Sorgfältige Vertragsüberprüfung rettet Kundenrechte:

Gebrauchtcomputerkauf hat besondere Risiken

18.11.1983

Beim Computererwerb muß es nicht immer das neueste Modell sein. Gebrauchtes Equipment ist erheblich kostengünstiger und durchaus als Sicherung gegen mögliche Systemzusammenbrüche geeignet. Gebrauchtkäufe sind aber auch mit besonderen Risiken verbunden. Die Gewährleistung wird meist vollständig ausgeschlossen, doch ist dieser Ausschluß nicht immer voll wirksam. Eine genaue Vertragsüberprüfung hilft ergänzend, zumindest einige rudimentäre Kundenrechte zu retten.

Systemzusammenbrüche sind nicht nur stets ärgerlich und mit zeitraubenden Reparaturen verbunden, sondern führen oft zu erheblichen Schäden. Die Buchhaltung bleibt wochen- oder monatelang liegen und Steuertermine verstreichen, weil alle wesentlichen Daten auf Platten und Disketten wie unter strengster Geheimhaltung unerreichbar sind.

Eine gebrauchte Zweitkunfiguration sichert in solchen Fällen kontinuierliche Weiterarbeit. Wer ältere anstatt neue Anlagteile kauft, um Kosten zu sparen, muß jedoch einige Vorsichtsmaßregeln beachten, sollen nicht die Kosten am Ende die Ersparnisse übersteigen.

Verkäufer soll Eigentümer sein

Neben Kompatibilität muß der Interessent vor Vertragsabschluß den Leistungsumfang des Vertrages genau festlegen: Welche genaue Bezeichnung hat das Equipment? Diese Feststellung ist notwendig, um sicherzustellen, daß die erworbene und gelieferte Anlage identisch sind. Welches Zubehör wird mitverkauft? Ist mit diesem Zubehör der Betrieb des Systems möglich? Welches ergänzende Peripheriegerät ist erforderlich, um die gebrauchte Anlage mit der bereits vorhandenen zusammen voll ausnützen zu können? Kann dieses Gerät bei dem Verkäufer mit erworben werden oder ist ein Zusatzkauf notwendig?

Der Anwender sollte den Verkäufer auch fragen, ob dieser Eigentümer ist. Kauft er nämlich zum Beispiel von einem anderen Anwender, der seine Anlagen wegen "finanzieller Schwierigkeiten" veräußert, könnte seitens des Herstellers/ Händlers mangels voller Bezahlung noch gegenüber dem Verkäufer ein Eigentumsvorbehalt bestehen und die Sache vor Lieferung an den Käufer vollstreckungsweise entfernt werden, das investierte Geld aber uneinbringlich sein.

All diese Punkte sollten unbedingt auch bei Gebrauchtanlagen schriftlich fixiert werden. Beide Vertragspartner haben ein vitales Interesse an solcher beweiserleichternder Dokumentation: Der Käufer kann beweisen, welche Zusicherungen ihm verkäuferseits gegeben wurden und der Verkäufer, inwieweit er die Gewährleistung eingeschränkt hat.

Gebraucht wie besichtigt

Auch private User als Verkäufer wird man bei dem Erwerb gebrauchter Anlagen öfter treffen. Auch wenn ein Anwender sein System oder einen Teil hiervon nicht aus wirtschaftlichen Gründen verkauft, sondern nur, um ein größeres zu erwerben, ist er doch selten - allein schon mangels eigener Fachkenntnis - in der Lage, Gewährleistung anzubieten. Dennoch wird er allein deshalb noch lange nicht aus jeder Haftung entlassen.

Nehmen wir eine übliche und zulässige Formulierung, derzufolge eine Anlage "gebraucht wie besichtigt" verkauft wird. Ausgeschlossen ist Gewährleistung hier nur für diejenigen Mängel, die im Übergabezeitpunkt erkennbar sind. Behauptet der Käufer, daß ein bestimmter Mangel für ihn nicht erkennbar war, muß er dies nachweisen. Auf besondere Unkenntnis kann er sich hierbei nicht berufen, es sei denn, sie war für den Verkäufer klar zu erkennen, wofür der Käufer ebenfalls die Beweislast hat.

