Produktstrategie bisher Stückwerk

IBM will Pläne mit Rational offenlegen

09.01.2004
MÜNCHEN (as) - Seit die IBM vor gut einem Jahr ankündigte, den Tool-Hersteller Rational Software für 2,1 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen, ist wenig über die Integration der beiderseitigen Produkte und die Gesamstrategie bezüglich Entwicklungswerkzeugen zu hören gewesen. Dies soll sich 2004 jedoch ändern.

Folgt man der Argumentation der IBM in den letzten Monaten, so gewinnt das Unternehmen mit Rational neben einer großen Entwicklergemeinde auch zahlreiche, bisher nicht verfügbare Tools und "Best Practices" zur Verwaltung des Lebenszyklus einer Software sowie zur modellgetriebenen Anwendungsentwicklung hinzu. Diese Produkte, kombiniert mit IBMs angestammten Programmierwerkzeugen, sollen es künftig ermöglichen, Kunden für alle Phasen eines Entwicklungsprojekts eigene Werkzeuge anzubieten. Hierzu gehört auch, dass der bisher von Rational verfolgte Ansatz offiziell beibehalten wird, mit den Tools nicht nur die Anwendungsentwicklung mit der Java 2 Enterprise Edition (J2EE), sondern auch mit dem .NET-Framework sowie für eingebettete Systeme zu unterstützen.

Über die Umsetzung dieser Produktstrategie und die Integration der Rational-Tools in das IBM-Portfolio war bisher jedoch wenig zu hören. IBM-Vertreter weisen in diesem Zusammenhang meist darauf hin, dass es dank der langjährigen Partnerschaft zwischen den Herstellern bereits Beispiele für eine Kombination der Produkte gebe. So lassen sich die Rational-Software für das Konfigurations-Management "Clear Case" und das Testwerkzeug "Purify" mit IBMs Entwicklungsumgebung "Websphere Studio" nutzen. Für Produkte wie "Rational XDE for Java" und "Rational XDE Tester" gibt es Plugins in das von IBM initiierte Entwicklungs-Framework "Eclipse", und mit "Rational Rapid Developer" existiert ein Werkzeug für die modellgetriebene Softwareentwicklung mit Hilfe von Patterns und Code-Templates, das weniger versierten Anwendern den Umstieg auf Java und andere Sprachen ermöglichen soll.

Andererseits überschneiden sich die Produkte beider Hersteller. Beispielsweise verwendet Rational vier proprietäre Datenbanken, die künftig möglicherweise durch "IBM DB2" ersetzt werden. Ebenso gibt es laut Reiner Heinold, verantwortlich für die Community of Practice zum Thema Enterprise Change Management bei Rational, Überlegungen, bisherige Workflow-Funktionen für das Change-Management durch Technik von IBM-Lotus abzulösen.

Im Rahmen der Neuorganisation der IBM Software Group soll nun mehr Klarheit in den Produktfahrplan gebracht werden. So sind für Mitte Januar weitere Details zur Zukunft der Rational-Produkte angekündigt. Soweit bekannt, ist eine engere Integration mit Websphere Studio, dem J2EE-Server "Websphere" und der System-Management-Software Tivoli geplant. Eclipse soll dabei die Produkte zu einer "Enterprise Development Architecture" verknüpfen.

Entwickler-Communities vereint

Zudem bildet die umgestaltete IBM-Entwickler-Site "Developerworks" (www-106.ibm.com/developerworks) künftig auch die zentrale Anlaufstelle für Fragen rund um das Rational-Portfolio. Ferner will IBM das Angebot von Schulungsprogrammen für Entwickler von 120 auf 400 erhöhen, sagte Buell Duncan, General Manager der Entwicklungssparte. Ziel sei es, mehr Entwickler und ISVs (Independent Software Vendors) für IBM-Tools zu gewinnen und dadurch die Möglichkeit auszubauen, komplette Applikationen anzubieten, die aus Hardware, Software und Diensten aus dem eigenen Haus bestehen.