Hummingbird will mit Reddot in den Mittelstand

28.06.2005
Der ECM-Anbieter möchte mit dem Kauf des Oldenburger Softwarehauses nicht nur seine Lücke beim Web-Content-Management schließen.

Hummingbird zahlt für das deutsche Unternehmen, das sich in privatem Besitz befindet, 39,1 Millionen Euro sowie zusätzliche Beträge in der Höhe von zirka 4,5 Millionen Euro.

Reddot gilt als eines der letzten heimischen Softwarehäuser, das mit seinem Web-Content-Management-System (WCMS) international erfolgreich ist. Zu den Kunden der Firma zählen vornehmlich mittelgroße Betriebe. In den letzten Jahren weitete Reddot sein Portfolio aus und beschrieb die Zielrichtung mit "Enterprise-Content-Management (ECM) für mittelständische Unternehmen". Zum WCMS gesellten sich daher ein leichtgewichtiges Dokumenten-Management-System (DMS), einfache Collaboration-Funktionen, die "Integration Extensions" für die Einbindung von Backend-Anwendungen sowie eine Personalisierungs-Engine, um Inhalte nach dem Muster von Portalen individuell zusammenzustellen.

Hummingbird war mit der Übernahme von PC Docs Ende der 90er Jahre in den Markt für Dokumenten-Management-Systeme eingestiegen. Die Ausrichtung auf ECM führte zu einer breiteren Produktpalette inklusive Mail-Management, Collaboration-Tools oder einer eigenen Portallösung. Allerdings konnte das Unternehmen die Lücke in seinem Angebot bei Web-Content-Management bisher nicht schließen und kooperierte daher schon seit einiger Zeit eng mit Reddot. Insofern kommt der Zukauf des deutschen Herstellers nicht ganz überraschend.

Im Gespräch mit der computerwoche betonte Niels Metger, CEO und Mitbegründer von Reddot, dass es Hummingbird beim Kauf seines Unternehmens nicht nur um das WCMS gehe. Um ihr Portfolio mit solchen Funktionen abzurunden, hätten die Kanadier entsprechende Technologie von einem anderen Anbieter günstiger erwerben können. Die erheblichen Redundanzen zwischen den Produkten der beiden Softwarehäuser seien erwünscht. Die leichtgewichtigen Lösungen von Reddot sollen nämlich weitergeführt werden und Hummingbird den Zugang zum Mittelstand eröffnen.

Das Oldenburger Unternehmen erwartet sich umgekehrt von der Akquisition durch Hummingbird, dass es mit Hilfe des weltweit agierenden ECM-Herstellers in zusätzlichen Regionen Fuß fassen kann, besonders in Asien. Die Rückendeckung durch einen großen Anbieter sollte Reddot zudem mehr Vertrauenswürdigkeit verschaffen und Türen zu neuen Kunden öffnen. Allerdings zählt Hummingbird hinter den großen Vier des ECM-Marktes (Documentum, Filenet, IBM, Opentext) mit einigem Abstand zu den mittelgroßen Playern und muss gerade ein schlechtes zweites Geschäftsquartal verkraften.

Trotz der dreijährigen Kooperation ist die Software der beiden Firmen kaum integriert. Für die meisten Produkte aus dem Hause Reddot spielt das keine besondere Rolle, da sie ohnehin als eigenständige Angebote für den Mittelstand weiterexistieren. Das WCMS hingegen soll das ECM-Portfolio komplettieren und muss in Hummingbirds "Enterprise" eingebunden werden. Bisher verwenden beide Systeme separate Repositories, zukünftig soll Reddots WCMS auf den unternehmensweiten ECM-Speicher aufsetzen. Zusätzlich würde eine weitergehende Integration erfordern, dass die ECM-Funktionen wie Records-Management, Workflow oder Reporting auch für die Web-Inhalte zur Verfügung stehen. (ws)