Französischer Wissenschaftler prognostiziert Kampf der Sprachen:Ada läuft "C" mit Unix-Hilfe den Rang ab

08.11.1985

FRAMINGHAM (CWN) - Die Programmiersprache Ada startet zum Höhenflug: Jean D. Ichbiah, einer der Väter dieser Sprache und Gründer der Alsys S.A. in Frankreich, glaubt, daß sich Ada zur Zeit zu einer wettbewerbsfähigen und leistungsstarken Sprache für die Entwicklung von Anwendungsprogrammen herauskristallisiert. So beantwortete der Franzose während einer Visite in Washington D.C., Fragen der COMPUTERWORLD.

Eines der wichtigsten Probleme von Ada liegt künftig in der Marktentwicklung dieser Programmiersprache. Ichbiah ist der Ansicht, daß Ada-Compiler als ausgereifte Produkte jetzt einen Punkt erreicht haben, an dem sie vom Markt akzeptiert werden.

Es existieren zur Zeit mehr als 20 Compiler in diesem Bereich, von denen einige als sehr gut angesehen werden dürften. Dabei sollte nicht außer acht gelassen werden, daß

Compiler einen wichtigen Ausgangspunkt für die Verbreitung einer Programmiersprache setzen. Mittlerweile sind die Hersteller in der Lage, gute Applikationsprogramme in Ada zu liefern.

Man kann, so Ichbiah, davon ausgehen, daß auch in absehbarer Zeit Ada-Compiler für Mainframes - beispielsweise die IBM/370-Architektur - auf dem Markt verfügbar sein werden. "Wir rechnen mit einer Ankündigung in der Mitte des nächsten Jahres", sagte Ichbiah.

Probleme in der weiteren Verbreitung von Ada ergeben sich aber nicht nur auf dem Compilermarkt. Experten beklagen vielfach, daß die Ausbildungssituation der Ada-Programmierer noch im argen liege. Ichbiah meint dazu, daß hier auch dem Anwender eine wichtige Rolle zukomme: "Es ist notwendig, DV-Manager von den Vorteilen der Produkte - insbesondere bezogen auf die Langzeitrentabilität - zu überzeugen. Als eines der Hauptverkaufsargumente sieht Ichbiah dann auch die Wartungsfreundlichkeit .

Noch vor zwei Jahren, so der Ada-Mitentwickler, lag das große Problem darin, daß Softwareunternehmen noch nichts von Ada gehört hatten und die Programmierung der Applikationssoftware mit C favorisiert wurde. Zum jetzigen Zeitpunkt zeige sich, daß sich die Ansichten radikal geändert haben. Ada fand mittlerweile eine größere Verbreitung, und der Einsatz von C, so Ichbiah, enttäuschte in der täglichen Arbeit. Die Erwartungen der Software-Hersteller wurden in vielen Spezialfällen nicht erfüllt.

Es stellt sich nun die Frage, ob C und Unix Hauptkonkurrenten für Ada seien. Ichbiah meint dazu, daß Unix nicht als Wettbewerber, sondern vielmehr als Verbündeter gelte.

Da vor zwei Jahren keine entsprechenden Produkte in Aussicht standen, wurde C als echtes Konkurrenzsystem bewertet. Die Sprache C wurde im Windschatten von Unix dann immer populärer. Aber auch Ada gerät zunehmend in den Sog von Unix. Angesichts der zusätzlichen Qualitäten dieser Sprache - nämlich Wartungsfreundlichkeit und Modularität - prognostiziert der französische Forscher, daß Ada gemeinsam mit Unix seinen Weg gehen wird.

Eines der Ada-Kabinettstückchen liegt in der Langzeitstrategie des Department of Defense (DoD), das für diese Programmiersprache eine strikte Güteprüfung vorschreibt: Der ausgeübte Zwang für alle Compiler, einen strengen Validierungsprozeß zu durchlaufen, ist eine der besten Garantien für Anwender, daß ihre Programme portabel seien. "Fast alle C-Anwender", so Ichbiah, "litten unter den Schwierigkeiten, die durch verschiedene Implementierungen hervorgerufen wurden."

Stärkster Kritikpunkt an dieser Neuentwicklung ist, daß die Anwender sich scheuen, ihre Alt-Investitionen in Cobol aufzugeben. Sie lassen sich von den Ada-Vorteilen schwer überzeugen. User mit komplexen Problemen sind leichter zu gewinnen, da sie wissen, daß sie mit ihren jetzigen Lösungsmöglichkeiten nicht weiterarbeiten können.