Telekommunikation schafft das betriebsinterne Problem der Aus- und Weiterbildung:

Höhere Qualifikation motiviert Mitarbeiter

19.02.1982

DÜSSELDORF - Die totale Kommunikation steht vor der Bürotür. Für die Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, sich in dem fast unübersehbaren Angebot von Systemen und Einzelkomponenten noch zurechtzufinden. Gewerkschaften und Mitarbeiter andererseits sperren sich aus Angst vor zukünftig wegrationalisierten Arbeitsplätzen gegen neue Technologien. Kompetente Information indes, die die Diskussion versachlichen könnte, steht noch weitgehend aus.

Unsere Büros zeigen sich seit vielen Jahren als leistungsfähig, wenn auch nicht rentabel. Die Notwendigkeit, zu verwalten wird daher immer mehr zur Frage, wie rationeller verwaltet werden kann.

Produktivitätssteigerungen beruhen auf Innovation und Leistungssteigerung aller Faktoren in bestehenden Systemen. Ob und wann nun in einem Unternehmen Telekommunikation eingeführt wird, entscheidet das Topmanagement. Als Argumente stehen sich Investitionskosten und Produktivitätssteigerungen gegenüber. Dabei ist dies Berechnungen der Arthur D. Little Unternehmensberatung zufolge in jedem Einzelfall verschieden und setzt eine genaue Ermittlung von Personal- und Folgekosten voraus.

Produktivitätssteigerungen werden nur dort realisiert, wo besonders kostenintensiv gearbeitet wird. Deshalb fielen relativ geringe Kostenfaktoren, wie ihn Sekretärinnen und Schreibkräfte bilden, gegenüber Sachbearbeitern und Managern mit deren viel höheren Gehältern auch weniger ins Gewicht. Wer zwei Schreibkräfte opfert, damit die dritte am Textverarbeitungssystem rationeller arbeitet, trifft nicht unbedingt die richtige Entscheidung. Nämlich dann nicht, wenn die Kosten der Anschaffung sich mit der Einsparung die Waage halten, ohne daß der Output zunimmt.

Die Erfahrungen bei der Implementation von Computersystemen haben dem Unternehmensberater Peter. Trucker zufolge gezeigt, daß anschließend sowohl mehr als auch teurere Bürokräfte eingestellt werden mußten. Denn ein System ist nur dann rentabel, wenn es auch voll ausgenutzt wird. Dies bedingt in der Regel zusätzliches Know-how. Die

Automation führt damit zu einer veränderten Beschäftigungsstruktur. Weniger gut bezahlte Arbeitskräfte werden durch höher entlohnte und qualifiziertere Mitarbeiter ersetzt.

Grundlage der Investitionsentscheidung muß eine Analyse des Ist-Zustandes sein, indem man Prioritäten der Produktivitätssteigerung im Büro und Verwaltungsbereich ermittelt. Aus den Ergebnissen sollte eine Gesamtkonzeption resultieren, die für jedes Unternehmen anders aussehen wird. Hier geht es in erster Linie darum, wegen der noch relativ hohen Investitionskosten zu einer Lösung zu kommen, die bereits die Erfordernisse der Zukunft miteinbezieht. Wer sich also heute im ersten Schritt für ein Textsystem entscheidet, sollte überlegen, welche Bedeutung die Möglichkeiten von Datenkommunikation haben werden, wie leistungsfähig Nebenstellenanlagen und Fernkopie sein sollten, ob Host-Rechner oder gänzlich dezentralisierte Systeme den Anforderungen eher gerecht werden.

Unternehmerisch gesehen, liegt hier der Schwerpunkt: Kosten-Nutzen-Analyse und Möglichkeiten der Produktivitätssteigerung bestimmen das Gesamtkonzept. Die Frage nach der Kompatibilität einzelner herstellergebundener Systeme sollte dabei insofern nicht ins Gewicht fallen, als sowohl die verschiedenen Großhersteller wie die Bundespost bereits an der Optimierung gemeinsamer Lösungen arbeiten. Durch die Angebote der Post läßt sich schon jetzt eine klare Linie erkennen; das vollkommen durch ein Inhouse-Netz verkabelte Unternehmen gestattet von der Konzeption her eine stufenweise Implementation unter Einbeziehung aller von der Post angebotenen Dienste wie Fernsprechdienst, Telex, Teletex, Telefax und Bildschirmtext. Normwandler konvertieren analoge in digitale Signale, so daß selbst Datenkommunikation über Spracheingabe und bildtelefonische Kommunikation vor einem realistischen Hintergrund stehen.

