Softwaretools machen die Programmwartung einfach

Geha: Weniger Kosten durch Entscheidungstabellen

24.01.1975

Exclusiv für CW von Dipl.-Kfm. Rainer Hartmann

HANNOVER - Die Geha-Werke, bedeutender Hersteller von chemischem Bürobedarf, Schreibgeräten und Büromaschinen, haben 1966 mit dem Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung begonnen. Damals machte sich zum erstenmal das Problem der Kontrolle über die Dateneingabe besonders deutlich bemerkbar. Sachliche Datenfehler, die meist auf mangelhafte Datenerfassung zurückzuführen waren, und logische Fehler, die trotz intensiver Schulung der Fachabteilungen unvermeidlich waren, machten den Datenverarbeitern das Leben schwer.

Den Programmierern mußte daher zur Aufgabe gemacht werden, neben der Formalprüfung der einzelnen Datenfelder in sämtlichen Datenaufnahmeprogrammen eine Kontrolle über die logischen Abhängigkeiten aller Datenangaben vorzunehmen. Diese Plausibilitätskontrollen verursachten bald einen erheblichen Bearbeitungsaufwand in der gesamten Datenaufnahmeorganisation. Der Anteil der programmierten Kontrollen über alle nur denkbaren Fehlermöglichkeiten wuchs zwangsläufig überproportional im Verhältnis zu dem Gesamtaufwand für die Datenaufnahmeprogramme. An einen Ausweg aus dieser Situation war vorerst nicht zu denken, denn die Aufgabenstellung ließ Kompromisse nicht zu.

Kommunikationsprobleme im Projekt-Team

Immer wieder wechselnde Konditionen sowie lebhafte Bewegung im Datenbestand von mehr als 11 000 Artikelsätzen, von denen allein das Farbbandsortiment tausende von Varianten zuläßt, machten umfangreiche Prüfungen im Auftrags- und Bestellwesen in Verbindung mit den kundenspezifischen Angaben über die zulässigen Eingabedaten erforderlich.

Im Zeitalter der Programmierindividualisten erschien die wegen der Dokumentation dringend erforderlich gewordene Arbeitsteilung als eine primäre Maßnahme zur besseren Problemtransparenz. Nach Einführung dessen, was Fachleute heute als Ansatz zum Chief-Programmer-Team bezeichnen würden, konnte die Dokumentation zwar wesentlich verbessert, jedoch mußte dieser Vorteil mit dem hohen Preis der Kommunikationsschwierigkeiten innerhalb des Projektteams teuer erkauft werden. Redundanzen und Widersprüche bei den Formulierungen der Aufgaben in Programmvorgaben wurden teilweise erst bei der Codierung der Programme auffällig. Die Folge waren immer neue Terminverzögerungen.

Hoher Programmänderungsaufwand

Mit zunehmendem Projektfortschritt vergrößerte sich schon der Programmänderungsaufwand für die Plausibilitätsprüfungsroutinen und nach Projektabschluß sollte sich der Grundsatz bewahrheiten: die Hälfte der Projektmitarbeiter bleibe beim Projekt. Womit nachteilige Folgen durch Fluktuation kaum noch vermeidbar wurden. Die dann erfolgte Projektierung der Debitorenbuchhaltung wartete mit ähnlich gelagerten Problemen auf, und das Projekt Lohn- und Gehaltsabrechnung, das 1969 etwa zur gleichen Zeit mit den Vorbereitungen für die Fertigungssteuerung begonnen wurde, zeigte wiederum einen deutlichen Hinweis auf den Bearbeitungsaufwand für die Kontrollen von Eingabedaten.

Erfahrung macht software-bewußt

1972 schließlich wurde der kühne Schritt der Umstellung aller Projekte der Datenverarbeitung auf ein größeres IBM-System der 3. Generation unternommen. Die bis dahin gesammelten Erfahrungen förderten die softwarebewußte Orientierung an Programmanbietern, wobei verstärktes Interesse an universellen Dateiverwaltungssystemen vorhanden war.

Die zu dieser Zeit verfügbaren Softwareprodukte auf diesem Gebiet waren jedoch hauptsächlich für den Datentransfer zu den zu pflegenden Dateien konzipiert und beinhalteten für das Problem der Abhängigkeitskontrollen bestenfalls Exits, an die der Anwender seine Prüfroutinen anhängen konnte. Die Bewältigung der formalen Dateiverwaltung jedoch war das kleinere Übel und so verlagerte sich die Softwareorientierung in die Richtung der Entscheidungstabellen-Systeme.

