Interessenten könnten vom Überangebot im High-End-Bereich profitieren:

Harter Preiswettbewerb der 386 PC-Anbieter

01.09.1989

MÜNCHEN (CW) - Einen Preissturz bei 386-Rechnern sagen US-Marktanalysen voraus. Gründe dafür seien die neuen 486-Maschinen, aber auch die Konkurrenz der preisgünstigeren SX-Rechner sowie ein Überangebot an 386-PCs.

Auch in der Bundesrepublik scheint sich das Warten auf ein Nachgeben der Preise bei den PC-Rechnern der gehobenen Leistungsklasse auszuzahlen. IBM hatte bei seinem 16-MHz-Modell PS/2 70F61 bereits eine Reduktion um 1000 Mark vorgenommen, "um den Computer besser in die Produktlinie einzupassen", wie es über das Low-Level-386-Produkt heißt.

Laut Jörg Balser, Pressesprecher für den Bereich PCs bei IBM, sei zwar an einen weiteren Preisnachlaß bei den 386-Rechnern nicht gedacht, aber man schaut natürlich auf die Preissituation am Markt." Mit Hinweis auf die "bekannte Flexibilität bei IBM" Iieß Balser durchblicken, daß von weiteren Preisvorteilen bei 386ern bei längerem Warten ausgegangen werden kann.

Sanyo läßt sein MBC 80 plus-Modell auslaufen und bietet es ab September für einen um 600 Mark niedrigeren Preis an. Eigentlich interessant scheint aber, daß Sanyo zusätzlich zum 20-MHz-Modell des 386-Towers ab November auf ein SX-Modell setzt. SX-Rechner können alle 32-Bit-Softwarefähigkeiten nutzen, verfügen aber intern gegenüber den vollausgebauten 386-Prozessoren lediglich über einen 16-Bit-Datenbus. Dadurch werden l/O-Funktionen verlangsamt.

Auf der anderen Seite kosten solche Systeme mit einem auch unter der Bezeichnung P9 bekannten Prozessor erheblich weniger als ein 386er-Rechner.

Sanyo unterstreicht mit dieser Strategie die Bedeutung, welche der "kleine" 386-Rechner als Konkurrent und Preisdämpfer gegenüber seinem großen und mit 32-Bit-Datenbus ausgerüsteten Bruder besitzt.

In die gleiche Kerbe hauen Dieter Maurer, Produkt Marketing Manager bei der Acer GmbH in Düsseldorf und Richard Fischbach von der Ast Research Deutschland GmbH in Düsseldorf. Beide machen die SX-Rechner verantwortlich für den zunehmenden Preisdruck, der auf die unteren Leistungssegmente bei 386ern ausgeübt wird. "Der SX füllt die Lücke der 386-Rechner mit 16 und 20 MHz", ist denn auch die Begründung für eine mindestens zehnprozentige Preisreduktion in diesem Marktsegment bei Acer, die zur Systems - also ab Oktober - zum Tragen kommen wird. Wulf Büscher von der PR- und Werbeabteilung des Acer-Distributors Cetec, Hamburg, wollte diese relativ moderate Preissenkung zwar nicht kommentieren, verwies aber darauf, daß man bei Acer die Gewinnmargen nicht so hoch ansetze. Deshalb habe man für Preissenkungen auch nicht so viel Luft.

Nach Aussagen Fischbachs liegt das generelle Problem auf dem 386-Markt aber in dessen Produktvielfalt. So werde es für die Hersteller zunehmend unwirtschaftlicher, eine komplette 386-Produktpalette mit Modellen von 16 MHz bis 33 MHz mit dem zugehörigen Support und der notwendigen Logistik aufrechtzuerhalten. Eine Bereinigung der Marktsituation sei deshalb überfällig.

Die Dell Computer GmbH sieht Preisreduktionen vor allem durch die nachrückenden 486-Rechner veranlaßt. Trotz neuester Meldungen über technische Probleme bei diesem Intel-Prozessor, die eine Massenproduktion hinauszögern könnten, nannte Geschäftsführer Michael Peter Ammel als Markteinführungstermin für das 486-Modell von Dell das erste Quartal 1990. Spätestens dann würden auch die Preise für Dells 386-Maschine um bis zu 15 Prozent sinken.

Alle Hersteller werden ihre Preise senken müssen

Nur scheinbar anders sehen Computeranbieter wie Compaq, Olivetti, Tandon und Commodore den nahenden Preiskrieg: Bei Compaq, wo man im Juni 1989 erstmals die 386-Marktführerschaft nach ausgelieferten Rechnern an IBM abtreten mußte, gibt man sich gelassen. Unternehmenssprecher Edmund Hain vertritt die Ansicht, über Preise nicht spekulieren zu müssen. Doch auch hier "beobachtet man den Markt sehr genau". Angesichts der ohnehin hohen Preise des weltweit führenden SX-Rechnerverkäufers könnte durch eine starre Preispolitik der Texaner eine zunehmend unvorteilhaftere Preisdifferenz zu konkurrierenden Anbietern entstehen.

