Gebrauchtsoftware lockt Anwender

02.08.2007
Die Aussichten, Kosten zu senken, wiegen schwerer als mögliche Rechtsbedenken.
Mehr als die Hälfte der Anwender locken in erster Linie die günstigeren Preise für gebrauchte Lizenzen. Von der Rechtsunsicherheit lässt sich kaum jemand beeindrucken.
Mehr als die Hälfte der Anwender locken in erster Linie die günstigeren Preise für gebrauchte Lizenzen. Von der Rechtsunsicherheit lässt sich kaum jemand beeindrucken.

Trotz der nach wie vor akuten Rechtsunsicherheit im Umfeld des Lizenzhandels wächst das Interesse der Anwender an Gebrauchtsoftware. Laut einer Studie der Experton Group verbinden über die Hälfte der 80 befragten Anwenderunternehmen eine günstigere Softwareanschaffung mit dem Thema Gebrauchtsoftware. Dagegen spielt der Aspekt, selbst nicht mehr benötigte Programme abzugeben, mit knapp 25 Prozent der Antworten nur eine untergeordnete Rolle. Von der Rechtsunsicherheit lässt sich kaum ein Unternehmen abschrecken, ergab das Stimmungsbild der Marktforscher.

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"Der Markt für gebrauchte Software verzeichnet derzeit eine hohe Dynamik", stellt Axel Oppermann, Advisor der Experton Group, fest. "Jedoch noch auf sehr niedrigem Niveau." Immer mehr Anwender würden sich allerdings über die Möglichkeiten der alternativen Softwarebeschaffung und -vermarktung informieren. Dabei gewinnen die Beratungsleistungen der Händler an Bedeutung. Oppermann zufolge wissen die Anwender zu diesem Thema noch zu wenig. Die Anbieter von Secondhand-Programmen leisteten jedoch gute Arbeit. "Allerdings ist bemerkenswert, dass der originäre Softwarehersteller im Rahmen der Informationsbeschaffung für die Kunden nur eine eher untergeordnete beziehungsweise keine Bedeutung hat."

Oppermann zufolge sind die Anwender mit den Gebrauchthändlern und ihren Leistungen im Großen und Ganzen zufrieden. Das ist nach Einschätzung des Analysten ein wichtiger Garant für den weiteren Erfolg dieses Geschäftsmodells. Zudem würden Anwenderunternehmen ihre Erfahrungen mit anderen Firmen teilen. Dieses "virale Marketing" dürfte wesentlich zur weiteren Verbreitung von gebrauchten Softwarelizenzen beitragen.

Daran dürften auch die ständigen Auseinandersetzungen zwischen Softwareherstellern und Lizenzhändlern nichts ändern. Oracle und Usedsoft streiten sich schon seit Anfang 2006, ob der Handel mit gebrauchter Software rechtens ist. Während der Lizenzhändler darauf beharrt, dass jede Software, egal wie sie in Umlauf gebracht wurde, weiterveräußert werden dürfe, lässt der Softwareanbieter nichts unversucht, um den Handel mit seinen Produkten zu unterbinden.

Das Münchner Landgericht hatte im März dieses Jahres im Hauptsacheverfahren entschieden, dass online übertragene Software von Oracle nicht weiterveräußert werden dürfe.

Usedsoft zufolge habe Oracle in der Folge versucht, dem Händler auch den Weiterverkauf von Originaldatenträgern zu verbieten, sei damit aber gescheitert. Diese Darstellung weist Oracle scharf zurück. Fortsetzung auf Seite 4 Man habe vielmehr ein Ordnungsgeld beantragt, weil der Händler nach wie vor explizit "Oracle-Lizenzen" anbiete und nicht darauf hinweise, dass damit dem Kunden ein Originaldatenträger übergeben werde.

Usedsoft muss 7000 Euro Ordnungsgeld bezahlen

Die Oracle-Verantwortlichen räumten allerdings ein, dass sie mit diesem Antrag bei den Münchner Richtern nicht durchgekommen sind. Allerdings hätten die Richter Mitteilungen von Usedsoft, wonach der Handel mit Gebrauchtsoftware grundsätzlich zulässig bleibe und es amtlich sei, dass der Händler nun wieder Oracle-Lizenzen zu günstigen Konditionen anbieten könne, als irreführend und unvollständig eingestuft. Da diese die einstweilige Verfügung verletzten, müsse Usedsoft ein Ordnungsgeld in Höhe von 7000 Euro bezahlen.

Ein Handelsvertreter habe die umstrittenen Textpassagen weiterverwendet, gab Usedsoft zu. Allerdings habe Oracle bereits im September vergangenen Jahres das Ordnungsgeld beantragt. Im Mai 2007, also schon vor zwei Monaten, habe das Gericht dann die Strafgebühr per Gerichtsbeschluss rechtswirksam bekräftigt.

Nach Ansicht Oracles steckt der Handel mit gebrauchten Lizenzen nach wie vor in einer rechtlichen Grauzone. Ohne Kenntnis der genauen Modalitäten könne nicht beurteilt werden, ob beim Weitervertrieb von Oracle-Software auf Datenträgern Rechte des Herstellers verletzt würden.

Die Usedsoft-Verantwortlichen vermuten, dass der Softwarehersteller mit der unklaren Rechtslage gut leben könne. Offensichtlich wollten die Oracle-Verantwortlichen von der im Markt herrschenden Unsicherheit so lange wie möglich profitieren und befürchteten eine Niederlage vor dem Bundesgerichtshof. (ba)