Hersteller wollen Token-Ring-Loesungen forcieren Ethernet-Switches verschaffen Anwendern preiswert Bandbreite

07.04.1995

LAS VEGAS (pg) - The Show must go on! Kaum schloss die CeBIT '95 ihre Tore, oeffnete im Spielerparadies Las Vegas die "Networld+Interop" (N+I) ihre Pforten. Fuer die US-Messe haben sich insbesondere die Hersteller von Ethernet-Switching-Komponenten ihre Truempfe aufgehoben. In der Wuestenstadt hagelte es Ankuendigungen, darunter erste Entwicklungen mit Virtual-LAN- Funktionalitaet. Auf dem Vormarsch ist auch das Token-Ring- Switching, obgleich Produkte hier noch Mangelware sind.

Waehrend in der Vergangenheit Novell die Schlagzeilen der N+I diktierte, blieb es diesmal um die Networker aus Provo relativ still. Sie hatten bereits eine Woche zuvor auf ihrer Entwicklerkonferenz "Brainshare" das gesamte Pulver verschossen. Den Ton gaben in Las Vegas eindeutig die Anbieter von Ethernet- Switching-Produkten an, allen voran Cisco Systems, das der N+I mit zahlreichen Announcements seinen Stempel aufdrueckte.

Nutzniesser der Produktflut fuer das Ethernet-Switching sind vor allem Anwender, die einfach und preiswert Bandbreite und Performance im Netz erhoehen wollen. Das attraktive Preis- Leistungs-Verhaeltnis der juengsten Produkte, die sich auch schneller in Enterprise Networks implementieren lassen, macht diese Komponenten zur interessanten Alternative gegenueber bislang ueblichen Routern. Marktforscher taxierten in Las Vegas den Preis pro Switching Node zwischen 300 und 1000 Dollar, waehrend Router fuer Abteilungen gegenwaertig erst ab 10000 Dollar zu haben sind.

"Bis zum Jahr 2000 wird das Switching viele Router ersetzen, nicht aber die Routing-Funktionalitaet, die kuenftig Geraete wie Hubs sowie LAN- und ATM-Switches uebernehmen", sieht Eric Hindin, Berater bei der Strategic Networks Consulting Inc., das kuenftige Szenario. Diese Marktentwicklung scheint Cisco Systems zu antizipieren. Das Unternehmen vollzieht derzeit einen Wandel vom klassischen Router- Spezialisten zum Hersteller von Switching-Komponenten im Bereich des Internetworking. Die Spanne der Produkte reicht dabei, unabhaengig von der LAN-Umgebung, von der Workgroup bis hin zum Backbone.

Erstes Cisco-Produkt nach Kalpana-Deal

Fuer Cisco zahlt sich jetzt, wie es scheint, die in der Vergangenheit eingeschlagene Strategie der Partnerschaften sowie Akquisitionen aus. Mit dem Kauf von Kalpana im September 1993 hat sich die Company aus dem kalifornischen San Jose im Ethernet- Switching-Markt weiter auf die Gewinnerstrasse gebracht. Ein halbes Jahr nach dem Deal stellte Cisco jetzt in Las Vegas eine Weiterentwicklung der Ethernet-Switch-Serie von Kalpana vor. Unter der Bezeichnung "Prostack" bieten die Kalifornier kuenftig einen 16-Port-Switch an, der Endanwendern und LAN-Workgroups dediziert 10-Mbit/s-Verbindungen garantiert. Der Knoten wird darueber hinaus als erstes Kalpana-Produkt einen ATM-Link beinhalten. Bislang hat Cisco aus der Kalpana-Serie den "EPS-1500", einen modularen Switch mit 15 Ports, sowie den "EPS-500", einen nichtmodularen Switch mit fuenf Ausgaengen, im Portfolio.

Zur Show im Gluecksspiel-Eldorado Las Vegas praesentierte Cisco ferner den "Catalyst 5000". Dabei handelt es sich um einen modularen Fuenf-Slot-Switch, der die Einrichtung virtueller Workgroups durch Layer-2-Bridging zwischen FDDI- Ethernet-, Switched-Ethernet- und Token-Ring-Netzen realisiert. Laut Cisco koennen mit dem Catalyst 5000 physikalische Netzverbindungen auf eine virtuelle Software-Map uebertragen und somit durch Netzadministratoren Ad-hoc-Arbeitsgruppen definiert werden. Das Geraet unterstuetzt dabei 98 Switches mit 10-Mbit/s-Verbindungen oder 50 Ports mit 100-Mbit/s-Kapazitaet.