Plausibilitätskontrolle mit Entscheidungstabellen

Der Anwendungsraum der Entscheidungstabellentechnik wird zu einem großen Teil von Prüfroutinen in der Vorprogrammphase ausgefüllt. So lag es nahe, ein System anzuschaffen, das speziell für die Kontrolle über die zulässigen Datenangaben entwickelt wurde. Schließlich wurde das System ADVIS-PET für die Plausibilitätskontrollen mit Entscheidungstabellen eingesetzt.

Wesentliches Entscheidungskriterium war die Tatsache, daß der PET-Übersetzer lauffähige Prüfmoduln erzeugt, die vom Programmierer in dessen Datenaufnahmeprogramm nur aufgerufen zu werden brauchen. Die Entscheidungstabellen über die zulässigen Regeln werden vom DV-Organisator in Zusammenarbeit mit der Fachabteilung entwickelt und sind direkte Eingabe für den PET-Übersetzer.

Automatische Fehlerbestimmung

Das Bestimmen der zulässigen Regeln wird durch eine vom PET-System in der Planungsphase erstellte Vorschlagsliste stark vereinfacht. In dieser Liste werden die denkbaren Verknüpfungsmöglichkeiten der Datenfehler in systematischer Reihenfolge aufgezeigt. Dadurch wird der DV-Organisator in die Lage versetzt, unzulässige Angaben sofort zu erkennen, und es wird die Gefahr, gültige Konstellationen nicht aufzunehmen, nahezu ausgeschlossen. Ein weiterer, sehr wesentlicher Faktor ist die Bestimmung der logischen Fehler. Bei einer im Quellenprogramm codierten Entscheidungstabelle müssen alle diejenigen einfachen Regeln definiert werden, die zu einer Aktion der präzisen Fehlerbestimmung führen sollen. Mit der Tatsache, daß es bei Plausibilitäten von Datenfeldern viel mehr unzulässige als zulässige Regeln gibt, verbindet sich die Anforderung an ein System, das aus den wenigen Angaben der zulässigen Regeln systemintern die unzulässigen bildet und darüber hinaus die Fehlerbestimmung automatisch vornimmt.

Im erweiterten Bedingungsteil des PET-Systems sind Textangaben für Feldbezeichnungen vorgesehen. Der jeder Bedingung zugeordnete Text wird von PET für die Zusammenstellung der Fehlernachricht herangezogen, nachdem das System die Fehlerbestimmung aufgrund der ermittelten unzulässigen Regeln automatisch vollzogen hat.

Die Bedingungen fehlerfreier Datensätze entsprechen den gültigen, in der Tabelle vorhandenen Regeln und führen zu der Aktion: Rückkehr in das Problemprogramm.

Programmieraufwand halbiert

Schließlich wurde drittens die Entscheidung durch die Verfügbarkeit einer Mehrdateienverknüpfung begründet. Die Abhängigkeitskontrollen sind nicht immer auf einen Dateiinhalt beschränkt, sondern erstrecken sich häufig über mehrere unterschiedliche Datensätze verschiedener Dateien. Für diesen Fall erzeugt das PET-System aufgrund einer vorgegebenen Verknüpfungsmatrix die erweiterten Kontrollfunktionen. Diese Einrichtung erleichtert nun auch die Konzeption einer bevorstehenden Datenbankorganisation. Die Umstellung der Datenverarbeitung auf die neue Hardware konnte noch im selben Jahr abgeschlossen werden. Sämtliche Datenaufnahmen für die nachfolgenden Projekte der Verkaufsabrechnung-Export und der Buchhaltung wurden und werden mit dem PET-System realisiert. Der Programmieraufwand für Datenaufnahmeprogramme wurde im Durchschnitt etwa halbiert; der Programmänderungsaufwand für die Plausibilitätskontrollen konnte praktisch auf Null gesetzt werden.

Durch den sinnvollen Einsatz nützlicher Entscheidungstabellen-Software wurde eine erhebliche Einsparung in Zeit und Kosten erzielt.

Dipl-Kaufmann Rainer Hartmann ist Prokurist und Leiter der Abteilung Datenverarbeitung der Firma GEHA-Werke GmbH Hannover