Kommerzielle Anwender sollen bei den etablierten Midrange-Rechnern bleiben

IBM bringt neue Einstiegsmodelle für AS/400- und 9370-Systeme

16.02.1990

MÜNCHEN (CW) - Mit jeweils drei neuen Modellen hat die IBM die Systemfamilien AS/400 und 9370 erweitert. Aufmerksamkeit erregte diese Ankündigung, da Big Blue in Kürze eine Workstation-Serie einführen will, die nach Analystenansicht den eigenen Midrange-Systemen Konkurrenz machen könnte.

Im Hinblick auf die Workstation-Ankündigung versuchten IBM-Sprecher die Anwender zu beruhigen: Die Midrange-Systeme, besonders die AS/400, werden weiterhin die besseren Systeme für Anwender im kommerziellen Bereich sein. So betonte Steve Schwartz, bei IBM General-Manager für die Midrange-Serien, daß für diese Rechner ein wesentlich größeres Angebot an Büro-Software vorhanden sei. Die neuen RISC-Workstations seien demgegenüber eher für Anwender im technisch-wissenschaftlichen

Bereich geeignet.

Dennoch gehen Analysten, denen Details der Workstations bereits bekannt sind, davon aus daß Anwender im kaufmännischen Bereich bald Interesse an ihnen zeigen werden, zumal IBM hier mit Kampfpreisen, die deutlich unter denen des Wettbewerbs und der eigenen Midrange-Systeme liegen, in den Markt gehen will.

Die neuen AS/400 Modelle C10, C20 und C25 bieten rund 30 bis 120 Prozent mehr Leistung als die bisherigen Einstiegsmodelle B10 und B20. Sie sollen einerseits einen Wachstumspfad für B10/20-Anwender bieten, andererseits ein Einstiegsangebot für /36-Anwender in die AS/400-Systemwelt werden.

Alle drei Modelle werden serienmäßig mit acht Megabyte Hauptspeicher geliefert, beim Modell C.25 kann er auf bis zu 40 Megabyte erweitert werden. Die Plattenspeicherkapazität kann beim Modell C10 auf 1,25 und bei C20 und C25 auf 2,5

Gigabyte ausgebaut werden. Zusätzlich erklärte die IBM ihre Absicht, für die AS/400-Modelle B10 und B25 in Zukunft auch Halbzollbänder verfügbar zu machen. Damit soll eine stärkere Kompatibilität zu den größeren AS/400-Rechnern hergestellt werden.

Die Auslieferung der Modelle C10 und C20 beginnt noch im Februar, Modell C25 soll im zweiten Quartal verfügbar sein. In der Grundausstattung kostet Modell C10 rund 47 500 Mark, C20 rund 87 000 Mark und C25 rund 142 600 Mark.

Die neuen 9370-Modelle wurden bereits seit mehreren Monaten erwartet. Es handelt sich um ein Desktop-Modell mit Mikrokanal-Bus und zwei größere Einstiegssysteme. Sie können an /370-Mainframes angeschlossen werden und laufen unter /370-Betriebssystemen.

Branchenkenner bewerteten die fast zeitgleich zum Workstation-Announcement erfolgte Midrange-Ankündigung als Beruhigungs-Schachzug der IBM: Midrange-Anwender sollen bei der Stange gehalten, Neueinsteiger aus dem kommerziellen Bereich vom Schritt zu den neuen Workstations abgehalten werden.

Nach allem, was bisher bekannt wurde, will IBM mit den RlSC-Serie/6000 Geräten in den direkten Wettbewerb zu etablierten Workstation-Anbietern wie Sun Microsystems, Silicon Graphics und HP/Apollo treten. Wichtigstes Marktargument soll hierbei das Preis-/Leistungs-Verhältnis werden.

Insgesamt werden neun Workstations vorgestellt. Das Leistungsspektrum reicht dabei von 27 Millionen Befehlen pro Sekunde (MIPS) bis 41 MIPS. Besonders herausragend soll die Grafikleistung der Systeme sein. Das sogenannte "IBM Super Graphics Subsystem" ermöglicht nach ersten Informationen 3D-Grafikleistungen, wie man sie sonst nur von

Supercomputern kennt. So können bis zu 200 000 3D-Vektoren in der Sekunde (vps) und bis zu 1 Million 2D vps berechnet werden - das ist die fünffache Leistung der Sun Sparcstations mit Grafikbeschleunigern. +

Die Konkurrenz lauert jetzt im eigenen Haus

Alle Welt wartet auf die neuen RISC-Workstations - da präsentiert die IBM noch schnell einige Low-end-Systeme ihrer Schrägstrich- und Abteilungsrechnerserien.

Die Zielrichtung scheint glasklar: Alte Anwender sollen bei der Stange gehalten werden, neue Anwender im kommerziellen Bereich sich auf keinen Fall für die RlSC- Workstations entscheiden. Denn die sind ja eigentlich nur für den technisch-wissenschaftlichen Bereich bestimmt. Ein hausinterner Wettbewerb um Marktanteile bahnt sich an. Schließlich dürfte es den IBM-Marktstrategen nicht entgangen sein daß immer mehr Anwender aus dem kaufmännischen Bereich anstelle herkömmlicher Abteilungsrechner Workstations von Sun und anderen Herstellern einsetzen. Und Power-User die einen kleinen

Zahlenfresser benötigen, gibt es heute nicht nur in Technik und Wissenschaft; man denke nur an Finanzhäuser.

Aber: Auch wenn bald kommerzielle Anwender statt der klassischen Abteilungsrechner die neuen Workstations kaufen werden - das Geschäft bleibt im Hause. zek