Für Hardware- und Telecom-Anbieter noch immer wichtige Leitmesse

Große Softwarehersteller kehren der CeBIT den Rücken

21.12.2001
MÜNCHEN (mo) - Auch CRM-Weltmarktführer Siebel Systems und der ERP-Anbieter J. D. Edwards (JDE) werden im nächsten Jahr nicht an der CeBIT teilnehmen. Die Hardware- und Telecom-Anbieter halten dagegen an ihrem Messeengagement fest.

Mit Siebel und JDE streichen nach Oracle und Computer Associates weitere bedeutende Softwareunternehmen ihren Auftritt in Hannover. Siebel wird auf der Top-500-Liste des "Software Magazin" mit 1,7 Milliarden Dollar Umsatz weltweit im Kalenderjahr 2000 an sechster Stelle der reinen Softwarehersteller geführt. J. D. Edwards gehört mit rund einer Milliarde Dollar Umsatz weltweit zu den führenden ERP-Herstellern. Gegenüber der COMPUTERWOCHE hatte eine Sprecherin des Veranstalters Deutsche Messe AG noch vor zwei Wochen behauptet, außer von Oracle und Computer Associates habe man von keinen großen IT-Anbietern Signale erhalten, dass sie der CeBIT fernbleiben wollten.

Auch andere Unternehmen stellen im kommenden Jahr nicht aus oder überlegen dies zumindest. So will der Linux-Anbieter Red Hat, wenn überhaupt, dann nur mit einem Partner nach Hannover kommen. Der Hardwarehersteller SGI, im vergangenen Jahr noch mit einem großen Stand in Halle 21 vertreten, steht bislang ebenfalls noch nicht auf der Teilnehmerliste.

SGI stellt damit aber die Ausnahme dar. Die großen Hardwareanbieter wie IBM, Hewlett-Packard, Compaq, Fujitsu-Siemens und der Speicherhersteller EMC halten an ihrem Auftritt fest. In der Regel wird die Standfläche des Vorjahrs beibehalten oder sogar erweitert. Selbst Sun, das schwer unter der IT-Krise leidet, verzichtet nicht ganz auf die Messe, sondern reduziert nur die Standfläche. Das Unternehmen zieht sich im kommenden Jahr in Halle 1 zurück.

Auch die Telecom-Unternehmen sind weiterhin stark engagiert. Deutsche Telekom, Vodafone, Nortel und Lucent behalten ihre Standflächen bei oder weiten sie sogar aus. Die CeBIT sei noch immer die Messe, wo man seine Kunden treffe, argumentiert eine Sprecherin von Nortel, es wäre daher ein Fehler, nicht nach Hannover zu gehen.

Dagegen reduzieren kleine und mittelständische Unternehmen ihr Engagement. Wendelin Abresch, Geschäftsführer der Marketing-Agentur Val-U Marketing GmbH, berichtet, dass seine Gemeinschaftsausstellung World of Solutions in Halle 6 die Standfläche des Vorjahres zwar erreichen wird, einige Unternehmen jedoch aufgrund knapper Budgets Standflächen reduzieren. Um selbst kleinsten Unternehmen eine Beteiligung zu ermöglichen, bietet Val-U erstmals auch preisgünstige Demopunkte an.

Doch selbst auf Demopunkte bei Partnern will JDE verzichten. Ein Unternehmenssprecher begründet die Komplettabsage damit, dass andere Marketing-Maßnahmen effizienter und die Auftragsbücher voll seien.

Siebel will sich ebenfalls auf andere Marketing-Aktionen, vor allem seine Hausmesse, konzentrieren. Allerdings hat das Unternehmen auch mit finanziellen Problemen zu kämpfen.

Kommentar: CeBIT hat Chance vertanDass große Softwarehersteller sich von der CeBIT zurückziehen, wird weder ihnen noch der Messe gut tun. Die CeBIT wird darum kämpfen müssen, ihren Anspruch als Leitmesse für den gesamten IT-Bereich weiterhin einzulösen. Doch auch Oracle, Computer Associates, J. D. Edwards und Siebel kommen in Erklärungsnot. Obwohl strategische Gründe vorgeschoben werden, ist offensichtlich, dass Kostenüberlegungen bei den Absagen eine wesentliche Rolle spielen. Doch auf Dauer können auch die Marktführer Neukunden nicht allein mit ihren Hausmessen gewinnen. Und selbst wenn sie ihre wichtigen Abschlüsse nicht in Hannover einleiten - für die Sichtbarkeit hat ihre Präsenz dort eine Menge geleistet.

Die Argumente der Business-to-Business-Anbieter lassen sich aber nicht von der Hand weisen: Zu viel Consumer-Publikum und zu hohe Kosten für die Interessenten-Gewinnung machen das Frühjahrstreffen der Branche für Aussteller, die sich auf mittelständische und große Unternehmen konzentrieren, unattraktiv. Hier hat die CeBIT es versäumt, mit der Neuorganisation des Messegeländes auch das Ausstellungskonzept grundlegend zu ändern.

Eine Trennung von End- und Geschäftskunden hätte den Argumenten der Softwareanbieter den Boden entzogen. Diese Faulheit kommt die Veranstalter nun teuer zu stehen.Martin Ottomeier