Gewinnen durch professionelle Analyse der Leasingkonditionen Die Stunde der Wahrheit schlaegt spaetestens beim "Herauskaufen"

09.12.1994

Von Dieter Wittner*

Wer nicht in die Kostenfalle vermeintlich besonders guenstiger Hersteller-Leasingvertraege tappen will, sollte seine Schulaufgaben machen: Er muss die Unterschiede zwischen klassischem Bank- Hersteller-Leasing, Operating-Leasing sowie der Eigenkapitalfinanzierung herauskristallisieren, um die branchenueblichen Leasingangebote wirklich transparent zu machen.

Wem ist das nicht auch schon passiert? Die Kauf-Leasingkonditionen fuer ein fabrikneues IBM/PCM-System wurden von den Herstellern und von unabhaengigen Computer-Leasingfirmen eingeholt und ausgewertet. Das Ergebnis: IBM-Leasing schneidet am besten ab. Die Zauberformel? Ganz einfach: ein "unschlagbar" guenstiges Paketangebot mit einer Laufzeit von 48 Monaten. Mit einem "nondisclosure letter" verpflichtet man sich dann, Stillschweigen ueber die ausgehandelten Konditionen zu wahren. Man ist zufrieden - denn Zahlen sprechen ja fuer sich. Die Genehmigung der Geschaeftsleitung wird eingeholt, der Auftrag erteilt, das System geliefert und betriebsbereit installiert.

Schon bald wieder Engpassprobleme

Doch bereits nach einer relativ kurzen Nutzungsdauer - erfahrungsgemaess zwischen dem 19. und dem 27. Monat - steht man wieder vor dem gleichen Engpassproblem. Was nun? Zum Glueck laesst sich das ausgewaehlte System aufruesten. Natuerlich unterbreitet der Hersteller fuer das gewuenschte Folgesystem sofort ein neues Leasingangebot.

Doch im Vergleich zum Marktpreis fuer das neue Zielsystem sind die Gesamtkosten fuer die Basis- und Folgeloesung fuer den noch unerfahrenen IBM-Leasingkunden unerklaerlich hoeher. Des Raetsels Loesung: Mit der Vertragsaenderung wird automatisch eine vorzeitige und kostenintensive Vollamortisation fuer das Basissystem ausgeloest und mit dem jetzt nur maessig rabattierten Folgesystem entsprechend verrechnet.

Denn die anfangs scheinbar attraktiven Konditionen waren doch nur ein Marketing-Trick und der Koeder zur Kundenbindung, spaeteren Gewinnmaximierung und Ausschaltung des Mitbewerbs. Es stimmt nachdenklich, dass diese Tatsache aus Unkenntnis gar nicht oder aus Bequemlichkeit noch zuwenig beachtet wird. Bequemlichkeit war noch selten ein guter Ratgeber. Man sollte deshalb nicht leichtfertig darauf bauen, dass schon alles klappen wird. Auch in der EDV gilt: Vorbeugen ist besser als heilen.

Selten ist das Big-Blue-Leasingangebot fuer den Anwender so undurchsichtig gewesen wie zur Zeit. Wann rentiert sich das Hersteller-Leasingangebot fuer den Anwender denn ueberhaupt noch, wenn die Leasingrate von IBM im Vergleich zu einem Mitbewerbsangebot von 596 317 Mark, gerade einmal 501 000 Mark betraegt? Eins zu null also fuer Big Blue? Wenn die Rechnung so einfach waere, dann sicherlich. Die IBM-Konditionen rechnen sich nur dann, wenn die Laufzeit nicht laenger als 36 Monate betraegt, in diesem Zeitraum keine vergleichbaren Systeme mit einem spuerbar verbesserten Preis-Leistungs-Verhaeltnis zu erwarten sind, das System unveraendert im Einsatz bleibt und am Vertragsende taggenau wieder zurueckgegeben wird. Diese Voraussetzungen sind allerdings recht selten gegeben und praxisfremd.

Welcher IT-Manager wuerde dafuer seine Hand ins Feuer legen? Wer profitiert mehr davon, wenn man beispielsweise eine kostenlose Wartung fuer 48 Monate nur in Verbindung mit Herstellerleasing erhaelt, der Preisverfall des Systems in diesem Zeitraum aber wesentlich gravierender ist?

