Frührente senkt Leistung und Motivation

26.04.2006
Von Edith Henning
Firmen, die ihre älteren Mitarbeiter neu motivieren statt in Frührente zu schicken, können dem Fachkräftemangel gelassen entgegen sehen. Wichtig sind fähige Führungskräfte und eine regelmäßige Weiterqualifizierung.
Bis zum Jahr 2010 werden die Erwerbsfähigen in der mittleren Altersgruppe (35 bis 49 Jahre) den größten Teil aller Erwerbspersonen stellen. Bis 2020 werden dann jedoch die älteren Beschäftigten (50 bis 64 Jahre) die Mehrheit bilden.
Bis zum Jahr 2010 werden die Erwerbsfähigen in der mittleren Altersgruppe (35 bis 49 Jahre) den größten Teil aller Erwerbspersonen stellen. Bis 2020 werden dann jedoch die älteren Beschäftigten (50 bis 64 Jahre) die Mehrheit bilden.

Bereits heute beklagen sich Unternehmen über die schwierige Suche nach qualifiziertem Nachwuchs. Die Situation könnte sich verschärfen, wenn ab 2010 das Angebot an Arbeitskräften sinken wird. Wenngleich daraus nicht ein flächendeckender Arbeitskräftemangel resultiert, schränkt dies doch den Rekrutierungsspielraum der Unternehmen für jüngere Jahrgänge ein. Der demografische Wandel ist ein schleichender Prozess, der die Leistungsfähigkeit der Unternehmen beeinflusst.

Fragen an die Personaler

• Wie können Führungskräfte für das Problem der alternden Belegschaften sensibilisiert werden?

• Wie kann das Erfahrungswissen älterer Mitarbeiter an jüngere Mitarbeiter weitergegeben werden?

• Wie können Mitarbeiter über 50 altersgerecht weiterqualifiziert werden?

• Wie können die älteren Mitarbeiter körperlich, geistig und psychisch gesund und leistungsfähig bleiben?

• Wie kann mittel- und langfristig der Fachkräftebestand gesichert werden?

• Wie kann eine leistungsgerechte und altersadäquate Gehaltsstruktur aussehen?

Quelle: SKP

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In einem Gutachten zum Thema "Alternde Belegschaften" ging die Fachhochschule Münster im vergangenen Jahr davon aus, dass viele Unternehmen ihren Fachkräftebedarf nur sichern können, wenn erfahrene Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen verbleiben. Das Erfahrungswissen Älterer sei unverzichtbar, Innovationskräfte sollten auch bei älteren Mitarbeitern gestärkt werden. Eine Möglichkeit wäre, Alt und Jung zu Innovationsteams zu verschmelzen.

Wenn sich Unternehmen diesen Prämissen bewusst sind, empfehlen die Wissenschaftler, sich heute schon auf die demografischen Veränderungen von morgen vorzubereiten. Zunächst müssen die Führungskräfte für das Problem der alternden Belegschaften sensibilisiert werden. Wenn Vorgesetzte ältere Mitarbeiter nicht mehr wie bisher in Frührente schicken können, weil es für das Unternehmen nicht mehr finanzierbar ist oder weil das Wissen der Älteren dringend gebraucht wird, sind sie neu gefordert: Manager haben sich darauf einzustellen, ältere Mitarbeiter in ihren Abteilungen zu integrieren, zu motivieren und zu qualifizieren. Gegenwärtig sind die wenigsten darauf vorbereitet und ohne gezieltes Coaching werden viele Vorgesetzte überfordert sein. Kenntnisse über die gewandelte Leistungsfähigkeit und Motivation der älteren Mitarbeiter sind dafür unerlässlich.

Erfahrungen der Älteren nutzen

Wenn sich die berufliche Entwicklung künftig bis zum 67. Lebensjahr erstreckt, muss eine Personalentwicklung die älteren Mitarbeiter zukünftig gezielt ansprechen. Und sie sollte sich gleichzeitig der mittleren Generation widmen und ihre Beschäftigungsfähigkeit so entwickeln, damit sie bis zum Rentenalter erhalten bleibt. Ein innovatives und strategisch ausgerichtetes Personal-Management sollte das Erfahrungspotenzial der älteren Beschäftigten im Rahmen eines kontinuierlichen Austausches und Wissens-Managements gezielt und verstärkt nutzen. Bisher geben Ältere ihre Erfahrungen vor allem persönlich an die Jüngeren weiter, indem sie sie beraten, ihnen als Mentor zur Seite stehen oder in einem Tandem mit einem jüngeren Mitarbeiter arbeiten.

Umdenken der Personaler

Umdenken sollten die Unternehmen auch in punkto Arbeitsgestaltung. Bisher hat die Arbeitsgestaltung den leistungsfähigen und immer verfügbaren Mitarbeiter vorausgesetzt und den Leistungswandel des Menschen nicht berücksichtigt. Um die körperliche, geistige und psychische Fitness der Beschäftigten möglichst lange aufrecht zu erhalten, sind eine präventive Gesundheitspolitik und entsprechende Angebote gefordert. Eine solche Gesundheitspolitik könnte dann neben interessanten Gehalts- und Arbeitszeitmodellen zur Mitarbeiterbindung beitragen, die wiederum im Kampf um Fachkräfte hilft.

Aber auch ältere Mitarbeiter sollten sich ändern, sich aus ihrer "Konsumentenrolle" verabschieden und die Verantwortung für ihre Berufsbiografie übernehmen. Die bisherige Praxis der Frührente wirkt sich negativ auf Leistungsmotivation und Lernbereitschaft schon Jahre vor dem Ausscheiden aus. Aus dieser Motivationsfalle müssen sich ältere Beschäftigte wieder befreien und sich mental, physisch und psychisch wieder fit machen, um auch für die restlichen Berufsjahre einen Beitrag zu der unternehmerischen Wertschöpfung zu leisten. (am)