Handicap: Fehlende Software-Integration US-Softwerker verbuenden sich gegen SAP-Legionaere

21.10.1994

FRAMINGHAM (IDG) - Nachdem die Walldorfer SAP AG den deutschen Markt fuer betriebswirtschaftliche Anwendungssoftware weitgehend im Griff hat, strebt sie in den USA eine aehnlich dominante Position an. Allerdings ist der Widerstand in der Neuen Welt groesser: Softwarehaeuser gruenden dort Allianzen, um den Spezialisten ein gleichwertiges Angebot entgegensetzen zu koennen.

Die Platinum Software Corp. teilte vor wenigen Tagen einigen hundert Kunden mit, man arbeite mit mehreren Client-Server- Spezialisten, darunter die Sybase Inc., zusammen, um ein Anwendungspaket auf den Markt zu bringen. Die Begruendung enthielt einen deutlichen Seitenhieb gegen marktdominierende Haeuser wie SAP oder Oracle: "Kunden erhalten eine Auswahl der besten Produkte und muessen nicht mehr ein grosses Paket mit saemtlichen, oft mittelmaessigen Produkten eines einzigen Herstellers waehlen."

Aehnliche Plaene verfolgt zur Zeit die Coda Inc. mit US-Sitz in Manchester, New Hampshire. Der Spezialist fuer Rechnungswesen- Produkte verhandelt mit namhaften DV-Firmen ueber die gemeinsame Herausgabe eines Anwendungspakets. Coda befindet sich angeblich im Gespraech mit der Microsoft Corp., deren Object-Linking-and- Embedding-(OLE-)Technik als Integrationsstandard genutzt werden soll. Ausserdem ist Coda offenbar zur Kooperation mit Andersen Consulting und der Cincom Systems Inc. entschlossen.

Auch die Avalon Software Inc. will eigenen Angaben zufolge mit anderen Herstellern ein Anwendungspaket anzubieten.

Das Unternehmen mag zwar die potentiellen Partner noch nicht nennen, teilt jedoch mit, man werde gemeinsam mit anderen Haeusern ein "Enterprise model" erarbeiten, auf dessen Basis die Alliierten ihre Produkte zu einem Gesamtpaket zusammenfuegen koennten.

Ob die Versuche, den Marktfuehrern Paroli zu bieten, gelingen werden, ist umstritten. Viele Analysten sind jedoch optimistisch. Die Integration von Einzelpaketen sei bei entsprechendem Programmieraufwand machbar, sofern sich alle Beteiligten an zuvor festgelegte Standards - etwa die OLE-Technik von Microsoft - hielten. Zwar werde der in SAPs proprietaerer R/3-Software realisierte Integrationsgrad wohl nicht erreicht, dafuer aber sei von Vorteil, dass es sich bei den Einzelkomponenten der Alternativpakete jeweils um hochspezialisierte Produkte von guter Qualitaet handle.

Bevor die verschiedenen Anbieterallianzen entsprechende Pakete praesentieren, muessen die Hersteller jedoch noch einige Hausaufgaben machen. Interoperabilitaetsprobleme duerften nicht nur beim Datenaustausch, sondern auch wegen der unterschiedlichen Anwendungsdesigns und -architekturen entstehen. Entscheidend wird schliesslich auch die Frage sein, ob die Allianzen langfristig halten: "Sobald der erste Zehn-Millionen-Dollar-Auftrag unter Dach und Fach ist, werden die Kooperationen scheitern", meint ein Kritiker. Jeder werde am Ende versuchen, sich das groesste Stueck vom Softwarekuchen abzuschneiden.

Eine Sprecherin der SAP Inc. in den Vereinigten Staaten zeigte sich wenig beeindruckt von den Versuchen der Wettbewerber, Anschluss zu gewinnen.