1990 entscheidendes Jahr für Big Blue

IBMs Summit-Größtrechner erst ab Mitte nächsten Jahres

04.05.1990

FRANKFURT (jm) - Für Analysten wie Marc Butlein, den Präsidenten der Meta Group Inc. in Westport, Connecticut, scheint es klar: Mitte 1992 wird IBM ihre sagenumwobene "Summit"-Familie vorstellen und die Zeit bis dahin mit einem "Foothill" getauften 3090-Nachfolger überbrücken, der sich zur Summit aufrüsten läßt und im Herbst dieses Jahres verfügbar ist.

Darüber hinaus sieht Butlein, der sein Szenario auf einer Veranstaltung der ECS Deutschland GmbH in Frankfurt entwickelte, weitere Produktnovitäten am Horizont der Armonker aufscheinen: So sollen Mitte nächsten Jahres neue, leistungsstärkere Speicherplatten als Array-DASDs verfügbar sein sowie Ende 1992 optische DASDs und schließlich im gleichen Jahr auch eine ESA-Version für DB2.

Diese Ankündigungen sind nach Ansicht des Meta-Group-Chefs vor allem im Licht der zunehmend stärkeren Position der PCMer zu sehen. Besorgniserregend für IBM sei besonders die Mainframe-Ankündigung von Hitachi Data Systems (Vergleiche CW Nr. 12 vom 23- März 1990, Seite 31, "Hitachi macht Eröffnungszug..."). Da der Zeitplan des Summit-Mainframes nicht beschleunigt werden könne, müsse Big Blue seinen Großrechner zumindest rechtzeitig ankündigen - auch wenn er de facto erst später ausgeliefert werden könne. "Man kann innerhalb der nächsten 90 Tage eine IBM-Ankündigung von strategischer Bedeutung erwarten", meinte Butlein.

Zudem sei die IBM gezwungen, ein maßstabsgerechtes Zwischensystem auszuliefern, das im Gegensatz zur 3090 den Vorteil bieten müsse, auf die Summit aufrüstbar zu sein. Im dritten Quartal 1990 würden die Armonker deshalb eine "kleinere Summit", Codename "Foothill", auf den Markt bringen. Hierbei handele es sich um eine größere 3090, die dem Anwender mehr Speicher, schnellere Kanäle und ein neues ESA (Enterprise Systems Architecture) zur Verfügung stelle. Gegenüber der 3090 weise die "Foothill" einen 20 bis 30prozentigen Leistungsschub und Hochgeschwindigkeits-Glasfaserkanäle auf"

In dem schon lange erwarteten 3090-Nachfolgemodell Summit sieht Butlein eine Maschine, die sowohl über eine für Transaktionen optimierte Architektur verfügt, als auch mindestens 256 MB große Speicher, schnellere Kanäle (bis zu 20 MB pro Sekunde) und ein neues I/O-System bereithält. Ein Prozessor wird etwa 42 MIPS leisten was nicht ganz so viel wäre wie die rund 45 MIPS des neuen HDS-Mainframes. Der Meta-Group-Chef rechnet ein Summit-MIPS aufgrund der verbesserten Speicher-, Kanalübertragungs- und I/O-Charakteristika auf 1,25 3090-MIPS hoch und kommt bei dieser Rechnung auf einen MIPS-Preis für die Summit von 90 000 Dollar.

ESA-Versionen für CICS und DB2-Anwendungen

Noch Mitte 1990 werde die IBM 4381- und 9370-Nachfolger ankündigen. Die 4391 werde über Luftkühlung, Glasfaserkanäle, erweiterte Speicher sowie PR/SM verfügen und als Ein- Prozessor- und Zwei- beziehungsweise Drei-Wege-Prozessor-Version zwischen dem dritten Quartal 1990 und Herbst 1992 auf den Markt gebracht. Die 4391 unterstütze VM und ESA.

Für DB2 wird Big Blue nach Meinung von Butlein 1991 eine verbesserte ESA-Version und 1992/93 die dedizierte Unterstützung von embedded RISC-Prozessoren bieten. Eine CICS-ESA-Version stelle die IBM wahrscheinlich im Juni 1990 vor. DB2 werde bei OLTP-Anwendungen zwar bis zu 30 Prozent mehr an MIPS-Leistung bereitstellen, Butlein wies aber auch darauf hin, daß der Personalaufwand für DB2-Anwendungen erheblich steigen dürfte. "Bei einem mir bekannten Kunden - einer sehr, sehr großen Öl-Company - mußten die DB2-Analysten von fünf auf 63 Mitarbeiter aufgesteckt werden, um das System adäquat zu unterstützen."

Vor allem auf dem Speicherplattenmarkt sieht Butlein große Veränderungen seit IBMs insgesamt erfolgreichstem Jahr 1984. Hatten die PCMer auf dem DASD-Sektor damals einen Marktanteil von zwölf Prozent, so konnte dieser bis heute auf 24 Prozent gesteigert werden. "Heute kann man IBM in diesem Segment nicht mehr als Marktführer ansehen", so Butlein. Er meint ferner, daß HDS mittlerweile im Ruf stehe, die zuverlässigsten DASD-Produkte zu liefern.

Big Blue werde vor allem auch vor dem Hintergrund der für den Herbst 1990 zu erwartenden Peripherieankündigungen von HDS eine Innovationsoffensive starten. Dazu gehöre ein Array-DASD-Produkt, das im zweiten Halbjahr 1991 für zwölf bis 15 Dollar pro MB verfügbar sei. Das 5?-Zoll-HDA-Magnetmedium werde Kapazitäten von 60 bis 75 GB pro Subsystem aufweisen, die dann noch geclustert werden können. Vor allem für DB2-Anwendungen werde sich durch die neuen Produkte eine erhebliche Leistungssteigerung ergeben.

Daneben richte die IBM ihr Interesse aber auch auf die WORM-Technologie. Gedacht vor allem für nicht zeitkritische Anwendungen, erwartet Butlein, daß diese nur einmal beschreibbaren Speicher ab dem letzten Quartal 1991 als Juke-Box-Version für einen Dollar pro MB zu haben sein werden. Massenspeichergeräte, die in Schreib-Lese-Technologie ausgelegt sind und Kapazitäten zwischen 400 und 600 GB aufweisen, sollen für einen MB-Preis von zwei Dollar ab dem vierten Quartal 1992 auf den Markt kommen.

Abschließend gab Butlein Käufern noch einen Rat mit auf den Weg: "Im 3390-Szenario dürfte die IBM im letzten Quartal 1990 eine Preisaktion von zehn bis 15prozentigen Preisnachlässen starten." Allgemein rät Butlein, sich in den nächsten drei Monaten bei Käufen zurückzuhalten, um vor dem Hintergrund der zu erwartenden neuen Produkte in den Genuß von Discountpreisen bei derzeitigen Rechnern zu gelangen.