Je kleiner die CPU, desto größer die Abneigung gegen Third-Party-Software:

Fremdsoftware mögen - IBM-Software fahren

03.10.1980

WALTHAM/MÜNCHEN (je) - 17 Hauptmotive gibt es, deretwegen Anwender auf Nicht-lBM-Fertigsoftware ("Third-Party-Software") zurückgreifen, und 22 Motive, die die User veranlassen, softwaremäßig an der Seite des Marktführers zu bleiben. Dies fand die International Data Corporation (IDC), Waltham und München, heraus, als sie im Jahre 1979 unmittelbar im Anschluß an IBMs Ankündigung der 4300er Reihe durch eine Befragung westeuropäischer Anwender den derzeitigen und für 1981 geplanten Einsatz von Mixed-Software auf IBM- und kompatiblen Systemen untersuchte.

IDC veröffentlichte die Ergebnisse der Umfrage in der 167 Seiten starken Eurocast-Studie "IBM 370/3030/4300 Migration Patterns - Western Europe". Gefragt wurde nach den Software-Gegebenheiten und Planungen bei den IBM- und PCM-Anwendern mit Geltung für den April der Jahre 1979 und 1981. Gegenstand der Untersuchung waren Datenbanksysteme, TP-Monitore sowie allgemeine Motivforschung. Soweit möglich, wurde nach Rechnermodellen und Ländern unterschieden.

Die Marktforscher interpretieren Bild 1 als Anzeichen dafür, daß die Anbieter von Nicht-IBM-Datenbanken Gefahr laufen, Anteile im DB-Markt zu verlieren, es sei denn, sie bemühen sich verstärkt um die noch unentschlossenen Anwender. Gleichzeitig werten sie ihre Beobachtung als "interessant", daß von den 4300 Anwendern mit feststehender Softwareplanung immerhin 41 Prozent den Einsatz einer Nicht-IBM- und zwölf Prozent sogar den einer "Do-it-yourself"-Datenbank vorsehen.

Geht man ins Detail (Bild 2) so wird erkennbar, daß IBMs IMS unter den einzelnen Datenbanksystemen durchweg die erste Wahl darstellt. Aufgeschlüsselt nach Rechnermodellen (nicht im Bild), zeigt sich ferner, daß diese IMS-Dominanz besonders bei den Maschinen 370-148 und aufwärts zum Tragen kommt. Anwender kleinerer Zentraleinheiten greifen dagegen stärker auf "unabhängige" Datenbanken zurück.

Als einzige Third-Party-Datenbank, die auch in den Großsystemen in nennenswertem Umfang eingesetzt wird, haben die IDC-Forscher Adabas ermittelt. Zu den in Bild 2 aufgeführten "anderen IBM-Datenbanken" rechnen die Marktforscher vor allem DL/1, Power und DBOMP.

Teleprocessing-(TP-)Monitore werden nach Einschätzung von IDC in noch größerem Maße Verwendung finden, als dies für Datenbanken gilt. Die Forscher bekräftigen diese Prognose gerade auch in Anbetracht der Tatsache, daß TP-Monitore bereits jetzt weiter verbreitet sind als Datenbanken. Wesentliche Ursache dieses Booms ist nach IDC-Darstellung der zunehmende Übergang auf oder der immer weitere Ausbau von Distributed Processing-Anwendungen.

TP-Software-Anwender sind nach IDC-Beobachtung in noch stärkerem Maße auf IBM fixiert als DB-User: Im April 1979 entschieden sich 78 Prozent der TP-Anwender und 62 Prozent der DB-Anwender für IBM-Produkte. Im April 1981 soll diese Relation bei 79 Prozent zu 64 Prozent liegen.

Bemerkenswert sei dennoch, meinen die Marktforscher, daß erhebliche Teile der 4300-Anwender zum Einsatz eines Third-Party-Monitors entschlossen seien und ein ziemlicher Prozentsatz die Entscheidung für oder gegen einen IBM-Monitor noch nicht getroffen habe (s. dazu Bild 3).

Innerhalb der Gruppe der IBM-Monitore, so ergab die Untersuchung herrscht CICS eindeutig vor (1979 waren 64 Prozent ClCS-User, 1981 sollen es 65 Prozent sein. Den zweiten Rang hält IMS-DC.)

Signifikanten Widerstand gegen die Verwendung von Nicht-IBM-Software (Fremdsoftware) hat die IDC-Untersuchung nicht ermittelt, auch nicht bei einer akribischen Auswertung der Anwenderangaben "von Rechnermodell zu Rechnermodell". 59 Prozent der Befragten benutzten 1979 zumindest ein Fremdsoftware-Produkt, und noch mehr Anwender wollten dahingehende Überlegungen entweder fortsetzen oder neu anstellen.

