Moderner Vertrieb von PC-Programmen

Großanwender in den USA wollen elektronischen Softwarevertrieb

10.07.1992

FRAMINGHAM (IDG) - Die heutige Art der Software-Distribution im PC-Bereich erscheint inzwischen vielen großen Anwendern, die nicht selten mehrere hundert oder tausend Lizenzen des gleichen Produktes erwerben, nicht mehr zeitgemäß. Sie sind es leid, diese Pakete für jeden PC einzeln zu installieren und exakt darüber Buch zu führen, wie oft ein bestimmtes Programm in ihrem Unternehmen eingesetzt wird.

Für äußerst ineffektiv hält Gene Friedman, Vice-President Neue Technologien bei der Chase Manhattan Bank, die heutige Art der Softwaredistribution - "als wenn 20 000 Kopien eines Programms von einem Mann per Fahrrad verteilt würden". Verbesserungen seien überfällig: "Die immer größere Verbreitung von Desktop-Computing und LANs macht die Fähigkeit, neue Software und Updates rationeller zu verbreiten, immer wichtiger." Elektronische Distribution, sei es vom Lieferanten zum Kunden oder von der DV-Abteilung zum Endanwender, sei Teil des generellen Problems, vorhandene PC-Software zu lokalisieren und zu managen. Diese Software hat sich laut Friedman in vielen Unternehmen angehäuft und überschreite im Wert nicht selten die Millionen-Dollar-Grenze.

Mit zentraler Kontrolle und Überwachung der elektronischen Softwareverteilung hofft der Technologie-Experte, könne sein Unternehmen dem Alptraum entrinnen, den Wust an Installationen und Lizenzen ständig verfolgen zu müssen. Zur Zeit übliche Methoden der Verteilung reichten vom "Turnschuh-Netz" - jemand läuft herum und steckt Disketten in die entsprechenden Rechner - bis hin zu internen Mechanismen, die es erlauben, Software durch Mainframes und über WANs zu verteilen. Jede Methode sei sehr arbeitsintensiv.

Auch Software-Hersteller und Händler suchen neue Vertriebsformen, die ihnen das Verschicken und die Lizenzkontrolle erleichtern .

Einige, darunter IBM, Lotus sowie Microsoft haben Pläne zur Entwicklung eines Application Programming Interface (API) angekündigt, das eine einfache Lizenzverfolgung erlauben und -verletzungen verhindern soll.

"Software per Ochsenkarren"

Andere Probleme müssen die Anwender bewältigen: Sie haben Schwierigkeiten, den Überblick darüber zu behalten, was im Unternehmen installiert ist. George Oliver, Manager für IT-Beschaffung der Royal Bank of Canada, geht es beispielsweise darum, wie er ein Programm in die Tausende von ihm betreuten Workstations bekommt, ohne die Copyright-Gesetze zu verletzen: "Software kann meinetwegen per Ochsenkarren geliefert werden, solange sie überhaupt ankommt und funktioniert."

Wahrscheinlich wird dieses Problem demnächst gelöst. Von Lotus wird für Herbst dieses Jahres eine Notes-Applikation namens "Lynx" erwartet, die die Verteilung und Überwachung der Anzahl der Lizenzen erleichtern soll. Außerdem will das neugegründete Unternehmen Infonow Corp. mit Sitz in Boulder, Colorado, noch in diesem Quartal einen speziellen Kauf- und Management-Service für Software anbieten Die Kunden werden mit einem CD-ROM-Laufwerk, einer Windowsbasierten Suchsoftware und monatlich mit einer CD-ROM versorgt, die Evaluation-Software enthält.

Mehrere Unternehmen bieten seit einiger Zeit elektronische Distribution an. Annatek System Inc., ein Unternehmen, das Novell zu kaufen plant, bietet mit Network Navigator ein Produkt an, das es Anwendern erlaubt, Software über den Host, Server, Netzwerke und Wahlleitungen zu verteilen. Inzwischen hat auch Software Spectrum aus Garland, Texas, "Diamond" angekündigt, das PC-Software über Mainframes oder LANs verteilen kann.

Softwarehändler suchen ebenfalls nach besseren Wegen um ihre Kunden zu versorgen Sie treffen für den Anwender die Lizenzvereinbarungen mit dem Hersteller und melden, wie oft die Programme beim Kunden eingesetzt werden.

Sharon Stoffolano, Manager für Customer Systems bei der Corporate Software Inc. in Canton, Massachusetts, berichtet, sie habe mit über 150 Anwendern gesprochen, um herauszubekommen, welche Art der äußeren und inneren Verteilung ihren Bedürfnissen entsprechen wurde: "Sie haben erkannt, daß die meisten Kosten für PC-Hardware und Software erst nach dem Kauf entstehen. Unternehmen wissen inzwischen, daß sie mit Software wie mit anderem Firmen-Vermögen umgehen müssen."