Wenig Anschauliches auf der SYSTEMS für Versicherungswirtschaft-Kongreßbesucher:

Hersteller ignorieren Kongreßprogramm

30.10.1981

MÜNCHEN - Mit Kunden aus der Versicherungsbranche wollten die Aussteller heuer auf der SYSTEMS anscheinend nicht ins Geschäft kommen. Und dies, obwohl der Kongreß Versicherungswirtschaft mit 450 Teilnehmern der best besuchte war. Programminteressierte Fachleute fanden selten einen Versicherungs-Software-Spezialisten und Vorführungen fanden meist nur auf Termin statt.

Kongreßbesucher, die mit dem SYSTEMS Katalog bewappnet, sich auf fruchtbare Gespräche mit den angeführten 16 Anbietern von Versicherungswirtschaft freuten, erlebten Überraschungen. So hieß es bei der Philips Data Systems GmbH auf dem Stand, daß es zwar einen Gesprächspartner gebe, der sich über ein bereits in einer Versicherung installiertes System unterhalten könne. Eine Vorführung sei aber nicht möglich, da es einfach zu viele Programme gebe, um sie alle mitnehmen zu können. Schwerpunkte habe Philips deshalb setzen müssen und sie auf mittelständische Anwendungslösungen gelegt.

Schauplatzwechsel zum nächsten der Liste: Deutsche Olivetti GmbH. Ebenfalls eine Niete, denn auch Olivetti hat sich spezialisiert - aber auf Lösungen für die Kreditwirtschaft. Es bestünden zwar Anwendungen in der Versicherungswirtschaft, aber vorgeführt werden könne leider nichts.

Ein etwas besseres Bild zeigten die Mini-Computer Systems (Deutschland) GmbH, Lomac-Computer Vertriebsgesellschaft Bayern mbH und Apex Computer Vertriebs GmbH. Hier waren immerhin Maklerprogramme vorhanden, wenn auch eine Vorführung nur mit Termin stattfinden konnte.

Messe der langen Wege

Ein paar Hallen weiter, die Wege auf der SYSTEMS waren dank nicht einsichtiger Standzuteilungen manches Mal recht weit, hat der Versicherungs-Fachmann Glück: Er entdeckt den NCR-Stand, wo ein Versicherungssoftware-Spezialist am Stand war und auch Vorführungen zeigen konnte. Aber auch die CMC GmbH, Neu-Isenburg, hat auf erstes Anfragen ein Versicherungs-Paket am Stand. Schwierig wurde es allerdings, als man es vorgeführt haben wollte. War wieder mal nur auf Verabredung möglich.

Zufriedene Kongreßbesucher

Mit dem Kongreß Versicherungswirtschaft selbst, zeigten sich die Teilnehmer überwiegend zufrieden. Ein aus Linz angereister Zuhörer meinte beispielsweise, daß er einige Anregungen bekommen habe und jetzt erst sehe, was es noch alles zu tun gebe. Der erste Teil des Seminars, das mit fünf Reden den ganzen Tag in Anspruch nahm, behandelte die Sicherung von EDV-Systemen. Für ein Versicherungsunternehmen, das den Dialog-Verkehr einsetzt oder einsetzen wolle, sei die EDV-Verfügbarkeit so bedeutsam, daß die Unternehmensleitungen sich regelmäßig über Sicherungsmaßnahmen beraten sollten. Aufgabe der DV-Führungskräfte sei es dabei, Risiken darzulegen und Begrenzungsmaßnahmen aufzuzeigen. Daß sich trotz vielfältiger Schutzmaßnahmen Katastrophen im Rechenzentrum nicht ausschließen lassen, wurde am Beispiel eines Großbrandes bei der Bertelsmann AG gezeigt. Dennoch sei es in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller möglich gewesen, bereits 27 Stunden nach Beginn des Brandes erste Produktionsläufe zu starten und nach drei weiteren Stunden hatten ausgewählte Fachabteilungen via Bildschirm wieder Zugriff auf die Maschinen. Eine Woche später sei bereits wieder alles beim alten gewesen. "Die Pflicht des Nötigen und nicht die Kunst des Möglichen" legte Ernst Meissner, Direktor der Allianz Lebensversicherungs-AG-Betriebsorganisation, der DV-Organisatoren ans Herz. In seinem Vortrag über "Integrierte Testverarbeitung in einem umfassenden Informations- und Kommunikationssystem" skizzierte Meissner Informationsströme der Allianz.

Zwei Drittel automatisierte Brieferstellung

Es habe sich gezeigt, daß immer noch 99,1 Prozent der Informationen über die Briefpost abgewickelt werden. Insgesamt werden bei der Allianz dabei die Briefe zu einem Drittel noch konventionell (von Hand, Sekretärin) erstellt und zu zwei Dritteln automatisiert (programmierte Textverarbeitung, Sachbearbeiter mit Zugriff auf Datenbank, interne Aktivität der Datenbank).

Der Anteil der Briefpost wird nach Meinung Meissners aber nach und nach abnehmen und Telex, Telefax und Telefon zunehmend an Bedeutung gewinnen. Bei Teletex sieht Meissner noch Schwierigkeiten, die auf kurze Sicht nicht ausräumbar wären.

EDV für Textverarbeitung wird Meissner zufolge insbesondere bei der Briefpost eingesetzt werden und hier seien dann auch Produktivitätssteigerungen erzielbar.

Mit Erfahrungsberichten von Informationssystemen im Einsatz wurde der Kongreß abgerundet. U??? anderem hätten sich Produktivitätssteigerungen im Innendienst von mehr als drei Prozent ergeben. Zudem seien in den Fachbereichen bereits Fortschritte im Abbau der Arbeitsteiligkeit erzielt worden. Allerdings hätten von Anfang an die involvierten Bereiche am Konzept mitwirken können.