Gemeinsam planen

Bei der Frage der Planung ist die Zielgruppe noch weiter zu differenzieren. EDV-Abteilung, Verwaltung und technische Abteilungen werden sich zunehmend stärker im Dialog miteinander finden müssen, um zu einer neuen Organisationsstruktur zu kommen. Durch die verschiedenen Anforderungen in den einzelnen Unternehmen fällt die Aufgabe der Aus- und Weiterbildung also in den unternehmensinternen Bereich. Hier bietet beispielsweise die Advanced Systems GmbH Düsseldorf den achtteiligen Medienverbund-Kurs "Telematik" an. Mehr an die breit/Öffentlichkeit gerichtet ist dagegen der neunteilige Medienverbund-Kurs des WDR/Westdeutsches Fernsehen, Köln "Elektronik statt Papier", der am 1. Mai beginnt.

Die Entscheider wollen die Betroffenen ausbilden lassen. Hier stößt man nach den Erfahrungen mit Computereinsatz auf massive Akzeptanzprobleme: Es wird allgemein weniger im Sinne des Unternehmens argumentiert, dafür stehen persönliche Probleme im Vordergrund. Obgleich eine allgemeine Produktivitätssteigerung im Interesse der Mitarbeiter liegt, haben hier doch vor allem das Bedürfnis nach Sicherheit und menschlicher Kommunikation den Vorrang.

Wem die "persönliche" Sekretärin wegrationalisiert werden soll, dem droht ein Prestigeverlust vor den Kollegen. Aber auch hier nützt die Erfahrung aus dem DV-Bereich. Heute sieht man inzwischen eine Prestigefrage darin, wer ein Terminal auf dem Schreibtisch, also unmittelbar Zugang zu Daten hat. Das Problem der Aus- und Weiterbildung läßt sich daher mehr im pädagogisch-psychologischen Bereich lösen - ebenfalls betriebsintern.

Angst vor jeglicher Innovation

Zunächst einmal stößt man bei Mitarbeitern der mittleren und unteren Ebenen auf eine gewisse Angst vor jeglicher Innovation. Sie ist menschlich verständlich und sollte nicht unterschätzt werden, da sie zu irrationaler Argumentation führt. Ihr zu begegnen, ist eine Langzeitaufgabe, mit deren Lösung spätestens jetzt begonnen werden muß. Der Weg liegt in transparenter Information für alle Potentiell "Betroffenen". Was bei den Überlegungen im Bereich des Top-Managements einen Risikofaktor darstellt, zeigt sich auf der Mitarbeiterebene als schlagkräftiges Argument. Neue Organisationsstrukturen und Technologien erfordern besser geschulte Arbeitskräfte, verlagern den Bedarf also schlimmstenfalls nur. Das Erreichen einer höheren Berufsqualifikation hat sich aber immer als Ansporn erwiesen und die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes erhöht.

Die Stimmen von Gewerkschaftern und Arbeitswissenschaftlern haben bewirkt, daß sich heute die Hersteller von technologischen Systemen nicht mehr leisten können, bedienerunfreundliche Geräte anzubieten. Die Gesetzgeber haben ein übriges getan, um wenigstens in Ansätzen eine Überforderung des Personals durch technisierte Arbeitsplätze zu reduzieren. Eine wichtige Aufgabe der Ausbildung liegt zusätzlich darin, der Zielgruppe klarzumachen, daß Arbeitslosigkeit aufgrund einer derzeitigen Konjunkturflaute von einer "nur" drohenden Arbeitsplatzverknappung durch Rationalisierung zu trennen ist.

Einblick ins Konzept

Einen entscheidenden Schritt zu diesem Ausbildungsziel kann eine umfassende Information leisten, wenn sie nicht nur den konkreten Bereich der "Betroffenen" abdeckt, sondern ihnen auch Einblick in das Gesamtkonzept bietet. Die Möglichkeit, durch höhere Qualifikation einen anspruchsvolleren Arbeitsplatz mit größerer Verantwortung zu erhalten, zum Beispiel weil die Kommunikation entscheidend erweitert ist, wird zu einem wichtigen Motivationsfaktor. Da sich mit steigender Motivation der Lerneffekt verbessert, ergibt sich insgesamt eine höhere Qualifikation des Personals, was wiederum die Angstschwelle senkt.

Damit wird auch deutlich, wo die eigentlichen Ausbildungsprobleme liegen, nämlich auf der Ebene größter Spezialisierung. Dort, wo weitgehend monotone Tätigkeiten vorherrschen, zum Beispiel bei Schreibkräften, ist eine Verlagerung von Schwerpunkten nicht möglich Hier erscheint die technische Innovation unmittelbar bedrohend. Schulung muß daher ganz konkret auch Umschulung beinhalten, also weg vom bloßen "Tippen" und hin zum Umgang mit TV-Systemen, die ganze Bausteine speichern und abrufen lassen. Aus den monotonen Tätigkeiten können Aufgaben werden, die Übersicht erfordern, aber auch Erleichterung bringen. Auch hier lehren die Erfahrungen mit den Computern: Die Beherrschung technisierter Systeme können Motivation und damit Verantwortungsgefühl mit sich bringen und letztlich nicht unerheblich zur Zufriedenheit beitragen.

*Knut Lanzke ist bei Advanced Systems GmbH, Düsseldorf, als Redakteur tätig.