Tarifgeflecht im Netz der Netze

"Graumarkt-Tickets" der ISPs sind nur selten ihr Geld wert

18.07.1997

Für 9,99 Mark rund um die Uhr im Internet surfen - die kostengünstigen Tarife mancher ISPs wie etwa Metronet klingen verlockend. Doch was auf den ersten Blick als lukratives Angebot anmutet, erweist sich bei intensiverer Betrachtung - pardon, Benutzung - allzuoft als Zitronenkauf.

Für Chaos sorgen vor allem die kaum vergleichbaren Abrechnungsmethoden der einzelnen Provider: Neben monatlichen Pauschaltarifen existieren Tarife nach Bandbreite, Download-Volumen oder Zeittakt. Auch Kombinationen dieser Tarifkonzepte sind keine Seltenheit. Ebenso sollte der Anwender überlegen, ob Analog- oder ISDN-Zugang für ihn günstiger ist.

Die Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Tarif hängt stark von den Anforderungen des Kunden ab. Download-abhängige Internet-Verträge haben den Vorteil, daß bei geringer Nutzung auch niedrige Kosten anfallen, da nur die tatsächlich übertragenen MB berechnet werden. Diese Abrechnungsart eignet sich vor allem für Unternehmen, die zumindest eine vage Vorstellung von dem geplanten Übertragungsvolumen besitzen.

Anbieter von Pauschaltarifen locken hingegen häufig mit Dumpingpreisen. Zwar beschränken bei dieser Methode keine MB-Begrenzungen oder Zeittakte den Surfspaß. Die Provider solcher "Graumarkt-Tickets" stellen jedoch häufig Netze mit geringer Kapazität und routen Anwender nicht selten über unzählige Zwischenstops zum Zielrechner - Umstände, die angesichts des Telekom-Gebührentakts für saftige Rechnungen sorgen können.

Elementar für jeden Surfer - ob Pauschal- oder Volumen-Konsument - ist deshalb ein Point-of-Presence-(PoP-)Zugang zum Ortstarif. Trotz relativ günstiger Monatspreise entwickelt sich das Einwählen zum nächsten Knotenpunkt nämlich zum doppelt und dreifach teuren Vergnügen, wenn die Telekom statt Ortsgebühren den Ferntarif berechnet. Fazit: Die Entscheidung für einen auf den ersten Blick teureren ISP lohnt sich dann, wenn man seine Dienste flächendeckend zum Ortstarif in Anspruch nehmen kann, - umgekehrt rentiert sich die Nutzung eines "Billiganbieters" nur, wenn ein örtlicher Zugangsknoten vorhanden und eine ausreichende Netzkapazität gewährleistet ist.

Wichtig für die geschäftliche Nutzung des Internet-Zugangs ist darüber hinaus die Option, sich an unterschiedlichen Einwählpunkten mit eigenem Account wie Login und Paßwort einzuloggen. Diverse, zumeist professionelle Anbieter wie Eunet bieten dazu ein sogenanntes Roaming-Verfahren, das es reisenden Mitgliedern erlaubt, sich mit Laptop deutschlandweit oder sogar rund um den Globus bei nächstgelegenen PoPs anzumelden. Die Entscheidung pro oder kontra ISP hängt also von zahlreichen Faktoren ab. Auf den Seiten 24 bis 26 soll die Qual der Wahl erleichtert werden.

K.o.-Kriterium?

Der Faktor E-Mail spielt bei der Wahl des ISPs oft eine tragende Rolle. Anwender, die lediglich E-Mails lesen und verschicken möchten, können getrost auf die Angebote der Pauschalanbieter zurückgreifen. In diesen Fällen spielt die Kapazität und Geschwindigkeit des Provider-Backbones nur eine nebensächliche Rolle. Wichtiger ist hingegen die Unterstützung der E-Mail-Protokolle POP 3 und SMTP. Weder AOL noch Compuserve bieten bislang einen Support für diese Mail-Standards. Auch Microsoft scheut sich bis dato vor der Implementierung von Post Office Protocol 3 (POP 3) und Simple Mail Transfer Protocol (SMTP). Zwar hatte die Gates-Company bereits vor etlichen Monaten die Unterstützung der Standards versprochen; bis heute müssen Kunden im Microsoft Network (MSN) jedoch auf das proprietäre hauseigene Produkt Exchange zurückgreifen, um Mails empfangen beziehungsweise verschicken zu können. Der Support für POP 3 und SMTP in MSN ist laut Microsoft für Ende 1997 vorgesehen.