Software-Umgebung für neue Rechnermodelle angekündigt

Hardseller NCR will massiv ins Softwaregeschäft einsteigen

19.10.1990

MÜNCHEN (qua) - Jetzt will es NCR offenbar wissen! Noch hat die Branche die Ankündigung der Rechnerserie "System 3000" nicht verdaut, da setzt der Hersteller aus Dayton/Ohio noch einen drauf: Eine Software-Umgebung mit der Bezeichnung "Cooperation" soll dem traditionell Hardware-orientierten Unternehmen den Zugang zum lukrativeren Softwaregeschäft ebnen.

Wie Manfred Köhler, Direktor Produkt-Marketing der NCR GmbH in Augsburg, erläutert, stecken die Anwender proprietärer, Mainframe-orientierter Systeme in einer "Sackgasse Investitionsschutz"; dieses Problem sei die Ursache "unvertretbarer" Entwicklungs- und Maintenance-Kosten. Die Client-Server-Architektur des NCR-Konzeptes "Open Cooperative Computing" (OCC) biete hier einen Ausweg.

Laut offizieller Presseinformation sind die Softwareprodukte der Cooperation-Familie darauf ausgelegt, vorhandene Anwendungen sowie Rechner unterschiedlicher Hersteller in einem unternehmensweiten Netz zu koppeln. Die Integration bestehender Applikationen sei Aufgabe einer speziellen Softwarekomponente; darüber hinaus ließen sich prozedural erstellte Programme als Objekte einkapseln und für den Anwender transparent aufrufen.

Mit dem Begriff "Objektorientierung" schmückt sich mittlerweile jeder Hersteller, der etwas auf sich hält. NCR macht hier keine Ausnahme. Für Verwirrung sorgt allerdings die Tatsache, daß der Hersteller dieselbe Vokabel wählt, um seine auf Hewlett-Packards "New Wave" basierende grafische Benutzeroberfläche zu beschreiben.

Neben Werkzeugen für die Anwendungsentwicklung und einem modernen User-Interface wird NCR auch Softwareprodukte für die Bürokommunikation anbieten, Laut Herstellerinformationen läuft die gesamte Software auf Intel-Plattformen unter den Betriebssystemen MS-DOS, PS/2 und Unix V, Release 4. Erste Installationen sind für den März 1991 geplant.

Mit Hilfe seiner neuen Software-Umgebung will der bislang eher in kleinen und mittleren Betrieben heimische Anbieter auch mit den Großunternehmen ins Geschäft kommen. Dem Mitbewerber sowie potentiellen OEM-Partnern sollen die Produkte ebenfalls angeboten werden. Auch den Beratungsmarkt und das Projektgeschäft visiert der Hersteller langfristig an. Um hier erfolgreich zu sein, bedarf es einer drastischen Änderung der Mitarbeiterstruktur: Bislang sind von den rund 3000 deutschen NCR-Mitarbeitern lediglich 200 im Softwarebereich tätig.