoIP verstärkt Einzug in die Unternehmen. Migrationen geben besonders bei Umzug und Neuverkabelung Sinn. Aber auch auf regulatorische Rahmen-bedingungen wird es ankommen. Besonders dann, wenn in einer nächsten Stufe Voice over Broadband angeboten wird und dann Konflikte mit den Regulierungsbehörden programmiert sind. (ciw)