Zwei Printshops nach US-Muster in der Sowjet-Metropole:

Glasnost läßt für Apple den Rubel rollen

30.09.1988

MOSKAU/TUSCON (IDG) - Von der publizistischen und wirtschaftlichen Öffnung in der Sowjetunion profitiert jetzt - wenn auch zunächst bescheiden - sogar die amerikanische DV-Industrie. In zwei Filialen der US-Kette Alpha Graphics können die Moskowiter bald mit Laserprinter ihre Texte drucken und den "Mac" kaufen.

Zwar versichert Michail Wolodarski, persönlicher Referent des Vorsitzenden des Staatskomitees für das Druck- und Verlagswesen ("Goskomizdat"), der Zugang zu den Läden sei keineswegs bestimmten Personenkreisen vorbehalten. Doch mit einem Massenansturm auf ihre Printshops rechnen die Manager des in Moskau beteiligten Alpha-Graphics-Franchisepartners, der kanadischen Phargo Management and Consulting Ltd., vorerst nicht - Pamphlete lassen sich mittels herkömmlicher Techniken wie des Matrizen-Hektographierens billiger herstellen. Vielmehr hoffen die Amerikaner, die dem Goskomizdat-eigenen Verlag "Kniga" eine 51prozentige Mehrheit an dem Joint-venture überlassen mußten, auf Aufträge von Niederlassungen westlicher Firmen - und nicht zuletzt von Dienststellen der sowjetischen Regierung.

Seine Hoffnungen setzt Phargo-Chef Geoffrey Carr-Harris freilich in die Industrie-Kunden. Mindestens eine Million Dollar soll das Geschäft mit der Import-Export-Klientel im Anfangsjahr 1989 einbringen. Mit sowjetischen Kunden, die Behörden eingerechnet, will die west-östliche Firma nur 25 bis 30 Prozent des Umsatzes tätigen - in Rubel. Mit diesem Geld sollen in Rußland anfallende Kosten gedeckt werden. Die Gewinne hingegen muß das Dollar-Geschäft abwerfen, denn noch ist die Sowjet-Währung ja nicht vergleichbar mit frei konvertierbaren westlichen Valuten.

Zum Dienstleistungsangebot der Moskauer Desktop-Publizisten gehört nicht nur das Ausdrucken von selbsterstellten Texten auf dem Laserprinter. Als besonders einträglichen Service offeriert das Unternehmen, an dem die staatliche Goskomizdat kräftig mitverdienen will, die elektronische Dokumentenübertragung ins (und aus dem) Ausland, eine Art High-end-Telefax: Um die zeitraubende Zollkontrolle gedruckter Dokumente zu umgehen, übermittelt Alpha Graphics die Unterlagen seitenweise zwischen einer amerikanischen oder britischen Filiale und der Moskauer Dependance; ausgegeben werden sie als Hardcopy über einen Laserbelichter.

Für Carr-Harris, der den Schritt auf den sowjetischen Markt nur wenige Wochen nach dem Erscheinen des ersten westlichen Computermagazins in der UdSSR wagte (die IDG-Zeitschrift "PC World" hat jetzt eine russische Lizenzausgabe), ist auch das Hardwaregeschäft eine vielversprechende Sache: "Heute gibt hier IBM den Ton an. Aber wir sind überzeugt, daß der Mac in der Sowjetunion einen Markt hat. "

Mac-Software in kyrillischen Lettern hat Phargos Franchisegeber Alpha Graphics schon bereitgestellt. Und - sicherheitshalber - ist dafür gesorgt, daß die Apple-Rechner in den beiden Moskauer Läden auch die Disketten aus dem IBM-PC verdauen.