Cisco steht mit seiner Ankuendigung an der Spitze einer Reihe von Herstellern, die diesen juengsten Trend im Networking aufgreifen. Mit von der Partie ist hier auch ein grosser Player im Switching- Geschaeft, um den es in letzter Zeit aber sehr ruhig wurde. Die Rede ist von Digital Equipment, das anlaesslich der N+I die erste Stufe seiner Strategie im Switched-Virtual-Networking offenlegte. Bestandteil dieser Philosophie sind drei Ethernet-Configuration- Switches der "Portswitch-900"-Familie, die laut DEC in jeder Port- Kombination logisch verbunden werden koennen, um separate virtuelle LANs zu generieren.

Die Serie besteht aus dem 10Base-T-Switch "Portswitch 900TP" mit 32 Slots, dem 10Base-2-Modul "Portswitch 900CP" mit 16 Ausgaengen sowie dem 10Base-FL-Device "Portswitch 900FB". Jeder der drei Switches kann als Dechub-One-Device stand-alone oder als Modul im "Dechub 900" betrieben werden und beinhaltet Features fuer die Port-Level-Security. DEC wird Routing nur noch als eine Software- Option und Add-on zum Switch anbieten, die Anwendern kuenftig die Wahl laesst, entweder ueber einen Router oder Switch zu routen.

Retix und Network Systems in der Switching-Arena

Neben DEC und Cisco warteten in Las Vegas auch Retix und Network Systems mit Switching-Ankuendigung zum Thema Virtual Networking auf. Network Systems wird mit dem "Bytex Enterprise LAN Switch" ebenso wie Cisco ein Produkt auf den Markt bringen, das die Verbindung virtueller Arbeitsgruppen mit ATM-Backbones gewaehrleistet. Das Device soll bei Network Systems die Luecke zwischen dem Low-level "Bytex 7700 Switching Hub" und dem "Enterprise Routing Switch" (ERS) schliessen. Der neue Switch realisiert Layer-2-Bridging zwischen Ethernet- und Token-Ring- LANs, waehrend der ERS fuer das Routing ueber WANs sorgt. Der Switch wird in einer fuenf- und einer Neun-Slot-Version im zweiten Quartal 1995 erhaeltlich sein und laut Network Systems 64 Ethernet- und 48 Token-Ring-Anschluesse unterstuetzen.

Letzter im Bunde ist Retix, das auf der N+I seine "Distributed VLAN Architecture" praesentierte. Diese Internetworking-Funktion ist in die Betriebssysteme sowohl des Routers "Routerxchange 7000" als auch des Ethernet-Switch "Switchstak 5000" integriert, um somit verteilte virtuelle Netze erzeugen zu koennen.

Die Liste der Produzenten, die Ethernet-Switching-Komponenten ohne VLAN-Funktionalitaet in Nevada zur Schau stellten, ist lang. Dazu zaehlen unter anderen 3Com, Chipcom, Fibronics, Hughes LAN Systems, Lannet, Networth, Optical Data Systems und Xedia. 3Com zum Beispiel fuegt seiner "Superstack"-Serie, bestehend aus Routern, Hubs und Switches fuer Ethernet, Token Ring und High-speed- Umgebungen, den Ethernet-Switch "Linkswitch 500" mit zehn Ports sowie SNMP-Tools hinzu, der Workgroups und remoten Offices mehr Bandbreite liefern soll.

Ebenfalls ueber SNMP kann der "Onsemble Workgroup Switch" von Chipcom verwaltet werden. Der Ethernet-Switch verfuegt ueber 16 Ports und soll die Segmentierung von Workgroups sowie die Zuweisung von 10-Mbit/s-Links zum Desktop verbessern. Das Produkt beinhaltet ferner Eingaenge fuer 100Base-TX-, 100VG-Anylan- sowie FDDI-Uplink-Module.

14 Ports weist der Ethernet-Switch "XM517" von Fibronics auf, dessen Design laut Hersteller voll auf die Backplane-Architektur des "Gigahub Matrixbus" abgestimmt ist. Das Produkt realisiert den Israelis zufolge Full-Duplex-Ethernet auf allen Slots.

Vom Ethernet-LAN zum FDDI-Backbone

Der Verbindung von Ethernet-Netzen mit FDDI-Backbones soll hingegen der "LSF-100 LANswitch" von Lannet, ebenfalls einem israelischen Hersteller, dienen. Das Modul ist eine Translation- Bridge mit einem Interface zum Cell-Switching-Bus des "Multinet Hub" aus dem Hause Lannet.

Full-Duplex-Ethernet verspricht Hughes LAN Systems mit dem modifizierten "Workgroup Ethernet Switch Model 1700". Das Produkt ist sowohl im 10- als auch im 100-Mbit/s-Port-Modus konfigurierbar und arbeitet im Store- and-forward-Verfahren. Maximal sind 32 Zugaenge mit 10-Mbit/s-Bandbreite belegbar.