Die Rechtsprechung zu diesem Problemkreis hat sich überwiegend mit dem Verkauf von Gebrauchtwagen zu befassen gehabt. Die Mehrzahl der Autokäufer verfügt aber bereits bei einem gewissen Kenntnisstand der gegenwärtigen Kfz-Technik. Der Verkäufer darf davon ausgehen, daß Kunden bei einer Probefahrt bestimmte typische Mängel entdecken. Bei der Mehrheit der Computeranwender können solche Kenntnisse nicht in gleichem Maße vorausgesetzt werden.

Der Verkäufer ist deshalb gut beraten, im Zweifel auf für ihn erkennbare Mängel gegenüber dem Käufer hinzuweisen. Die Anforderungen an diese Aufklärungspflicht des Verkäufers sind umso strenger, je weiter er die Gewährleistung ausschließt. Das Gesetz über Allgemeine Geschäftsbedingungen bieten dem Käufer gegen eine solche Einschränkung seiner Rechte einen sehr begrenzten Schutz, da es nur auf "neuhergestellte Sachen und Leistungen" (° 11 Ziff. 10 AGBG), folglich nicht auf gebrauchte Anlagen und Programmpakete, anwendbar ist und für Kaufleute ohnehin nur sehr eingeschränkt gilt.

Der Verkäufer braucht freilich den Käufer nicht zu seinem Glück zu zwingen. Verzichtet dieser auf eine Funktionsprüfung, kann er sich nicht im nachhinein darauf berufen, vorhandene Mängel seien für ihn nicht erkennbar gewesen (OLG Schleswig MDR 82, 228). Wendet der Käufer ein, so eine Funktionsprüfung habe für ihn keinen Zweck gehabt, da er von Computern ohnehin nichts verstehe, so hätte er sich rechtzeitig kundigmachen oder von Dritten beraten lassen müssen.

Die Aufklärungspflicht des Verkäufers darf nicht dazu führen daß er möglichen Käufern eine weitläufige Einführung in die Funktionsweise von Computern geben muß. Hierfür gibt es genügend Literatur, Kurse etc.. Umgekehrt kann der Käufer vom Verkäufer Unterstützung bei der Funktionsprüfung erwarten.

Dazu gehört, daß er Einsicht in vorhandene Dokumentationen und Pflichtenhefte bekommt, die er im übrigen wenigstens in Kopie erhalten sollte. Der Verkäufer muß die wesentlichen Programme und auch die Peripheriegeräte einem Testlauf unterziehen. Die ausschlaggebenden Ergebnisse sind kurz in einem Prüfungsprotokoll zu verzeichnen, getrennt nach Anlageteilen und Programmen.

Wirksame Schutzmaßnahmen

Will der Verkäufer jegliche Gewährleistung ausschließen, wozu es einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf, so ist bei der Funktionsprüfung besondere Sorgfalt angebracht. Nach der Abnahme sitzt man sonst leicht auf defekten Anlagen und muß den Kaufpreis dennoch voll begleichen. Bei älteren Anlagen oder Systemen kleinerer Firmen ist zu klären, wie häufig welche Reparaturen und welche Wandlungsleistungen herstellerseits bereits erbracht wurden und in Zukunft möglich sind. Gibt der Verkäufer hier keine befriedigende Antwort, so sollte man sich bei dem Hersteller unmittelbar rückversichern .

Funktionsprüfungen benötigen Zeit und Aufmerksamkeit. Keine Vertragspartei findet sie besonders erfreulich. Doch stellen sie eine der wenigen praktisch wirksamen Schutzmaßnahmen des Käufers dar, besonders beim Erwerb vom privaten User.

Der Käufer kann die Abnahme der Anlage so lange verweigern, bis bei der Funktionsprüfung gefundene Mängel beseitigt sind. Mißlingt oder unterbleibt diese Mängelbeseitigung trotz Aufforderung mit Fristsetzung, kann der Käufer hier vom Vertrag wegen Nichterfüllung zurücktreten und braucht den Kaufpreis nicht zu bezahlen (deshalb: Keine Zahlungen vor Abnahme!).

