Mittelständischer DV-Unternehmer fühlt sich im Stich gelassen

IBM-Softwarepartner Stark am Ende: Keine Hilfe von Big Blue

24.05.1991

OSTFILDERN (hv) - "Die IBM hat uns bereits mit der Rechnerserie /1 kaputtgemacht", so das bittere Fazit von Ewald C. Stark, Gründer und Geschäftsführer der Stark, Systemtechnik GmbH. Nachdem die IBM Deutschland GmbH und die Banken jede weitere Unterstützung seines Unternehmens abgelehnt hatten, mußte Stark kürzlich Vergleich anmelden (siehe auch CW Nr. 20 vom 17. Mai 1991, Seite 1).

Angesichts der turbulenten Vorgeschichte kommt der Zusammenbruch des mittelständischen Anbieters von Systemen für Zugangskontrolle, Zeitwirtschaft und Betriebsdatenerfassung (BDE) nicht unerwartet. Bis 1987 galt Stark in der bundesdeutschen Softwareszene als Prototyp eines erfolgreichen IBM-Partners. Jahrelang hatte das Softwarehaus Produkte für IBM-Minicomputer der Serie /l geliefert. Bis 1993, so habe IBM damals versichert, werde es keine Probleme mit dem S/1-Geschäft geben.

Mit dieser Garantie im Rücken, so Stark heute, habe er sich Ende 1987 entschlossen, dem Markttrend zu folgen und in einem auf fünf Jahre angelegten Projekt unter hohem Kostenaufwand ein Softwarepaket für das IBM-Unix-Derivat AIX zu entwickeln. Dabei sollte die Vermarktung der alten Software auf der Serie /1 - gewissermaßen als "Cash-Cow" - die Finanzierung des neuen Projektes sicherstellen. Schon 1988 kam dann aber der erste existenzgefährdende Hieb: "Die Serie /1 wurde von IBM innerhalb eines halben Jahres totgeredet", erinnert sich Stark. Die Ausmusterung dieses Rechners, um die auch IBM heute keinen Hehl mehr mache, habe für die Geschäftsentwicklung bei Stark fatale Folgen gehabt: "Wenn ich keinen Finanzier gefunden hätte, wäre die Firma schon 1988 geschlossen worden."

Der Geschäftsführer sah sich nun gezwungen, die begonnene Unix-Entwicklung extrem zu forcieren: Bis Ende 1990, so die Vorgabe, sollte das Unix-Paket fertig sein - ein gewagtes Unterfangen, denn das Unternehmen hatte die entsprechende Manpower noch nicht aufgebaut. Weder Datenbank-, noch Unix- oder C-Kenntnisse waren bei den Ostfildernern vorhanden. Einen potenten Geldgeber fand man schließlich in dem Frankfurter Heizungs- und Lüftungsbauer Landis & Gyr, der sich allerdings im Herbst letzten Jahres, nach einer unternehmensweiten Umstrukturierung, wieder aus diesem Geschäft zurückzog.

IBM hatte Ankaufsrechte noteriell gesichert

Stark beschreibt die Zeit von 1988 bis 1990 so: "Von 1988 an waren wir eine reine Entwicklungsfirma. Bis heute sind etwa elf Millionen Mark von außen in unser Unternehmen hineingeflossen. Ich habe die letzten Jahre nichts anderes getan, als Geld zu besorgen." Nach dem Ausstieg von Landis & Gyr habe sich die IBM auf Drängen von Stark ihrer Verantwortung gegenüber den Kunden gestellt und sich sowohl rechtlich als auch finanziell bei Stark engagiert.

IBM habe in Form eines Lieferantenkredits und eines Darlehens mehrere Millionen Mark in das Unternehmen gesteckt. Ein kaufmännischer Geschäftsführer sei von den Stuttgartern ebenfalls gestellt worden. Wie ernst die Absichten der IBM, die inzwischen die Rechte an der vielversprechenden Unix-Software Ibix hielt, gewesen seien, zeige die Tatsache, daß sich Big Blue ein notariell abgesichertes Ankaufsrecht über 24,9 Prozent für die Firma Stark gesichert habe.

Den zweiten und tödlichen Hieb erhielt der BDE-Spezialist, als sich das "Riesenprojekt", in das nach Angaben des Geschäftsführers "inzwischen 60 Mannjahre geflossen waren", zu verzögern drohte. Insgesamt 16 Installationen bei Anwendern hatten gezeigt, daß die Software noch nicht stabil lief. Fünf bis sechs Monate wurden veranschlagt, in denen die Software gefixed werden sollte. Weil Stark die finanziellen Reserven nicht mehr hatte, um diese Phase zu überbrücken, vertraute das Unternehmen wieder auf die Unterstützung von IBM.

Ewald Stark blieb zuversichtlich, hatte sich IBM doch inzwischen selbst davon überzeugt, daß Qualität, Dokumentation und Arbeitsweise des Produktes hervorragende Marktchancen versprachen. Um so überraschender kam die Entscheidung von Big Blue, dem Unternehmen jede weitere Unterstützung zu verweigern: "Die Entscheidung wurde innerhalb von Tagen getroffen", kritisiert der Geschäftsführer, "man hat uns noch nicht einmal einen Monat Zeit gegeben, nach einer vernünftigen Lösung zu suchen."

IBM: Die Banken haben zuviel Geld gefordert

IBM-Sprecher Dieter-Kolb, der in München verantwortlich für das AIX-Marketing zeichnet, begründet den Rückzug von IBM. Als sich sein Unternehmen im Herbst letzten Jahres verstärkt für Stark eingesetzt habe, sei noch nicht in vollem Umfang klar gewesen, in welchem Zustand sich dieses Unternehmen befunden habe. Erst in den letzten Monaten habe sich gezeigt, wie schlecht es um den Hersteller stehe. In diese Phase hinein hätten dann die Banken von Stark eine so hohe Summe gefordert, daß Big Blue nicht mehr bereit gewesen sei zuzahlen.

Offensichtlich fiel IBM diese Entscheidung nicht allzu schwer. Da der DV-Gigant ohnehin die Rechte an der Ibix-Software hält und die entsprechenden Produkte fast fertiggestellt sind, scheint eine weitere Zusammenarbeit mit Stark Systemtechnik nicht unbedingt notwendig gewesen zu sein. Inzwischen verhandelt Big Blue mit der Strässle Unternehmensgruppe, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das Produkt Ibix fertigstellen und wohl auch vermarkten wird. Ewald Stark ist an einer Nachfolgelösung nicht mehr beteiligt. Auf die Frage, ob IBM nicht eine Art "Fürsorgepflicht" für die Stark Systemtechnik GmbH übernommen habe, winkt Kolb ab. Das Unternehmen habe sich selbst in seine derzeitige Situation hineinmanövriert. Zudem scheinen Arbeitsplätze kaum in Gefahr zu geraten: Nach Angaben Starks bemüht sich der neue IBM-Partner bereits energisch um die Ibix-Experten im Hause Stark.

Die Wetronic Automation GmbH aus München hat mit der Ideassociates Inc., Billerica, einen neuen Vertrag als Masterdistributor für Deutschland unterzeichnet. Wetronic blickt auf sechs Jahre Idea-Know-how zurück und ermöglichte 1985 nach eigenen Angaben als erster Distributor in Deutschland Anbindungen an 3x-Systeme (zum Beispiel 136 und 138). Bis heute wurden auf dem hiesigen Markt 21 000 PCs mit Idea-Emulationskarten angeschlossen.