Niklaus Wirth, der Vater von Pascal, läßt im Interview der Woche (Seite 7) bemerkenswerte Einsichten erkennen, wenn er sagt, daß "die Kunden von den Programmierern abhängig sind". Recht hat er - und nochmal recht, wenn er den Softwerkern die Motivation zum Umdenken abspricht. Wirth: "Wenn alle Software-Arbeiten so perfekt gemacht werden müßten, dann würde plötzlich über viele der Inkompetenteren die Arbeitslosigkeit hereinbrechen." Die abschließende Bemerkung zu diesem Punkt läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: "Je schlechter Informatiker und Programmierer arbeiten, um so mehr sichern sie sich ihre Arbeitsplätze." Nur will Wirth damit keine frohe Botschaft unter die Leute bringen. Sein gallenbitteres Fazit: "Irgendwann einmal geht es nicht mehr weiter."
Man muß indes fürchten, daß diese Warnung von der Softwarebranche nicht ernst genommen wird. Eine von Infratest durchgeführte GMD-Studie (Seite 1) hat es für die bundesdeutsche Softwareszene aktenkundig gemacht: Da gibt es, vom Einmannbetrieb bis zur Hundertschaft mit sehr beschränkter Haftung, eine Vielzahl von Softwarehäusern, die in einem symbiotischen Verhältnis mit den Hardware-Herstellern leben, die sich den Anwendern gegenüber auch so darstellen - und die damit (vermeintlich) gut in den Tag hinein leben. Langfriststrategien: Fehlanzeige - es sei denn, man wertete es als Leistungsbeweis, daß etliche DV-Beratungsunternehmen den IBM-Markt (SAA, AD/Cycle etc.) zutreffend als Quasi-Monopol ausgemacht haben. Nur werden dabei, angesichts der schon jetzt sehr starken Konkurrenz durch ausländische Softwarefirmen - und darüber hinaus zunehmend auch durch die Hardware-Hersteller (IBM!) - Überlebensentscheidungen nicht herausspringen.
Dies gilt insbesondere für die nach wie vor offene Frage des Tool-Einsatzes. Bei Niklaus Wirth finden wir auch dafür das passende Wort: "Die neue Technologie wird sich erst durchsetzen, wenn eine Katastrophe passiert." Wirth zum Trotz: Die Katastrophensituation, nennen wir sie "Mainframe-Abhängigkeit", ist längst da. Einige haben es nur noch nicht gemerkt. Die GMD-Studie will ein Defizit an unternehmerischem Denken bei der bundesdeutschen Softwarebranche ausgemacht haben. Wirth spricht im Zusammenhang mit der allgemeinen Softwarekrise von "Inkompetenz": Hier haben wir den Knackpunkt. Damit ist das Rezept vorgegeben: Es geht um die "Qualität", um die Qualifikation der Software-Mitarbeiter, der Informatiker, der Programmierer. Diese gilt es anzugeben. Fragt sich nur wie? Eines ist klar: jedenfalls nicht so, daß weiterhin Vogel-Strauß-Politik gemacht wird.