Restrukturierung führt zu weiterem Stellenabbau

GFT Technologies sucht Wege aus der Krise

23.05.2003
MÜNCHEN (wh) - GFT Technologies, einer der wenigen Überlebenden des Dotcom-Sterbens, rutscht immer tiefer in die roten Zahlen. Vorstandschef Ulrich Dietz muss die Abhängigkeit des IT-Dienstleisters von der Finanzbranche reduzieren und die Kosten in den Griff bekommen. Am Standort Eschborn laufen Sozialplanverhandlungen.

Als sich die Aktienkurse vieler Softwareschmieden am Neuen Markt schon im freien Fall befanden, durfte sich GFT noch über vergleichsweise gute Zahlen freuen. Das Unternehmen mit Hauptsitz im Schwarzwaldort St. Georgen galt als solide geführt und hatte vor allem eins: den Großkunden Deutsche Bank, der im Jahr 2001 mit Umsatzzusagen in dreistelliger Millionenhöhe eine Art Lebensversicherung für den E-Business-Spezialisten abgegeben zu haben schien. Hintergrund war die Übernahme der Deutsche-Bank-Tochter Emagine durch GFT; der Finanzkonzern beteiligte sich im Gegenzug mit 25 Prozent an GFT.

Doch die Zusammenarbeit mit den Bankern erwies sich als schwierig. Bereits im ersten Geschäftsquartal 2002 erreichten die Schwarzwälder ihre Finanzziele nicht. Grund: Die Deutsche Bank habe ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem Projektgeschäft nicht eingehalten. Im ersten Quartal 2003 kaufte sich das Frankfurter Geldinstitut mit vergleichsweise geringen Summen von sämtlichen Verpflichtungen frei. GFT schrieb in den ersten drei Monaten des Jahres einen Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von sechs Millionen Euro. Unter dem Strich blieb ein Fehlbetrag von 4,3 Millionen Euro. Der Umsatz ging im Vergleich zum Vorjahresquartal von 39,8 Millionen auf 33,9 Millionen Euro zurück.

Mit 20,1 Millionen Euro steuerte die Deutsche Bank allein 58 Prozent zu den Quartalseinnahmen bei. Weitere neun Prozent (3,1 Millionen Euro) entfielen auf den zweiten Großkunden, die Deutsche Post. Wie unausgewogen die Umsatzstruktur ist, zeigen weitere Kennzahlen: Rund 75 Prozent der Einnahmen erwirtschaftet GFT im krisengeschüttelten Finanzdienstleistungssektor, fast 80 Prozent stammen aus dem deutschen Markt.

"Diese enge Sicht auf eine Branche ist eines der größten Probleme der GFT", konstatiert Andreas Burau, Director Consultant bei der Meta Group Deutschland. Verschärft werde die Lage noch durch die starke Ausrichtung auf das Beratungs- und Softwareentwicklungsgeschäft, andere Segmente wie Application-Management seien dagegen nur schwach ausgeprägt. Burau: "Genau in dem Markt, in dem sich GFT bewegt, herrscht derzeit die größte Krise."

GFT-Vorstandschef Ulrich Dietz räumte im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE Defizite ein. "Natürlich muss GFT die Kundenbasis verbreitern", so der Firmengründer. "In einer Rezession, in der sich Deutschland befindet, ist das nicht ganz so einfach, aber es gelingt uns sukzessive."

Um die Umsatz- und Margenrückgänge zu kompensieren, fährt Dietz einen harten Sparkurs. Produktionsstandorte in Deutschland will er zusammenlegen, die teure Softwarentwicklung soll verstärkt an den Standorten in Spanien und Ungarn erledigt werden. Medienberichte, denen zufolge der für den Finanzplatz Frankfurt wichtige Standort Eschborn aufgegeben werden soll, dementiert der Manager: "Es wird keine einzige Niederlassung geschlossen." Alle Vertriebsstandorte, darunter Hamburg, Berlin, München und Dortmund, würden weitergeführt. Allerdings konzentriere GFT die Softwareentwicklung in Stuttgart und im thüringischen Illmenau.

Für die Softwareexperten an den betroffenen Standorten ist das keine gute Nachricht. Sie müssen entweder umziehen, pendeln oder das Unternehmen verlassen, erklärt der Firmenchef unumwunden. Besonders hart trifft es die rund 180 Mitarbeiter in Eschborn. Rund ein Drittel davon ist laut Dietz ausschließlich in der Softwareentwicklung tätig. Der Betriebsrat verhandelt derzeit einen Sozialplan mit der Geschäftsleitung. Seit dem ersten Quartal 2002 hat GFT die Mitarbeiterzahl von 1270 auf 1029 gesenkt (Stand: 31. März 2003). Bis zum Jahresende rechnet Dietz mit einer Personalstärke "um die 1000".

Dass die Restrukturierung entgegen offiziellen Verlautbarungen nicht reibungslos funktioniert, belegen Veränderungen im Topmanagement des Unternehmens. Nur einen Tag vor Veröffentlichung der Quartalsergebnisse gab GFT das Ausscheiden von Chief Operating Officer Thomas Gumsheimer bekannt. Als Vorstandsmitglied zeichnete er für das Bankengeschäft und damit auch für den Großkunden Deutsche Bank verantwortlich. Im Juli 2002 hatte schon sein Vorgänger Roland Härtner das Unternehmen verlassen - die mühsame Zusammenarbeit mit der Großbank soll dabei ausschlaggebend gewesen sein, berichteten unternehmensnahe Quellen.

Mit der Restrukturierung sieht Dietz sein Unternehmen jedenfalls "klasse aufgestellt". Er hofft, in den letzten beiden Geschäftsquartalen 2003 wieder die Gewinnschwelle zu erreichen. Bis dahin schlügen sich die Personalmaßnahmen positiv in der Bilanz nieder. Neben der Verlagerung von Produktionskapazitäten ins europäische Ausland plant der Unternehmer auf mittlere Sicht auch Partnerschaften in China und Indien (Offshore-Programmierung). Mit konkreten Vereinbarungen sei im Lauf des Jahres 2004 zu rechnen.