Gewährleistung ausgeschlossen

Beseitigt der Verkäufer andererseits nicht nur einzelne Mängel, sondern führt er eine Generalüberholung der Anlage durch und teilt dies dem Käufer mit, so gibt er damit zu verstehend, daß alle wesentlichen Mängel behoben und die Betriebsbereitschaft der Anlage grundlegend überprüft sind. Die Anlage ist dann ähnlich einer neuen zu behandeln - auch bezüglich der Gewährleistung und ihrem ( nur noch teilweisen oder zwischen Kaufleuten zulässigen) Ausschluß.

Die Situation des Käufers hellt sich weiter auf, wenn es ihm gelingt, vom Verkäufer Zusicherungen über bestimmte Eigenschaften der Geräte zu bekommen. Diese Angaben müssen jedoch konkret sein. Erklärt der Verkäufer nur pauschal, verborgene Mängel seien nicht vorhanden, so gibt er hiermit keine besonderen, haftungsbegründenden Zusicherungen (im Sinne der °° 459, 463 BGB) ab (BGH DNotZ 1953, 93).

Hat der Verkäufer seine Gewährleistung nur für erkennbare Mängel ausgeschlossen, so haftet er für verborgene Mängel auch ohne besondere Zusicherung. Zwar erscheint es grundsätzlich widersinnig, den vollständigen Ausschluß der Gewährleistung durch solche Zusicherung "aufzuweichen " .

Viele Verkäufer wollen jedoch durch solche Erklärungen den eigentlichen Haftungsausschluß herunterspielen. Dann ist es nur billig, diese Zusicherungen schriftlich zu fixieren, auf bestimmte Eigenschaften der Anlage zu beziehen (zum Beispiel auf anders bei der Besichtigung nicht überprüfbarer technische Daten, Reparaturhäufigkeit etc.) und sie an diesen Erklärungen festzuhalten.

Die Haftung für die Richtigkeit der gegebenen Zusicherung kann nicht selbt noch ausgeschlossen werden - auch nicht zwischen Kaufleuten -, weil damit die Zusicherung aufgehoben, in sich selbst widersprüchlich würde (BGH 50, 200). Ein vereinbarter Ausschluß jeglicher Gewährleistung ist somit dahin auszulegen, daß die Haftung für gegebene Zusicherungen von ihm unberührt bleibt. Allerdings kann ein Händler in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen festlegen, daß nur mündliche Zusicherungen seiner Verkäufer keine Wirksamkeit haben, wenn diese Erklärungen nicht schriftlich bestätigt werden .

Nur Nachbesserung

Ein teilweiser Gewährleistungsausschluß beläßt dem Käufer meist nur das Recht auf Nachbesserung. Verzichten muß er auf Wandlung und Minderung. Er kann also nicht die Anlage Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben und auch nicht im Falle der Minderung die Differenz zwischen vereinbartem und tatsächlich angemessenen Kaufpreis herausverlangen (etwa bei wesentlich eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Systems aufgrund begrenzter Speicherkapazität).

Bei Gebrauchtanlagen ist es überdies sogar zulässig, auch den Nachbesserungsanspruch bereits in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszuschließen. Unzulässig ist ein solcher Haftungsausschluß allerdings dann, wenn der Verkäufer nicht die besichtigte Anlage, sondern eine andere gleichen Typs liefert. Wird dem Käufer jeder Gewährleistungsanspruch genommen, muß er diejenige Anlage besichtigen und prüfen können, die er dann auch bekommen soll.

Wurde dem Käufer allerdings vertraglich ein Nachbesserungsanspruch eingeräumt oder vom Verkäufer Gewährleistung für verborgene Mängel nicht ausgeschlossen und gelingt es dem Verkäufer (trotz mehrerer, ihm zuzugestehender Versuche) innerhalb angemessener Frist nicht, die vorhandenen Mängel zu beseitigen oder ist deren Beseitigung überhaupt unmöglich, lebt die gesamte Gewährleistung wieder auf. Der Käufer kann wandeln, mindern oder Schadensersatz verlangen. Diesen Rückgriff auf zunächst ausgeschlossene Gewährleistungsrechte kann der Verkäufer in weiser Einschätzung seiner Nachbesserungsmöglichkeiten selbst noch auf einzelne Rechte beschränken.

