Gefahr für die Arbeitsplätze

10.06.1977

Wie werden sich die Leute in den Fabriken in den Lägern, in den Büros verhalten, venn sie geschult werden, ein Terminal zu bedienen von dem sie annehmen müssen daß es ihren Arbeitsplatz ersetzen wird?

Da es sich langsam herumspricht, daß auch in diesem Lande Arbeitslosigkeit etwa nur zur Hälfte konjurikturell bedingt ist und zur anderen Hälfte strukturelle Ursachen hat,

wächst die Erkenntnis, daß nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze das Problem der Arbeitslosigkeit beseitigen kann. Andernfalls besteht - angesichts der nunmehr auf den Arbeitsmarkt kommenden geburtenstarken Jahrgänge - tatsächlich die Gefahr, daß sich bereits mittelfristig die Zahl der .Arbeitslosen auf 2 Millionen und mehr verdoppelt.

Die EDV-Branche und die Datenverarbeiter - auch wenn sie es nicht gern hören - müssen sich gefallen lassen, daß ihnen vorgeworfen wird, bereits sehr viel zur bestehenden strukturellen Arbeitslosigkeit beigetragen zu haben und immer noch dabei zu sein, durch Rafionalisierungs-Investitionen weitere Arbeitsplätze zu vernichten. Tatsächlich geht die im Einzelfall durch Rationalisierung erzielte bessere betriebswirtschaftliche Rentabilität unter bestehenden gesamtwirtschaftlichen Bedingungen zu Lasten der Allgemeinheit.

Vorbei die Zeit der 60er Jahre

"Computer am Arbeitsplatz" - verkaufsträchtiger Slogan der Branche - wird zum Alptraum, worin schließlich tatsächlich Computer am Arbeitsplatz die Arbeit machen, die dann Arbeitslose zu gerne hätten. In der Regel kompensieren die erzieltest Produktivitätssteigerungen keineswegs die gesamtgesellschaftlichen Belastungen, die in einem Sozialstaat freigesetzten Arbeitnehmer gewährt werden müssen. Kann es weiterhin geduldet werden, daß einzelne Betriebe letztlich auf Kosten der Allgemeinheit ihren Ertrag verbessern? Was geschähe, wenn das alle machen wollten?

Konsequenzen müssen daraus gezogen werden, daß heute am Arbeitsmarkt nicht mehr die Situation der 60er Jahre herrscht. Konsequenzen sind daraus zu ziehen, daß das Problem der Vernichtung von Arbeitsplätzen durch zunehmende Computerisierung immer gravierender wird.

Denn jetzt kommt tatsächlich der Computer zum Arbeitsplatz - in tatsächlich bedrohlichem Ausmaße bei der computerunterstützten Textverarbeitung und der Aktenlosen Sachbearbeitung. Bis vor Jahren galt das Kalkül, daß Bildschirm am Arbeitsplatz dann gerechtfetigt seien, wenn nach der Umstellung einer von drei Mitarbeitern freigstellt wenden könne. Diese Art zu denken blieb überall vorherrschend. Wie anders soll man die Wirtschaftlichkeit von Rationatisierungs-Invesfitionen belegen?

EDV-Chefs in Konflikten

Jeder EDV-Chef kommt da in Konelikte. Einerseits möchte - angesichts der heute am Arbeitsmarkt gegebenen Bedingungen - auch er nicht, daß Projekte realisiert werden, die Mitarbeitern ihren Arbeitsplatz nähmen, Andererseits erfor, dort der Konkurrenzkampf, daß seine Firma durch EDV-Projekte erfolgreich Kosten minimiert. Schließlich wollen wir im internationalen Wettbewerb kein Entwicklungsland werden.

Die Branche wird sich diesen Problemen stellen müssen. Neueste amerikanische Schätzungen vermuten, daß In den USA bis zum Jahre 2000 durch neue Verfahren zur Umsetzung vom Sprache in gedruckte Zeilen bis zu 10 Millionen Sekretärinnen und andere Bürokräfte ihre Jobs verlieren werden.

Quelle: Dr. Carl Hammer, Direktor of Computer Science bei Sperry Univac, auf dem Kongress Data Procesing Management Association's Northeastern Conference im Mai 1977.