Kann denn eine solche Preispolitik und Herstellerstrategie gleichzeitig auch im Interesse des Anwenders liegen? Wohl kaum. Wer moechte sich schon freiwillig fuer mehr als 36 Monate vom Marktgeschehen verabschieden, auf die Chancen verzichten, im Interesse des eigenen Unternehmens eventuell ein kostenguenstigeres Mitbewerbsangebot anzunehmen?

Die Loesung: Der Markt bietet heute innerhalb dieser Zeitspanne garantiert neue und bessere Systemalternativen, um die Kosten mit einer geschickten Stufenplanung in Grenzen zu halten. Der kostenbewusste IT-Manager braucht eine in jeder Beziehung effiziente Gegenstrategie und ein umfangreiches Know-how im kaufmaennischen beziehungsweise finanztechnischen Bereich - heute mehr denn je -, damit er die Bedeutung der Herstellerleasingangebote erkennt und die Wirksamkeit der Vertragsvereinbarungen versteht, wenn bei vorzeitigen Systemaenderungen, Outsourcing-Entscheidungen oder Konsolidierungsmassnahmen sogar eine Vertragsaufloesung erforderlich werden sollte.

Fuer die Bewaeltigung dieser zusaetzlichen Aufgaben ist der IT- Manager neben der Abwicklung des Tagesgeschaefts aber zeitlich kaum noch in der Lage. Wo unterschiedliche Vertragsbedingungen vorliegen, sind einfache Preisvergleiche nur aufgrund der Leasingrate nicht mehr ausreichend und fuehren leicht zu Fehlentscheidungen. Man sollte sich deshalb nicht durch zu "guenstige" Konditionen taeuschen lassen. Wirklich vergleichen laesst sich das Angebot erst dann, wenn unter anderem die Kauf- Leasingkonditionen fuer das System, die jeweiligen Sonderleistungen, der in der Leasingzahlung kalkulierte Restwert sowie der zum Vertragsende von erfahrenen Marktforschungsgesellschaften prognostizierte Marktpreis bekannt sind. Ein solcher Vergleich setzt allerdings auch die genaue Kenntnis saemtlicher Entscheidungskriterien voraus.

Aus Flexibilitaetsgruenden sind bei der Auswahl des Systems sowie der geeigneten Leasingfinanzierung zunehmend strategische Ueberlegungen wichtig, beispielsweise wie sich die Gesamtwirtschaftlichkeit unter Beruecksichtigung aller DV- technischen sowie Einkaufs- und Finanzierungsgesichtspunkte kontinuierlich verbessern laesst. Dies gilt vor allem fuer SAP- Anwender, die oft von kaum vorhersehbaren

Systemengpaessen ueberrascht werden.

So fordert sicher schon die Umstellung und Anpassung der traditionellen Mainframe-Verarbeitung auf dezentrale netzwerkbasierte Client-Server-Architekturen ein neues und zeitgemaesses Beschaffungs- und Finanzierungskonzept zur kaufmaennischen Unterstuetzung des IT-Managements.

Kostenersparnisse nach funktionaler Trennung

In einem Muenchner Konzern fuehrt die funktionale Trennung zwischen dem Anwender, der Produktion, der Systemplanung, dem Einkauf sowie dem Finanz-Controlling zu neuen und kostensparenden Erfahrungswerten. Im Rahmen eines teamorientierten Arbeitskreises werden dem IT-Management von den fuer den Einkauf und das Finanz- Controlling zustaendigen Mitarbeitern die ausgewaehlten Systemangebote und die wesentlichen Unterschiede zwischen dem klassischen Bank-Hersteller-Leasing, dem Operating-Leasing sowie der Eigenkapitalfinanzierung zur Diskussion gestellt.

Dabei legt man besonderen Wert auf die von Anfang an transparenten Konditionen fuer den Hardware-, Software-, den Service- und den Finanzierungsbereich. "Wir moechten von keinem Hersteller etwas geschenkt bekommen und auch bei den Leasingkonditionen fairerweise Aepfel mit Aepfeln vergleichen koennen, denn Leasing ist nicht gleich Leasing. Aus betriebswirtschaftlichen, revisions-, steuer- und versicherungstechnischen Gruenden ist es fuer uns unabdingbar, dass diese Kosten aufgeschluesselt und fuer jeden Fachbereich in unserem Hause einfach nachvollziehbar sind", betont eine erfahrene Einkaeuferin. In diesem Unternehmen gehoert die professionelle Analyse der gebotenen Konditionen und die konsequente Umsetzung der herstellerunabhaengigen Leasingfinanzierung bereits zum Standard. Denn im professionellen Einkauf liegt doch der Gewinn, der brutto erst doppelt verdient sein muss.