Kurz hingewiesen werden muß in diesem Zusammenhang der Gewährleistungsrechte auf eine wichtige neue BGH-Entscheidung, die für die Beratungspraxis Bedeutung erlangen wird. Während nach bisher weit überwiegender Auffassung mit Erklärung des Rücktritts alle Schadensersatzansprüche entfielen, da deren vertragliche Grundlage beseitigt wurde, stellt der BGH nunmehr fest, daß der Käufer zumindest diejenigen Schäden aus Verzug gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann, die vor Vertragsrücktritt entstanden sind (BGH V ZR 113/82 vom 24. 6. 1983). Will der Käufer also Schaden ersetzt verlangen, muß man ihn nicht in jedem Falle vor Rücktritt warnen, sondern nur, wenn es sich nicht um bloßen Verzugs- sondern Gewährleistungsschaden handelt. Schließlich entfällt mit einem vollständigen Gewährleistungsausschluß nicht jede Haftung auf Verletzungen der Aufklärungs-, Beratungs- und Untersuchungspflichten. Der Verkäufer muß hier aus dem unabhängig von der Gewährleistung bestehender Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung für allen denjenigen Schaden einstehen, der über den aus dem Mangel herrührenden Nachteil hinausgeht. Gleichfalls unberührt bleibt die Verkäuferhaftung bei Vertragsabschluß. Wird etwa der Käufer bei einer Probevorführung durch die mangelhafte elektrische Sicherung einer Anlage verletzt, so haftet der Verkäufer aus einer vorvertraglichen Rechtsbeziehung auf Schadensersatz unabhängig davon, ob der Vertrag zustande gekommen ist.

Eine weitere Schutzmaßnahme, die sich jedoch nicht immer bietet, ist, in bereits laufende Wartungsverträge einzutreten. Das die Wartung anbietende Serviceunternehmen wird in aller Regel mit einem solchen Wechsel der Vertragsparteien einverstanden sein, wenn sich hierdurch seine Leistungsverpflichtung nicht nennenswert ändert. Ist dies jedoch der Fall, etwa bei voraussehbarer, wesentlich intensiveren Nutzung der Anlage oder aufwendigerer Pflege komplexerer Programme, müssen die laufenden Verträge entsprechend angepaßt werden.

Diese Möglichkeit der Vertragsübernahme sollte der Käufer gleich zu Beginn der Vertragsverhandlungen klären, damit der Verkäufer den Vertrag gar nicht erst kündigt und der Käufer seinerseits die vorhandenen Risiken besser abschätzen kann. Dem Kunden ist weiter zu raten, den Kaufvertrag erst dann abzuschließen, wenn ihm vom Wartungsunternehmen eine bindende Einverständniserklärung vorliegt.

Kostenmäßig ist noch zu ergänzen, daß ein Anwender die Kosten des Betriebs einer (gebrauchten) Ersatzanlage zumindest für den Zeitraum ersetzt verlangen kann, in dem die Hauptanlage durch deren Anbieter verschuldet defekt ist und die gesamte Datenverarbeitung über die Ersatzanlage laufen muß. Der Anwender vermindert hier den bei einem Systemausfall sonst wesentlich größeren Schaden durch Ausweichen auf seine Ersatzanlage, die er in dieser Zeit nicht für andere Aufgaben nutzen kann. Die insoweit entstehenden Ausgaben sind für ihn ein Schaden, den der Anbieter verursacht hat.

*Dr. Frank A. Koch, Rechtsanwalt in München

Checkliste

- Ist das gebrauchte System mit dem bereits vorhandenen kompatibel?

- Welches Zubehör wird mitgeliefert?

- Ist ein schriftlicher Vertrag möglich?

- Wer trägt die Beweislast dafür, daß Mängel vorhanden sind?

- Wird die Gewährleistung ausdrücklich auch für verborgene Mängel ausgeschlossen?

- Wofür haftet der Verkäufer trotz eines wirksamen Gewährleilstungsausschlusses?

- Darf der Verkäufer eine andere als die besichtigte Anlage des gleichen Typs bei gültigem, vollständigem Gewährleistungsausschluß liefern?

- Liegen konkrete haftungsbegründende Zusicherungen vor?

-Kann der Käufer in einen laufenden Wartungsvertrag eintreten?