Korrigierende Anmerkung der Marktforscher: Je kleiner die CPU-370-135 und darunter - , desto größer die Abneigung gegen den Einsatz von Fremdsoftware. Nur 37 Prozent der Anwender solcher Systeme benutzten 1979 Fremdsoftware. Und der Prozentsatz derer, die mit diesem Gedanken spielten, erreichte gerade 54 Prozent und lag somit unter dem entsprechenden Satz bei den PCM-Anwendern, die ja der IBM-Software mit gewisser Sympathie begegnen (s. dazu Bild 4, aber auch Bild 7).

Die geringsten Vorbehalte der Third-Party-Software gegenüber haben nach IDC-Beobachtungen die Anwender in der Schweiz und Österreich, gefolgt von denen in Skandinavien und Benelux. Umgekehrt ist es in Spanien/Portugal und Italien/Griechenland. Das "Mittelfeld" bilden die wirtschaftlich größten Länder Frankreich, Deutschland und Großbritannien mit Irland (s. dazu Bild 5). Einen Erklärungsversuch für das innereuropäische Vertrauensgefälle liefern die IDC-Forscher nicht.

Betrachtet man die Gründe, aus denen ein Anwender zur Third-Party-Software überwechselt (s. Bild 6), so scheint dies zunächst vor allem eine Preis-Frage zu sein. Immerhin wird dieser Beweggrund 44mal angegeben. Die Motive aber, die auf die Leistungsfähigkeit fremder Software abheben, werden alles in allem häufiger genannt. Performance-Motive stehen in der Tabelle unter den Punkten 2. mit insgesamt 41 Nennungen, 4. mit insgesamt 21 Nennungen, 7. mit insgesamt 13 Nennungen, 8. mit insgesamt 10 Nennungen und 10. mit insgesamt 8 Nennungen aufgelistet.

Haupthindernis für den vermehrten Einsatz von Third-Party-Software ist die Furcht vor unzureichenden Unterstützungs- und Wartungsleistungen. Bild 7 zeigt an, daß neben Punkt 1. auch Punkt 4. unter diese Kategorie fällt (zusammen 31 Nennungen). Starke Vorbehalte löst auch die Erwägung aus, daß der Schritt zur Fremdsoftware stets auch einen Schritt in eine weitere Geschäftsbeziehung/Abhängigkeit darstellt. Die Punkte 3. und 13. mit insgesamt 14 Nennungen bringen dies zum Ausdruck.

Man kann es drehen und wenden, wie man will, resümieren die Marktforscher: Die Anwender mögen IBM-Software. In Erwiderung auf die gestellte Frage: "Was mögen Sie an IBM-Software nicht?" antworteten 122 Anwender: "Wir mögen IBM-Software." Damit sind die 89 Anwender, die sich kritisch zu IBM-Software äußerten, klar in der Minderzahl. 18 Anwender hatten weder die eine noch die andere Meinung.

Die 89 Kritik-Äußerungen hat IDC in 5 Statement-Kategorien zusammengefaßt. Wie viele Anwender welche Antworten gaben, ist im folgenden aufgeführt. Es sagten über die IBM-Software

26: braucht zu viel Speicherplatz, ist ineffizient und schwerfällig

20: ist zu teuer

19: ist zu allgemein und für einige spezielle Anwendungen ungeeignet

13: braucht zu viel CPU-Zeit

19: ist zu komplex

7: macht Probleme bei der Fehlerkorrektur

6: hat nicht alles, was wir brauchen - zu wenige Standardanwendungen

5: ist von Programmfehlern nicht gründlich bereinigt

4: bindet uns zu sehr an IBM

4: ist nicht problemfrei

3: ist von schlechter Qualität

3: hat schlechte Job Control Language

3: haben sie nicht in Gebrauch

2: IBM ist nicht sehr kooperativ

2: hört am Front-End-Prozessor auf

2: ist zu sehr für den Computer, nicht ausreichend für den Benutzer entworfen

2: Spezifikationen manchmal nicht exakt

2: schlechte Handhabung des Dateirücklaufs

1: schlechte Dokumentation

1: zu sicherheitsorientiert - was zu exzessiver Zeitverschwendung führt - und zu konservativ mit zu vielen internen Prüfungen

1: ist veraltet

1: benötigen mehr Betreuung nach dem Kauf und kriegen sie nur schwer zum Laufen

1: IBM will es jedem recht machen - unmöglich

1: kommen dem (IBM-)Softwaredesigner nicht auf die Schliche

1: haben Verbund-(Kompatibilitäts-) Probleme