Benutzer durch 31-Bit-Adressierbarkeit verunsichert:

IBM 3081 K schiebt 303X aufs Abstellgleis

20.11.1981

MÜNCHEN - Als Folge der 3081-K-Ankündigung, meinen Marktbeobachter, habe die IBM-Serie 303X nicht nur erheblich an Attraktivität verloren, sie sei mittelfristig sogar zum Sterben verurteilt. Deutlich werde ins besondere, daß OS- und DOS-Benutzer allzu lange auf das falsche Betriebssystem-Pferd gesetzt hätten. Denn mit der ab SP-Version 2 unterstützten 31-Bit-Adressierbarkeit habe Big Blue nunmehr eindeutig die Weichen in Richtung MVS gestellt.

Das K-Modell - darüber sind sich DV-Anwender und IBM-Konkurrenten einig -sei primär als PCM-Killer zu werten. Denn der Marktführer habe sich zwar mit der neuen H-Maschine einen Überrumpelungsvorsprung gegenüber den Stecker kompatiblen verschafft, doch sei ein Rechner dieser Größenordnung für M-Benutzer derzeit nicht "zwingend notwendig". Das Announcement könne deshalb eher als Marketing-Strategie angesehen werden, den Jumbo-Markt zu verunsichern. Insbesondere die Achtungserfolge von Amdahl, NAS und Co. hätten die IBM veranlaßt, bereits jetzt etwas für ihr Großrechner-Image zu tun. PCM-Informationen zufolge sollen nämlich in den amerikanischen IBM-Labors drei parallele Entwicklungen gelaufen sein. Von diesen sei die 3081 K die einzig völlig ausgereifte Maschine gewesen.

Die "blaue" Vernebelungstaktik, konzediert ein PCM-Insider, zeige indessen bereits Wirkung: DV-Großanwender, die derzeit über einen steckerkompatiblen Rechner verhandelten, wären stark verunsichert. Das Vertrauen in den gesamten PCM-Markt, so ein NAS-Verkäufer, sei derzeit - seiner Meinung nach unbegründet - etwas geschwunden. Da die Software für das K-Modell IBM-Angaben zufolge jedoch erst 1983 verfügbar sein soll, hält er Spekulationen über eine Inkompatibilität der PCM-Maschinen für reine Panikmache. Besonders schwierig sei es, seinen Interessenten klarzumachen, daß die PCMs trotz 31-Bit-Adressierbarkeit und verstärktem Mikrocode-Einsatz die derzeitigen Saltos des Marktführers problemlos nachturnen könnten. Dennoch: IBM-Vertriebsbeauftragte verbreiten derzeit die Meinung, daß es für die Steckerkompatiblen schwieriger geworden sei, mit MVS/SP mitzuhalten, will ein Münchener Broker wissen.

Kein Wunder, daß IBM-Benutzer nunmehr verunsichert sind. Sie sehen in dem K-Announcement einen Wink mit dem Zaunpfahl, wie die zukünftige IBM-Betriebssystempolitik aussehen werde. Begründung: Der eigentliche Vorteil der neuen Maschine liege in der 31-Bit-Adressierbarkeit, die den Rahmen der /370-Architektur sprenge. Die "Erweiterte Architektur" unterstützt nur MVS/SP. Damit werde deutlich, daß vor allem die Tage von OS gezählt sind.

Unklarheit über die Hintergründe der K-Ankündigung herrscht auch bei sonst gut informierten IBM-Großkunden und den Benutzergruppen Common und Share. Ein 3081-D-Besteller beklagt sich, daß er von seinem Hersteller "noch nicht einmal eine ordnungsgemäße Präsentation" über das K-Modell erhalten habe. Er erkenne in diesem Verhalten, daß sich der Marktführer selbst noch nicht im klaren sei, was er auf der Seite der Software noch alles tun müsse. Mit Ausnahme der Absichtserklärung , für die Subsysteme IMS, CICS, VTAM und VSAM zu einem späteren Zeitpunkt 31-bit-Versionen bereitzustellen, habe IBM keine konkreten Angaben zur 3081-K-Software gemacht. Die Aussage der Stuttgarter, daß die Umstellung im "bimodalen Modus" für 30XX-Benutzer unter MVS/SP kein Problem darstelle, stößt ebenfalls auf Unglauben. Der Systemspezialist einer Münchener Versicherung glaubt, daß die ersten Schwierigkeiten bereits dann auftreten würden, wenn er auf seiner 3033 die neue MVS/SP-Version 1, die aus den Versionen 1 bis 3 zusammengefaßt wurde, implementiere.

Probleme sehen 3033-Benutzer auch in der fehlenden Abwärtkompatibilität der K-Maschine. Denn wem ihre Programme erst einmal auf MVS/SP 2 unter der 31-Bit-Version liefen, seien sie für 24-Bit-Rechner tabu. Somit sei Anwendern mit hohem Sicherheitsbedarf vorerst die Möglichkeit genommen, ihre alten Rechner ab Back-up- oder Testmaschinen zu fahren. Zwar könne man die 3081 K weiterhin im alten Modus betreiben, indem lediglich die M VS/SP-1 benutzt werde, doch hieße dies so Dr. Bernd Oswald von der Wacker Chemie GmbH in München, "einen Porsche wie einen VW-Käfer fahren".

Branchenkenner sehen mit der K-Ankündigung die IBM Serie 303X auf dem Abstellgleis: Die Gebrauchtpreise für die 3033 seien in den letzten Tagen rapide gefallen - teilweise um mehr als zwanzig Prozent. Dies sei vergleichbar mit der Situation Anfang der siebziger Jahre, als die Serie /370 die alten 360er Maschinen ablöste. Demnach werde sich die gesamte Großrechner-Entwicklung der IBM künftig nur noch im H-Bereich abspielen. Auch neue Peripheriegeräte seien für die 303X-Produktlinie nicht mehr zu erwarten. Die bereits auf MVS/SP ausgelegten 3380-Platten, die mit neunmonatiger Verspätung kürzlich in den USA ausgeliefert worden seien wären hier Beispiel genug, bekräftigt ein süddeutscher DV-Chef. Anwender die technologisch auf dem neuesten Stand sein müßten, würden somit zum Einsatz einer H-Maschine gezwungen.

PCM-Marketiers wollen wissen daß IBM im Frühjahr 1983 zwei kleinere H-Modelle ankündigen wird. Diese seien dafür vorgesehen die als veraltet geltenden Systeme 3031 und 3032 abzulösen und den Riß zwischen den erfolgreichen 4300er Maschinen und der H-Serie zu kitten.