Was liegt also naeher, als sich diese wertvollen Informationen von den hausinternen Fachbereichen Einkauf, Finanz-Controlling oder von einem banken- beziehungsweise herstellerunabhaengigen, international erfahrenen Leasingunternehmen im Rahmen einer erfolgsorientierten Consulting-Dienstleistung zu besorgen - und zwar rechtzeitig vor der endgueltigen Entscheidung? Dort kennt man Ross und Reiter und weiss genau, bei welchem Kunden der Hersteller unter anderem folgende Sonderkonditonen gewaehrte:

- Offenlegung des Paketpreises,

- Rabatt von 65 Prozent fuer fabrikneue Magnetplattensysteme,

- terminierte Aussetzung der Berechnung fuer Systemsoftware beziehungsweise fuer Wartungskosten,

- Kreditsaldo in einer Hoehe von mehr als einer Million Mark fuer abrufbare Dienstleistungen,

- Freigabe von Aufruestungen innerhalb eines IBM-Leasingvertrags mit Hersteller- beziehungsweise kompatiblen Produkten sowie

- Preisschutzgarantien etc.

Auf welche Weise diesem Hersteller mit seiner oft undurchsichtigen Paketpreispolitik jedoch Paroli bieten? Das gelingt nur durch einen ueblichen IBM/PCM-Preisvergleich, eine finanzmathematische Analyse der Konditionen, den rechtzeitigen Einsatz eines kompetenten Leasingpartners in Form einer Allianz mit weiteren muendigen Anwendern sowie mit einer konsequenten Verhandlungsstrategie.

Der heutige Kaeufermarkt ersetzt die Listenpreise schon seit laengerem einfach durch eine neue Messlatte: Mark/GB beziehungsweise Mark/MIPS. Der Anwender wird gegenueber dem Hersteller kritischer und kreativer in der Preisfindung. Diesen Prozess hat IBM mit der Rabatteinfuehrung, dem Wegfall der ueberhoehten Listenpreise, der undurchsichtigen Paketpreispolitik und der in den Leasingraten ueberhoeht kalkulierten "Restwerte" selbst ausgeloest. Auf diese Weise duerfte sich das Unternehmen im Mainframe-Bereich aehnlich wie im PC- und Workstation-Markt langsam und sicher selbst in eine Sackgasse manoevrieren.

Der Kunde verlangt mittlerweile allerdings Preistransparenz. Fuer eine Leasingpartnerschaft wird er sich nicht an den Hersteller ketten lassen, sondern eher das fabrikneue System im Rahmen der Kaufuebertragung mit einem herstellerunabhaengigen Computer-Leaser zu uebersichtlichen Konditionen finanzieren.

Messlatte: Mark/GB oder Mark/MIPS

Die scheinbar aggressiven Leasingkonditionen von IBM basieren offenbar auf ueberhoeht kalkulierten Restwerten, die dem noch nicht durchgereichten Rabatt oder einem vorweggenommenen Preisverfall entsprechen, um einem Zusammenbruch des Markts vorzubeugen. Denn neue CMOS/RISC-Rechner sind in absehbarer Zeit im Vergleich zu einem heutigen Grossrechner-MIPS-Preis schon fuer etwa ein Zehntel des Preises zu kaufen. So prognostiziert IDC fuer den IBM-9672R- Systembereich eine Verdoppelung der Rechnerleistung im Zwei- Jahres-Rhythmus. Das Preis-Leistungs-Verhaeltnis wird sich demzufolge jaehrlich um bis zu 35 Prozent verbessern.

Im Magnetplattenmarkt muss aufgrund des Wettbewerbs und der zu erwartenden leistungsstaerkeren Speichertechnologien in absehbarer Zeit mit einer Verdoppelung der Magnetplattenkapazitaet fuer die Haelfte des heutigen Preises gerechnet werden.

Deshalb sollte man sich verlockende Hersteller-Leasingangebote wirklich genauestens ansehen. Wie das Beispiel aus der Praxis zeigt, betraegt der von IDC zum Vertragsende prognostizierte Marktpreis fuer ein IBM-System 9021820 zirka 1 510 000 Mark im Vergleich zu dem in der Hersteller-Leasingrate kalkulierten "Restwert" in Hoehe von etwa 7 068 035 Mark. Warum ist dieser mit zirka 5 558 035 Mark ueberhoeht? Das Resultat: Der abgezinste Wert von zirka 3 768 370 Mark entspricht in Wirklichkeit einem Rabatt von zirka zehn Prozent des Listenpreises, der von Anfang an praktisch verschenkt wurde. Dieser ist vorab verdeckt nur in der "aggressiven" Leasingrate als ueberhoehter Restwert enthalten. Bei der naechsten Gelegenheit wird dieser sogar verzinste Nachlass wieder zurueckgefordert.

