France Telecom will ab 1995 ATM-Dienste anbieten Multimedia fuer die Ile-de-France spaetestens zur Jahrtausendwende Von CW-Mitarbeiter Lorenz Winter

15.04.1994

PARIS - In Frankreich geht, was den digitalen Information-Highway angeht, im wahrsten Sinne des Wortes die Post ab. Neben dem forcierten Ausbau landesweiter ISDN- und ATM-Verbindungen will die staatliche France Telecom ihre rund 30 Millionen Privatkunden zur Jahrtausendwende mit Multimedia-faehigen Fibre-to-the-home- Anschluessen versorgen.

Eine Fernsehdirektuebertragung via Kabel in bester Studioqualitaet (Uebertragungsrate 140 Mbit/s, Bildaufloesung 1250 Zeilen, "Kinoformat" 16/9 am Bildschirm) gab dieser Tage einen Vorgeschmack auf das, was die France Telecom ihren Privatkunden spaetestens nach der Jahrtausendwende in Sachen Multimedia-Dienste anbieten will. France-Telecom-Generaldirektor Charles Rozmaryn wies vor Pressevertretern darauf hin, dass das Netz des franzoesischen Carriers bereits heute mit einem Digitalisierungsgrad von 85 Prozent (Vermittlungsstellen) beziehungsweise 90 Prozent (Uebertragungsleitungen) die modernste TK-Infrastruktur der Welt darstelle. Ab 1995 sollen darueber hinaus die ersten Breitbanddienste auf ATM-Basis zur Verfuegung stehen.

Aber auch in den kommenden Jahren wollen die Mannen um Marcel Roulet ihr Netz weiterhin zuegig auf Glasfaser sowie auf eine Struktur, die von Hunderten regionaler WANs gepraegt ist, umstellen. Zu diesem Zweck sollen bis 1996 allein auf nationaler Ebene - das heisst fuer Ferngespraeche im Landesinneren - 21 000 Kilometer an Lichtwellenleitern verlegt werden; auf regionaler Ebene wird die Laenge aller Glasfaserstrecken bis zum Jahr 2000 von heute 22 000 auf 80 000 Kilometer steigen.

Einzige und zugleich auch grosse Unbekannte in dieser Rechnung ist vorlaeufig noch der Glasfaseranschluss fuer die rund 30 Millionen France-Telecom-Privatkunden. Um auch diese letzte Luecke im digitalen Information-Highway schliessen zu koennen, gab das franzoesische Industrieministerium jetzt eine Studie in Auftrag, die vor allem die notwendigen Investitionen fuer ein landesweites Fibre-to-the-home-Projekt auflisten soll. Nach ersten Expertenschaetzungen duerfte mit rund 150 Milliarden Franc der finanzielle Aufwand dafuer mindestens ebenso hoch sein wie der fuer die weitere regionale und ueberregionale Modernisierung des France- Telecom-Netzes.

Als ersten Schritt in Richtung einer optischen Totalverkabelung fasst der franzoesische Carrier zunaechst den sukzessiven Anschluss von rund 5000 grossen Gebaeuden an das ISDN-Netz ins Auge. Schon heute verfuegen nach France-Telecom-Angaben im Grossraum Paris, der Ile-de-France, gut 200 Gebaeude ueber einen ISDN-Anschluss (teils geschaltet, teils via Standleitung). Bis zum Jahr 1998 soll diese Teilnehmerzahl auf mindestens 1500 steigen. Um Zugriffsgeschwindigkeit und Verbindungssicherheit im ISDN-Netz zu verbessern, gehen die Franzosen ferner von der jetzigen Baumstruktur ab und setzen zukuenftig auf einen Verbund regionaler WANs. Der Hauptvorteil dieser neuen Netzstruktur liegt, wie es in Paris hiess, darin, dass kuenftig fuer jede Punkt-zu-Punkt-Verbindung mehrere alternative Routen in Frage kommen. Dadurch koenne die Gesamtverfuegbarkeit des Netzes auch beim Ausfall wichtiger Leitungen kontinuierlich bei fast 100 Prozent angesiedelt werden.

Je mehr sogenannter Komfortdienste (Ferngespraeche zu Dritt, automatische Anrufweiterleitung etc.) oder intelligente Dienste (persoenliche Rufnummer, selektive Anrufzurueckweisung, Televoting) kuenftig ueber WANs auf ISDN- beziehungsweise ATM-Basis angeboten werden, desto hoeher sind die Anforderungen in puncto Bandbreite und Uebertragungskapazitaet. France-Telecom-Techniker halten in diesem Zusammenhang eine Vervierfachung der Uebertragungsleistung auf 10 Gbit/s schon in einigen Jahren fuer moeglich.