Neuankündigung wirft Schatten voraus - Sierra erwartet:

IBM senkt Prozessorpreise für 3080-Rechner

07.09.1984

RYE BROOK/STUTTGART (rs) - Im Vorfeld einer möglichen Ankündigung neuer Großrechnermodelle senkte IBM mit Wirkung vom 28. August die Preise für die 3080-Systeme sowie (nur in den USA) für einige Peripheriegeräte. Sowohl die 3080X-Modelle als auch der Ausbau der älteren Rechner zur X-Serie sind jetzt zwischen zwei und sieben Prozent billiger. Kaufpreissenkungen in den Staaten auch bei 3380-PIatten sowie der 3880-Steuereinheit, deren Leasingpreise jedoch um 15 Prozent stiegen. Deutsche Anwender haben hier keine Änderungen zu erwarten.

Vergleichsweise mager fallen die Preissenkungen für den deutschen Anwender aus. Zwischen vier und sieben Prozent verbilligt sich der Ausbau zu den X-Modellen, während diese nur zwei bis vier Prozent billiger wurden. So spart ein 3080-Einsteiger jetzt etwa 150 000 Mark. Ein 3084QX3-Anwender hingegen kann USA zahlt der Anwender jetzt noch 16 200 Dollar pro Megabyte (bisher 20 000 Dollar). Damit kostet eine Erweiterung um 8 MB rund 130 000 Dollar, nachdem sie zuvor noch mit 160 000 Dollar zu bezahlen war.

Die Prozessorsteuereinheit 3082 fiel gleichfalls im Kaufpreis: Die Einstiegsversion X8 gibt's jetzt für 145 000 Dollar (vorher 170 000 Dollar), das Modell X48 der 3082-Steuereinheit kostet noch 490 000 Dollar (540 000). Die Kühleinheit 3087 Modell 1 ist nunmehr für 50 000 Dollar zu haben (zuvor 60 000 Dollar). Schließlich senkte Big Blue auch die sich rund 600 000 Mark auf seinem Konto gutschreiben. Im Gegensatz zu den Anwendern hierzulande, für die nur die Prozessorpreise sinken, haben US-Benutzer erheblich mehr Preisvorteile.

Neben den Prozessor- und Plattenpreisen sackten auch die Kosten für Hauptspeichererweiterungen: In den Preise für I/O-Kanäle von 18 750 auf 16 250 Dollar. Ein Ausbau um acht Kanäle verbilligt sich damit um 20 000 auf 130 000 Dollar.

Analysten sehen in der Preisaktion des Marktführers ein klares Anzeichen für die bevorstehende Ankündigung der Sierra-Serie, dem Nachfolger der 3080-Rechner. William Easterbrook von Kidder, Peabody und Co., New York, machte die letzte derartige Preisbewegung bei IBM 1981 aus: damals fielen die Preise für die 3033, um diese gleichsam zu liquidieren und Platz für die 3080-Serie zu machen. Aufgrund der jetzigen Preissenkungen erwartet Easterbrook die Ankündigung von mindestens einem, wenn nicht mehreren Sierra-Modellen Ende 1984 oder Anfang 1985.

Die Preissenkung bei den 3380-Platten sowie der Plattensteuereinheit 3880 interpretiert James Porter, Chef der Disk Trend Inc., Los Altos/Kalifornien, als ersten Schritt zur Ankündigung neuer Plattenlaufwerke mit höherer Kapazität für die Sierra-Serie. Zusätzlich hätten die drei Hauptproduzenten IBM-kompatibler Plattenperipherie (Storage Technology, Memorex und Control Data) verstärkt 3380-kompatible Systeme ausgeliefert - was IBM ebenfalls zu der Preisreduzierung veranlaßt haben könnte. Easterbrook schätzt, daß diese drei Hersteller annähernd 33 000 Platten des 3380-Typs ausgeliefert haben. Dies genüge, um die Gewinnerwartungen von IBM aus diesem Geschäft nachhaltig zu beeinträchtigen.

Als erster PCM (Plug Compatible Manufacturer) kündigte National Advanced Systems (NAS) ebenfalls Preissenkungen für 3080-kompatible Produkte an. Für den deutschen Markt rechnet ein Sprecher der NAS GmbH, Frankfurt, mit einer Reaktion im Laufe der nächsten Woche. NAS-Vicepresident Jerry Ungerman sieht in der IBM-Aktion ein typisches Vorgehen, wenn Big Blue eine Produktlinie ersetzen wollte. Bei der Siemens AG, München, wird derzeit über Preissenkungen der 7.890-Modelle nachgedacht, um den Abstand zum Marktführer zu halten. Während alle genannten PCMs die Preisaktivitäten der IBM kannten, war bei der Amdahl Deutschland GmbH, München, von Preisänderungen bei Big Blues Maschinen nichts bekannt.

Übereinstimmend interpretieren Kenner des deutschen PCM-Marktes die Preissenkungen als Hinweis auf eine neue Produktlinie, mit deren Ankündigung sie im Frühjahr 1985 rechnen. Insbesondere die Mietpreiserhöhung in den USA bei gleichzeitiger Kaufpreissenkung deute darauf hin. Wertet der Sprecher eines bundesdeutschen PCM-Anbieters: "Das hat Ausverkaufscharakter."