Reorganisationsmaßnahmen müssen erst greifen

IBM-Aktie beschert deutschen Anlegern seit 1985 nur Verluste

06.12.1991

IBM kündigt zum wiederholten Mal einen kräftigen Personalabbau an. Die Belegschaft soll 1992 um weitere 20 000 auf zirka 330 000 Mitarbeiter weltweit reduziert werden. Dies ist die siebte Ankündigung einer Unternehmensstraffung in Folge. Auch im laufenden Jahr wird die Beschäftigtenzahl um 20 000 Mitarbeiter reduziert.

Die Schlankheitskur hat bisher weder der IBM-Wettbewerbsposition noch dem Börsenkurs genützt. Nach einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Gartner Group rutschte der IBM-Anteil am weltweiten Computermarkt in den vergangenen fünf Jahren von 32 Prozent auf 23 Prozent ab. Der Börsenkurs hat sich seit dem historischen Höchstkurs im Sommer 1987 von knapp 180 Dollar beinahe halbiert. Die Börsenbewertung von Big Blue ist durch den Kursrückgang und den Rückkauf eigener Aktien von über 110 Milliarden Dollar auf 52 Milliarden Dollar abgestürzt.

Der in Mark kalkulierende Kapitalanleger macht seit sieben Jahren Verluste mit der IBM. Seinerzeit notierte die blaue Aktie auf dein historischen Mark-Hoch von 450 Mark. In dieser Hartwährung gerechnet, hat sich der IBM-Kurs seit dem Dollar-Hoch Anfang 1985 gedrittelt.

Die unmittelbare Börsenreaktion auf die Reorganisationspläne von Big Blue war positiv, der Kurs zog an. Doch schon am nächsten Börsentag ging das gewonnene Terrain wieder verloren. Fällt der IBM-Kurs unter die charttechnische Unterstützungsmarke von 94 Dollar, ist - markttechnisch betrachtet - der Weg zu tieferen Kursen frei. Solange es den Armonkern nicht gelingt, die Erosion der vormals beherrschenden strategischen Stellung zu stoppen, könnte sich Zug um Zug die Auszehrung der Börsenbewertung fortsetzen.

Problematisch würde diese Entwicklung, wenn die seit Jahren zu beobachtende relative Schwäche des IBM-Kurses gegenüber der Gesamtmarktentwicklung in Wallstreet anhält. Dies bedeutet, daß sich die IBM-Aktie im Vergleich zum Aktienindex schlechter entwickelt hat. Der Verlust der Position als "lnstitutional Darling" hätte jedoch noch einmal negative Folgen für die Börsenbewertung von IBM.

Der Dollarrückgang hat in den vergangenen Jahren zu einer Verstärkung der IBM-Baisse für den in Mark kalkulierenden Anleger gesorgt. In Mark gerechnet notierte der IBM-Kurs auf dem Niveau von 1982, dem Jahr, in dem die Wallstreet-Hausse der 80er Jahre begann. Da das derzeitige Dollarniveau als einigermaßen abgesichert gelten kann, sind zumindest von dieser Seite keine weiteren nennenswerten Verluste zu erwarten. Im Gegenteil: Bei einer im Zuge einer Konjunkturerholung wahrscheinlichen Dollarerholung könnte die Währungsentwicklung eine weitere Erosion des Kurses von Big Blue in Mark zu verhindern helfen.

Dennoch: Wer in IBM-Aktien engagiert ist, sollte auf ein Stopp-Loss bei 94 US-Dollar achten.

*Arnd Wolpers ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in München.