Zudem hat man sich Anfang des Jahres sehr weit mit der Aussage aus dem Fenster gelehnt, zum Herbst - also wohl auf der Comdex - werde man die erste ElSA-Maschine vorstellen. Damit wurden Käufererwartungen geschürt, zumal die Texaner immer wieder die Überlegenheit dieses neuen Buskonzeptes gegenüber dem herkömmlichen AT-Bus propagieren.

Auch bei der Tandon GmbH schielt man auf die Konkurrenz. In den Augen von Geschäftsführer Rudi Arndt sind das IBM und Compaq "Wir haben unsere Preise zwar zum 1. Juli gesenkt und haben vor dem Jahresende keine weiteren Reduktionen im Sinn. Wenn sich bei den Preisen von unseren Konkurrenten IBM und Compaq allerdings etwas Gravierendes ändert, dann gibt es auch von uns Neues zu diesem Thema. "Wer ein Schnäppchen mit Tandon-Hardware machen will, sollte ein Auge auf den mit 16 MHz getakteten 386-Rechner werfen, der zum Jahresende aus dem Programm genommen und durch ein SX-Modell ersetzt werden wird - auch hier also die klare Aussage, daß sich im unteren Leistungsbereich der 386er einiges tun wird.

Die Rein Elektronik GmbH bietet Käufern spätestens nach der Münchner Messe im unteren MHz-Bereich ihrer 386-Rechner große Preisvorteile. "Sie können davon ausgehen, daß wir nach der Messe mit den Preisen runtergehen werden", meint Rüdiger Tilli vom Vertrieb des Nettetaler Unternehmens. Er hält 20 Prozent Preisverfall zwar für übertrieben, konzedierter, daß, wenn es der Markt verlangt, auch diese Vorteile an den Kunden weitergegeben werden würden.

Commodore macht die große Ausnahme. Hier stehen gar Preiserhöhungen ins Haus. Trotzdem glaubt Unternehmenssprecher Dr. Hans-Joachim Wegner, daß durch das ungewöhnliche Verhalten keine Kunden verprellt werden. Commodore-Händlern drohe die Vertragsauflösung, wenn sie versuchen sollten, mit Preisdumping Rechner attraktiver zu machen. "Wer seine Preise senkt, gibt eigentlich nur zu verstehen, daß er Probleme hat und diese nun über den Preis abzuwenden gedenkt," vermutet Wegner.

Laut Wegner ist Commodores Hauptgeschäft ohnehin der PC40 - ein AT. Obwohl es klar postulierte Intel-Politik ist, das 286-Rechnersegment vom Markt zu nehmen, scheint man bei Commodore noch gute Geschäfte mit dem AT-Standard zu machen, der technisch bereits der Vergangenheit angehört.

Auch bei Schneider in Türkheim sind Preiserhöhungen kein Thema. Die Frage, wann mit Preisreduktionen zu rechnen sei, "berühre sie nicht" meinte Sprecherin Martina Schneider.

Glaubt man Theo Lieven vom Billiganbieter Vobis GmbH in Aachen, so sind Preisreduktionen jedoch brandaktuell. Lieven ist der festen Überzeugung, "alle Hersteller, die ihre Preise im 386er Markt noch nicht gesenkt haben, werden dies tun müssen. "Wegen Intels AT-Marktbereinigungsvorstellungen würden 286-Rechner auch zunehmend preisgünstiger. Daraus folgert Lieven, daß auch die übergeordneten Geräte billiger werden, "denn das durchgängige Preisgefüge muß ohne zu große Sprünge erhalten bleiben".

Diese Einschätzung wird auch von Karl-Heinz Raue, Hauptabteilungsleiter im Bereich Bürokommunikation bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg, geteilt. Die GfK hat für den Zeitraum Februar 1988 bis Juli 1989 bei den Preisen für 286-Rechner einen Preisverfall des durchschnittlichen Verkaufspreises des Handels eruiert von 8637 Mark herunter auf 5236 Mark. Im gleichen Zeitraum sind die Preise für 386er aber praktisch unverändert geblieben (12 810/12 733 Mark). Raue: "Hier wird unweigerlich eine Angleichung - also Herabsetzung der 386-Preise - erfolgen müssen."

Für den Vobis-Geschäftsführer - des Handelsbetriebs mit den meisten verkauften PCs in der Bundesrepublik - ist klar, wer der Gewinner des Preispokers sein wird: der geduldige Kunde und Anwender.