Crusoe-Chips und Mobile Linux von Transmeta kommen zum Zuge

Gateway wagt Web-Zukunft ohne Wintel

09.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Gateway und AOL entwickeln Internet-Appliances, die mit "Crusoe"-Prozessoren von Transmeta laufen sollen. Als Betriebssystem ist "Mobile Linux" des gleichen Herstellers vorgesehen. Diese Entscheidung ist ein herber Schlag für Intel und Microsoft. Andere Firmen, die an ähnlichen Geräten arbeiten, könnten dem Beispiel folgen.

"Von den Internet-Rechnern werden wir in diesem Jahr Zehntausende und im nächsten Jahr sogar Hunderttausende verkaufen", prophezeit Peter Ashkin, Chief Technology Officer (CTO) bei Gateway. Mit diesem Anspruch hängt der Manager die Messlatte für den Erfolg der neuen Geräte sehr hoch.

Die Crusoe-CPUs von Transmeta sind erst seit Anfang dieses Jahres auf dem Markt. Der Chip, der unter größter Geheimhaltung entwickelt wurde, zeichnet sich vor allem durch seinen niedrigen Stromverbrauch aus und ist deshalb besonders für den Einsatz in mobilen Endgeräten geeignet. Außerdem lässt sich der Chip per Software-Upgrade aufrüsten, benötigt weniger Platz und muss nicht so aufwändig gekühlt werden wie vergleichbare Prozessoren der Konkurrenz. Mit dem jetzt angekündigten Deal bekommt die CPU ihre Chance in stationären Rechnern.

Über die technischen Einzelheiten des Rechners drangen bislang nur wenige Informationen nach außen. Als Betriebssystem soll Mobile Linux auf den Geräten laufen, die ebenfalls von Transmeta unter der Federführung des Linux-Vaters Linus Thorvalds entwickelt wurden. Schnittstellen wie serielle oder parallele Ports wird es nicht geben. Ferner arbeitet die Allianz an Geräten, die Daten kabellos übertragen können. Erste Prototypen sollen auf der Mitte Juni in New York stattfindenden PC-Expo gezeigt werden.

Neben der angekündigten Internet-Appliance wollen AOL und Gateway weitere Geräte rund um Transmeta entwickeln. Insider sprechen von einem WebTablett, das über einen berührungssensitiven Bildschirm und Stifteingaben gesteuert werden soll, sowie von einem nicht näher beschriebenen Haushaltsgerät.

Nach Aussage von Gateway-Managern sollen die ersten Internet-Zugangsrechner im vierten Quartal 2000 auf den Markt kommen, also rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft. Der Vertrieb werde über die Country-Stores und das Online-Angebot Gateways laufen, erklärt ein Firmensprecher. AOL will seinen über 20 Millionen Kunden weltweit die neuen Geräte über das Web-Portal anbieten. Die Preise werden etwa zwischen 100 und 500 Dollar liegen. Wie und zu welchen Preisen die Geräte in Deutschland vermarktet werden, steht bislang noch nicht fest.

Die Entscheidung von AOL und Gateway zugunsten von Transmeta kommt nicht von ungefähr. Beide Firmen zählen zu einer Gruppe von Geldgebern, die zuletzt 88 Millionen Dollar in die Chip-Company investiert haben. Zu diesem Kreis gehören auch Branchengrößen wie Compaq und Sony.