Vorteilhaft: Den Rabatt vom Kaufpreis abziehen

Aus diesem Grunde ist es sicher vorteilhafter, den recht einfach zu ermittelnden Rabatt zuerst vom Kaufpreis abzuziehen. Da IBM mit dem gleichen Wasser kocht, wird der bisherige Leasingfaktor sofort nach oben angepasst. Erst auf dieser Basis ist das Angebot wieder vergleichbar.

Wer dieses Verfahren nicht kennt oder den Marktpreis- Restwertvergleich ignoriert, verschenkt nicht nur viel Geld, sondern begibt sich auch noch unnoetig in Abhaengigkeit. Diese Erfahrung mussten schon viele spaetestens bei einer Systemaenderung mit Lehrgeld bezahlen.

Der ruinoese Preiskampf und Verdraengungswettbewerb wird im IT-Markt nicht nur von Big Blue, sondern jetzt auch von anderen Herstellern verstaerkt mit dem Marketing-Instrument der Leasingfinanzierung ausgetragen.

Einige Computerleaser kalkulierten, um einen bestimmten Auftrag zu erhalten, sogar so hohe und riskante Restwerte, dass sie die entstandenen Verluste zur Betriebsaufgabe zwangen. Fuer den cleveren Computerleaser kommt es doch nicht darauf an, die Hersteller-Leasingrate zu uebertreffen, sondern darauf, den Anwender ueber die Unterschiede und Konsequenzen der verschiedenen Finanzierungsarten aufzuklaeren. In dieser Situation sitzen die beiden doch eigentlich im gleichen Boot: Erhaelt der Computerleaser vom Anwender den richtig verhandelten Kaufpreis, so laesst sich das System kostensparender leasen, problemloser austauschen und fuer beide Partner noch gewinnbringend vermarkten.

Dies ist vor allem dann wichtig, wenn nicht erweiterungsfaehige Systeme zu ersetzen sind, Outsourcing beziehungsweise Konsolidierungsentscheidungen anstehen und zur vorzeitigen Vertragsaufloesung fuehren. Beim Herstellerleasing schlaegt mit dem "Herauskaufen" die Stunde der Wahrheit. Spaetestens dann naemlich stellt sich die Frage, ob der System-Abloesebetrag dem Marktpreis entspricht, eine uneingeschraenkte Option zur Untervermietung besteht und der Hersteller fuer das betreffende System eine marktgerechte Gutschrift erteilt. Sind diese Punkte vertraglich nicht geklaert, schnappt die Kostenfalle zu. So stellt sich noch die Frage, ob man mit einem Kauf oder einer Eigenkapitalfinanzierung nicht doch flexibler waere. Bei einem Kauf ist man zwar an keinen Hersteller gebunden, muss aber darauf achten, dass das System ohne buchungstechnischen Verlust vermarktet werden kann.

Durch den enormen Preisverfall ist dieses Ziel selbst bei einer AfA-Dauer von nur drei Jahren kaum zu erfuellen. So bleibt das EDV- Management auf einer inzwischen veralteten 309060J nur deshalb sitzen, weil der Differenzbetrag noch mehr als zwei Millionen Mark betraegt und das Ausbuchen das Betriebsergebnis unnoetig verschlechtern wuerde. Das Eigenkapital gibt es auch nicht zum Nulltarif, und es sollte eine bessere Verzinsung erwirtschaften als der in der Leasingrate kalkulierte Satz.

Fazit: Bei der Auswahl der richtigen Finanzierungsart steht die Beantwortung und Analyse folgender Punkte im Vordergrund:

- Flexibilitaet,

- Offenlegung der Konditionen,

- die Ermittlung des echten Einkaufspreises,

- die Effektivverzinsung sowie

- der Vergleich des zum Vertragsende prognostizierten Marktpreises mit dem kalkulierten Restwert und dem AfA-Restbuchwert. Sind diese Daten bekannt, so sollten die Zahlen des Gesamtaufwands inklusive der eventuellen Folgekosten fuer die richtige Finanzierungs- Leasingart sprechen.

* Dieter Wittner ist Vertriebsleiter Bayern der ATC Systems Leasing GmbH in Muenchen.