Universal Software ermöglicht den Umstieg auf Unix, aber

IBM will eine Migration vom System /36 auf Unix verhindern

18.10.1991

MÜNCHEN (CW) - Offensichtlich will die IBM ihre Midrange-Anwender von der Unix-Welt fernhalten - selbst wenn sie dabei RS/6000-Rechner verkaufen könnte.

Die Rechtsabteilung des Branchenriesen hat jetzt durch eine Warnung den Auslieferungsstopp einer Software erreicht, die es erlaubt, 136-Anwendungen unverändert auf den RISC-Rechnern unter AIX ablaufen zu lassen.

"Die Programme laufen auf der RS/6000 mindestens zehnmal schneller als auf der /36, und selbst die verschiedenen Compiler funktionieren", begeistert sich Josef Grünbichler, Geschäftsführer der gleichnamigen GmbH. Er hat das als "Open RS/36" bezeichnete Produkt der kalifornischen Open Universal Software Inc. (OUS), Newport Beach, kürzlich auf einer US-Reise kennengelernt.

Auch Richard Glave, leitender Systemanalyst bei Eastman Kodak, wo die Interpreterumgebung derzeit im Betatest gefahren wird, äußert sich zufrieden: "Ich kann meine RPG-Libraries von der /36 nehmen, sie auf die RS/6000 laden und sie dort wie gewohnt weiterverwenden. Die Software läuft und löst unsere Probleme."

Doch das Produkt kommt möglicherweise nie in den Handel. Der Grund liegt nach Ansicht von Analysten und Distributoren nicht in der von IBM vage angedeuteten Verletzung von Urheberrechten, sondern in dem IBM-internen Streit zwischen den Midrange- und Unix-Divisions. Dieser Zwist habe zur Folge, daß niemand ein Produkt wolle, mit dem die Mauern

zwischen den beiden Welten eingerissen werden könnten.

Obwohl die Warnung von Big Blues Rechtsabteilung nur hausintern verbreitet wurde, haben sowohl die IBM- als auch die OUS-Distributoren ihre Marketing-Aktivitäten sofort eingestellt. "Die IBM will nicht, daß ihre Midrange-Anwender auf die offenere Unix-Welt umsteigen, und wirft daher den Herstellern Knüppel zwischen die Beine", kommentiert Grünbichler. "Wer", so seine rhetorische Frage, "kauft schon noch bei einem Hersteller, der mit IBM über Kreuz liegt?"

Die ersten Reaktionen in den USA bestätigen diese Einschätzung. Douglas Pelletier, Vice-President des OUS-Distributors Trifecta Consulting Group Pennsylvania, gibt sich vorsichtig: "Ich bitte meine Kunden zu warten, schließlich wollen wir keine Schwierigkeiten mit IBM bekommen."

Robert LaBant, Vice-President und General Manager bei der IBM, beschwichtigt mit dem Hinweis, bei den Aktionen der Rechtsabteilung handele es sich lediglich um eine Routine-Überprüfung von potentiellen Business-Partnern. +