Ganz auf FDDI ist der Ethernet-Switch "1094-16EFLF-C" von Optical Data Systems (ODS) ausgerichtet. Das Geraet weist 16 10Base-FL- Ports sowie einen FDDI-Slot auf, der mit jedem der vier FDDI-Pfade in der Backplane verbunden werden kann. Neben der einen FDDI- Verbindung realisiert das Produkt laut ODS vier Ethernet- Connections zur Backplane. Nicht nur auf FDDI, sondern auch auf ATM, 100Base-T4, 100Base-TX oder 100VG Anylan ist wahlweise der High-speed-Port des "Fastpipes Switch" von Networth konfigurierbar. Das Device hat darueber hinaus sechs 10Base-T-Slots mit 10 Mbit/s Kapazitaet implementiert.

Den Reigen der Ethernet-Switch-Companies beschliesst die Xedia Corp. Das Unternehmen hebt sich von der Schar der Hardware- orientierten Produzenten durch einen softwarebasierten Ethernet- Switch mit der Bezeichnung "Madswitch 10/100" ab. Der Vorteil: Software-Upgrades sind laut Xedia leichter als bei entsprechenden Hardwareloesungen durchfuehrbar. Das Produkt unterstuetzt sechs 10- Mbit/s-Links und eine 100Base-TX-Verbindung. 100Base-F- und ATM- Module sind fuer das zweite Halbjahr 1995 angekuendigt.

Waehrend im Bereich des Ethernet-Switching eine wahre Produktflut ueber den Markt hereingebrochen ist, sind entsprechende Entwicklungen im Sektor des Token Ring noch duenn gesaet. Dafuer gibt es zwei Gruende: Erstens stossen 16-Mbit/s-Token-Ring-Netze aufgrund ihrer hoeheren Bandbreite und der hundertprozentigen Durchsatzrate im Vergleich zu Ethernet nicht so schnell an ihre Grenzen - Ethernet erreicht nur eine Nettodurchsatzrate von knapp 6 Mbit/s. Zweitens haben sich die Hersteller aufgrund der geringeren Verbreitung des Token Ring zunaechst auf Ethernet-Switching konzentriert.

Seitens der Anwender wird unterdessen aber auch der Ruf nach dedizierter Bandbreite in Token-Ring-Netzen laut. Marktbeobachter der CIMI Corp. haben aufgrund von Umfragen eine Steigerung des weltweiten Umsatzvolumens von 251 Millionen Dollar in diesem Jahr auf 547 Millionen Dollar im Jahr 1998 errechnet.

Die Produktauswahl wird dem Anwender gegenwaertig noch leicht gemacht. Mit Madge, SMC, Centillion und IBM bieten heute lediglich vier Hersteller Token-Ring-Switches an. Big Blue praesentierte seinen Switch "8272 LAN Streamer" kurz vor der N+I und verspricht dem Anwender einen Full-Duplex-Token-Ring-Durchsatz von 32 Mbit/s je Port. IBM, seit jeher Marktfuehrer im Token-Ring-Geschaeft, hat nach Ansicht der Analysten der Gartner Group aufgrund seiner weltweiten Vertriebskanaele und des Know-hows aus der Kooperation mit Kalpana gute Chancen, auch im Token-Ring-Switching die erste Geige zu spielen.

Ein gewichtiges Wort in diesem Marktsegment wird aber auch Cisco mitsprechen wollen. Zur N+I kuendigte das Unternehmen an, kuenftig den "Smart Ringswitch" von Madge, ein Geraet mit acht Ports, unter dem Namen "Catalyst 1600" zu vermarkten. Ausserdem soll der von Cisco vorgestellte, bereits erwaehnte Switch Catalyst 5000 kuenftig die Ringrunner-Technologie von Madge beinhalten und damit fuer Token-Ring-Switching-Module tauglich sein.

Erfolg in diesem Business verspricht sich auch Bay Networks durch ein Marketing- und Vertriebsabkommen mit Centillion. In einem ersten Schritt plant das Unternehmen die Unterstuetzung von Token- Ring-Switching im Backbone. Dabei soll die Anbindung der bestehenden Shared-Media-Hubs an Centillion-Switches ueber das System 5000 erfolgen.

Auf Eigeninitiative setzt hingegen 3Com, das noch im ersten Halbjahr ein Token-Ring-Switching-Modul fuer den Switch "LANplex 6000" ins Portfolio aufnehmen moechte. Das Produkt wird 3Com zufolge acht Token-Ring-Ports sowie die Anbindung an die FDDI- Backplane realisieren. Ein Token-Ring-Switch fuer die Superstack- Familie ist fuer das zweite Halbjahr 1995 angekuendigt, ein Token- Ring-Modul fuer den Linkbuilder MSH soll 1996 folgen.