Umstrukturierung und neue Produkte

Hyperion setzt künftig auf analytische Anwendungen

13.10.2000
Hyperion, Spezialist für Online Analytical Reporting (Olap) und Finanzsoftware, hat mit internen Umstrukturierungen und neuen Produkten den geschäftlichen Kurs in Richtung analytische Anwendungen gesetzt. Mit Chief Executive Officer Jeff Rodek, Alain Blanc, dem Vice President für Europa, den Mittleren Osten und Afrika, sowie Tobin Gilman, Vice President Strategic Marketing, sprach CW-Redakteur Sascha Alexander über die Gründe.

CW: Sie melden dieser Tage, dass Sie die "Hyperion Analytic Platform" komplettiert haben. Was verbirgt sich dahinter?

Rodek: Die Plattform ist eine Sammlung analytischer Anwendungen, die auf unserem Olap-Server "Essbase" aufsetzen und Firmen bei der Verfolgung und Auswertung ihre gesamten Geschäftsaktivitäten unterstützen sollen. Ziel sind nicht nur abteilungsbezogene Auswertungen, sondern die übergreifende Unternehmensplanung. Der Markt für solche Software soll nach Schätzungen von Analysten bis 2003 ein Volumen von 15 Milliarden Dollar haben. Die Suite umfasst derzeit Anwendungen für Call-Center, Websites, zur Qualitätskontrolle sowie für den Außendienst. Die Produkte können sowohl mit vorhandenen Budgetierungs- und Report-Anwendungen als auch mit anderen Anwendungen zur Leistungsmessung, etwa unserer Scorecard-Software, gekoppelt werden. Weitere Produkte speziell für Verkauf und Markting müssen wir noch hinzufügen.

CW: Sie setzen damit auf einen Markt, der bisher noch sehr klein ist. Hierzulande sind selbst CRM-Anwendungen noch nicht Mainstream.

Gilman: Firmen brauchen nicht unbedingt ein CRM-System. Viele werden ihre Kundendaten in eine relationale Datenbank als operativen Datenspeicher laden und von dort den analytischen Anwendungen zur Verfügung stellen.

CW: Analytische Anwendungen sollen dank mitgelieferter Templates und Voreinstellungen spezielle betriebswirtschaftliche Fragen besser abdecken. Wie entstanden Ihre Produkte?

Rodek: Im März präsentierten wir "Essbase 6", der speziell für E-CRM-Analyse ausgelegt ist. Es gab zwei größere Upgrades für unser Scorecard-basiertes, aktivitätengestütztes Modeling, da Letzteres zunächst noch nicht ausgereift war. Zudem haben wir unsere bisherigen Finanzanwendungen überarbeitet und zum Beispiel eine neue, Web-basierte Planungssoftware als Erweiterung zu "Hyperion Pillar" sowie eine Web-basierte Verwaltungssoftware herausgebracht, die Modelle für die Finanzplanung, Analyse und Berichtsgenerierung enthält.

Für die neuen Produkte nutzten wir unsere Erfahrungen aus dem Finanzsektor und haben uns mit Partnern zusammengeschlossen, die Anwendungen auf Essbase entwickeln. Außerdem verstärkten wir uns durch Übernahmen. So kauften wir 1999 die Firma KPI Technologies aus Georgia, Atlanta, die Know-how für die Entwicklung von analytischen CRM-Anwendungen beisteuerte, und ein Jahr zuvor die kanadische Firma Sapling, die Performance-Management-Software sowie solche für Scorecards und Activity-based Modeling entwickelte.

(Im Herbst 1999 kündigte der Hersteller die Suite "Hyperion Enterprise Performance Management (EPM)" an, die auf Sapling-Produkten basiert. Sie enthält eine anpassbare Anwendung für Activity-based Management, das Ansätze der Prozesskostenrechung (Activity-based Costing) als Hauptquelle für die ökonomischen Bewertungsdaten und -informationen einsetzt, sowie für das Perfomance-Measurement. Letzteres nutzt unterschiedliche Messgrößen wie Kosten, Qualität, Kundenzufriedenheit zur Beurteilung der Leistung beziehungsweise des Leistungspotenzials etwa von Organisationseinheiten und Prozessen. Ziel ist die Verbesserung von Planungs- und Steuerungsabläufen. Anm. der Redaktion).

CW: Bisher verkauften Sie Essbase als Entwicklungsplattform für Kunden und Partner. Nun wollen Sie auch eigene Anwendungen für den Server vertreiben. Befürchten Sie da keine Probleme mit den Partnern?

Gilman: Es gibt vermutlich Tausende selbstgestrickter Anwendungen auf Basis von Essbase, und die wird es wohl auch weiterhin geben.

