Funkchips in Pharmafirmen

10.10.2006
Die Grazer Firma 7iD Technologies hat eine RFID-Lösung für Pharmachargen- und High-Value-Goods-Tracking implementiert. Gemeinsam mit dem Marktführer für voll automatisierte Pharmalager Knapp. Die Anwendung kann Chargennummern sowie alle wertvollen Medikamente automatisiert verfolgen und ist gleichzeitig ein Schritt zu einer E-Pedigree-Lösung, wie sie die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) verlangt. COMPUTERWOCHE sprach darüber mit Gerhard Gangl, Gesellschafter 7iD Technologies GmbH.

Die FDA will die Vorschriften des US-Gesetzes für den Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten von 1987 in vollem Umfang einführen. Sie verpflichten Personen, die mit Arzneimitteln handeln, über das gesamte Vertriebssystem hinweg eine Dokumentation über die Produktkette des Medikaments („Pedigree“) zu führen. Eine Maßnahme zur Sicherung der Arzneimittelversorgung ist die Verfolgung und Zurückverfolgung mit RFID und die Anfertigung eines E-Pedigree, das den Weg des Arzneimittels entlang der Lieferkette nachzeichnet.

Die von der Grazer Firma 7iD entwickelte Technologie eignet sich für den Einsatz im Pharmabereich. Eine Herausforderung beim Einsatz von RFID bei Pharmagroßhändlern liegt darin, dass die dort verwendeten Pharma-Packkisten automatisiert durch das Lager geführt und mit Medikamenten aus dem Kommissionierungsauftrag befüllt werden. In der Auslieferungskontrolle müssen mittels RFID der Inhalt der Kisten automatisch erkannt und gleichzeitig die Chargennummern der einzelnen Medikamente erfasst werden. Eine nicht ganz einfache Aufgabe.

Computerwoche: Wie lief Ihr RFID-Pharmaprojekt genau ab?

Gerhard Gangl: Das Projekt entstand aus der Anforderung heraus, alle Chargennummern von Medikamenten in der Lieferkette hin bis zur Apotheke lückenlos verfolgen zu können. Wenn bei einem Medikament in einer Charge ein Fehler festgestellt wird, ist es heute nicht möglich, genau diese eine Charge zurückzurufen. Es müssen stattdessen alle Medikamente mehrerer Chargen zurückgeholt werden. RFID sollte es nun erstmals ermöglichen, die Chargen automatisiert zu verfolgen und eindeutig einer Kundenlieferung zuzuordnen.

Im Zuge dieser Anforderung wurde auch noch das Tracken teurer und hochwertiger Medikamente in Betracht gezogen. Mit Hilfe des Projektpartners, der Firma Knapp, haben wir die Prozesse und Anforderungen für die Lösung entwickelt. Daraus wurde ein Pflichtenheft, das alle Details der Lösung enthalten hat. Nach der Auswahl der am besten geeigneten Technologie musste noch in die Entwicklung investiert werden, damit das Produkt für die Anwendung tauglich wurde. Nach dem Piloten und einem erfolgreichen Langzeit- und Lasttest mit einer Verlässlichkeit von 99,98 Prozent Erkennungsrate haben wir die erste Version herausgebracht.

Was kann der Anwender des Systems jetzt?

Das Unternehmen kann nun die Chargennummern der Medikamente voll automatisiert den Kundenaufträgen zuordnen. Außerdem gibt es jetzt eine voll automatisierte Lieferkontrolle für hochwertige und teure Medikamente.

Welche Probleme gab es?

Die größte Herausforderung war, diesen speziellen und schwierigsten Prozessschritt in der Pharma-Lieferkette zu lösen: Die Medikamente werden voll automatisiert in Pharmakisten kommissioniert und liegen in der Kiste in einer x-beliebigen Ordnung. Zudem überlappen sich die Transponder ohne Abstand zueinander. Medikamente in Blisterpacks aus Metall verursachen Abschirmungen und Verstimmungen der RFID-Antennen. Dieses Problem zu lösen und hierfür den richtigen Transponder zu entwickeln war die größte Herausforderung. Denn die Pharmagroßhändler akzeptieren nur eine Lesegenauigkeit von mehr als 99,8 Prozent. Wir sind jetzt stolz darauf, im Ergebnis sogar 99,98 Prozent erreicht zu haben.

Was hat das Projekt gekostet?

Die Lösung wurde von Oktober 2005 bis Juli 2006 entwickelt. Das gesamte Projekt schlug mit rund vier Mannjahren Entwicklungszeit zu Buche. Daraus entstand aber ein fertiges Produkt, das heute in diesem Bereich mit geringem Anpassungsaufwand als Standardlösung eingesetzt werden kann.

Was sollten Kunden, die RFID einsetzen wollen, unbedingt beachten?

Dass man sich nicht an eine proprietäre Lösung bindet. Da sich die Technologie sehr rasch weiterentwickelt, kann dies sonst in eine kostenintensive Sackgasse führen. Der Einsatz internationaler Standards gewährleistet die Rückwärtskompatibilität und die koordinierte Weiterentwicklung neuer Technologien.

Ist der RFID-Hype wieder vorbei?

Das glaube ich nicht. Der Markt entwickelt sich im Moment nur langsamer als angenommen. Die Anwender haben aber die Möglichkeiten von RFID erkannt und gehen nach ersten Pilotversuchen dazu über, sich Gedanken über ihre Applikationen und deren Nutzen zu machen.