Wachsender X.400-Einfluß als Gegengewicht, aber:

IBM-Normen noch tonangebend

15.01.1988

FRAMINGHAM (CWN) - Den zu De-facto-Standards avancierten IBM-Architekturen Disoss (Distributed Office Support System), Snads (Systems Network Architecture Distribution Services), Profis (Professional Office System) sowie DIA/ DCA wird nach Aussagen der IDC-Marktforscher auch in Zukunft Erfolg beschert sein. Die Unterstützung von X.400 stecke dagegen erst in den Kinderschuhen.

Bereits in den vergangenen Jahren haben führende Unternehmen auf dem Bürokommunikationssektor die "IBM-Vorgaben" in ihre Produktlinien integriert, so zum Beispiel Data General, Digital Equipment, Hewlett-Packard und Wang. Auch "Third-Party"-Anbieter wie Soft-Switch, Rabbit-Software und Communications Solutions trugen durch ihre Hilfestellung bei etwaigen Installationen dazu bei, daß sich Big Blues Protokolle verbreiteten.

Dennoch sind bei diesen Architekturen Fehler nicht zu übersehen. So ist beispielsweise Disoss laut IDC nicht besonders benutzerfreundlich und führt bei Mainframes zu einem großen Overhead. Im Gegensatz zu Konkurrenzprodukten von Wang oder DEC fehle es dem IBM-Produkt an Möglichkeiten zur Unterstützung von Grafiken, Datenbank-Management-Systemen, Spreadsheets und Dokumenten mit Formatgestaltung.

Auch die aufsetzenden IBM-Standards wie SAA (Systems Application Architecture), ECF (Enhanced Connectivity Facility) und Distributed Data Management beginnen bereits die Anbieter um sich zu scharen. Bei SAA erweist es sich gegenwärtig aber als Hindernis, daß für diese Strategien noch viele Definitionen und Dokumente fehlen.

Zögerlicher als bei den IBM-eigenen Architekturen verhält sich die Branche - so das Marktforschungsinstitut weiter - bei der Unterstützung von X.400. Während DEC und HP bereits mit der Auslieferung von einschlägigen Produkten begonnen haben, lassen andere Firmen in Hinblick auf diesen gemeinsamen "Electronic-Mail-Nenner" noch auf sich warten. IBM konnte bisher nur auf europäischem Boden mit X.400-Ankündigungen aufwerten. Erschwerend kommt hinzu, daß der OSI-Standard noch eine begrenzte Funktionalität aufweist. So ist keine Kommunikation zwischen einfachen ASCII-Texten realisierbar. Dies bedeutet, daß zwischen verschiedenen Office-Automation-Systemen verschickte Dokumente ihre Formatgestaltung verlieren. Vermißt wird darüber hinaus die Möglichkeit, Nachrichten über verschiedene Electronic-Mail-Systeme an ihren Bestimmungsort zu schicken.

Ein "gereiftes" X.400-Protokoll kann aus IDC-Sicht auf die Dauer einen größeren Einfluß in Anwendersowie Anbieterkreisen gewinnen als die genannten IBM-Protokolle. Auf jeden Fall komme jedoch beiden Architektur-Komplexen im Laufe der nächsten zehn Jahre eine bedeutende Rolle zu.