Rodek: Als wir vor zwei Jahren die Firma Arbor und mit ihr Essbase kauften, befürchteten manche der damals 200 Partner, dass wir mit Bundles aus unseren Finanzanwendungen "Hyperion Enterprise" und "Hyperion Pillar" und Essbase verdrängen könnten. Heute haben wir über 400 Partner. Der Markt für Business Intelligence ist so groß, dass es für alle genug Geschäftsmöglichkeiten gibt. Wir wollen unsere Partner nicht bedrängen und überlassen ihnen etwa die vertikalen Märkte.

CW: Wie flexibel sind solche Produkte?

Rodek: Wir liefern in unseren Produkten die Templates, auf deren Basis unsere Partner und Kunden die für sie benötigte analytische Anwendung umsetzen können.

Gilman: Hyperion Enterprise (eine Software für die globale Unternehmenskonsolidierung und das Reporting, Anm. der Redaktion) beispielsweise enthält Best Practices und ist mehr als eine Lösung. Produkte wie "Website Analysis" bieten hingegen in erster Linie vordefinierte, aber anpassbare Views und Dimensionen.

CW: Das hört sich nach mehr Consulting an, zumal analytische Anwendungen eine enge Integration in die Geschäftsprozesse verlangen. Ist Hyperion dafür personell ausgerüstet?

Blanc: Wir haben in Europa etwa 250 Consultants und betreuen etwa 1800 Kunden. Für die neuen Produkte können wir nur die ersten Projekte selbst übernehmen, dann überlassen wir die Implementierung und Weiterentwicklung unseren oft stärker spezialisierten Partnern.

CW: Gibt es schon Kunden?

Gilman: Die Firma Internet Security Systems nutzt Hyperions "Customer Interaction Center", um die Leistung ihrer weltweiten Call-Center zu überprüfen.

Rodek: Eine Reihe von Firmen befindet sich derzeit in der Evaluierungsphase des Customer Interaction Center und der Website-Analysis-Suite. Anders als wir erwartet hatten, dauert die Planung solcher Anwendungen genauso lange wie bei unseren anderen Produkten. Allerdings sind viel größere Installationen für teilweise mehrere tausend Arbeitsplätze geplant.

CW: Können bisherige Kunden die analytischen Anwendungen problemlos bei sich einsetzen?

Gilman: Wenn Sie eine Anwendung kaufen, ist der Preis für Essbase darin enthalten, aber sie müssen Release 6 haben. Mit Version 5 laufen die Produkte nicht.

CW: Mit Olap-Technologie allein lässt sich nicht mehr so viel Geld verdienen. Kunden wollen Lösungen. Ist dies der Grund, warum sie hoffen, mit analytischen Anwendungen mehr Umsätze zu generieren?

Rodek: Olap ist noch keine Commodity. Momentan haben noch rund zwei Drittel unserer Kunden Essbase lediglich als Abteilungslösung im Einsatz. Erst jetzt begreifen immer mehr Firmen, dass es eine zentrale Infrastrukturtechnologie auch für die gesamte Unternehmenssteuerung ist und insbesondere betriebswirtschaftliche Standardsoftware sinnvoll erweitern kann.

CW: Wen sehen Sie als Konkurrenten bei analytischen Anwendungen?

Rodek: Neben Oracle und Microsoft vor allem SAP und SAS Institute. Daneben hat jeder unserer Geschäftsbereiche seine zwei bis drei Konkurrenten. So bekommt es beispielsweise E-CRM-Analysis mit Firmen wie Epiphany, Broadbase oder Netgenisis zu tun. Weitere Konkurenten sind Hersteller von Reporting, Query- und Olap-Produkten wie Cognos, Business Objects oder Brio, und schließlich gibt es Firmen, die glauben, alle Analysen ließen sich ohne Olap direkt auf relationalen Datenbanken machen.

CW: Welche Umsätze erwarten Sie für dieses Jahr mit analytischen Anwendungen?

Rodek: Mit größeren Umsätzen ist erst in den kommenden Quartalen zu rechnen. Wir haben gerade erst mit dem Verkauf begonnen, aber die Resonanz ist bereits sehr gut. Ich habe im März gesagt, dass wir eine Umsatzsteigerung von 40 Prozent im Jahr anvisieren. Dies ist allerdings nicht als Umsatzprognose zu verstehen, sondern es ist mehr das Potenzial, das ich für uns sehe. Wir müssen dazu das Produkttraining und Marketing ankurbeln, weitere Partnerschaften anbahnen und Erfolgsgeschichten präsentieren.