Magazin soll Bilder rechtswidrig nutzen

Fotos auf CD: Spiegel droht Copyright-Klage

29.11.1996

"'Der Spiegel`, der die Rechtsverstöße anderer gerne mit erhobenem Zeigefinger kritisiert, sollte das Urheberrechtsgesetz kennen", moniert Rolf Nobel, Pressesprecher der mit rund 700 Mitgliedern größten deutschen Organisation freiberuflicher Bildjournalisten Freelens. Beginnend mit dem Jahrgang 1989, habe der Spiegel-Verlag sämtliche Ausgaben des Nachrichtenmagazins auf CD-ROM gebrannt und diese sogenannten Jahrgangs-CDs für 150 Mark pro Stück verkauft. Doch erst seit Februar 1994 sind die Fotografen für diese Verwertung honoriert worden.

"Es handelt sich dabei um einen bewußten Verstoß gegen das Urheberrecht", begründet Nobel, weswegen 79 Fotografen mit einer Klage auf Nachhonorierung vor dem Hamburger Landgericht vorstellig geworden sind. Insgesamt habe der "Spiegel" 7600 Fotos rechtswidrig auf CDs gebannt.

Das Angebot des "Spiegel", statt der geforderten 150000 Mark lediglich 10000 Mark auf das Konto einer gemeinnützigen Stiftung zu entrichten, klingt für Nobel absurd, zumal sich der Verlag gegenüber einzelnen Forderungen der Fotografen bereits in der Vergangenheit "auf stur gestellt hatte". Das Nachrichtenmagazin hatte laut Freelens mit der Drohung gekontert, "nicht mehr zu zahlen und den Fotografen keinerlei Aufträge mehr zu geben". Nobel: "Wenn sämtliche Fotografen ihr Ausgleichshonorar fordern, kann der Betrag die Millionengrenze überschreiten."

Eher gelassen betrachtet man die Situation beim Hamburger Nachrichtenblatt: "Hier liegt keine unerlaubte Zweitverwertung der Fotos vor", wehrt sich Dietmar Krause, Justitiar des "Spiegel", gegen die Vorwürfe des Fotografenvereins. Bei der Wiederverwertung auf den silbernen Scheiben handele es sich vielmehr um eine spezielle Konstellation, "nämlich um eine Eins-zu-eins-Wiedergabe des ,Spiegel' und sonst gar nichts", zeigt sich der Anwalt siegessicher.

Hinsichtlich der CD komme es - anders als im Printmedium - kaum auf die optischen Elemente an, da die überspielten Fotos sowieso in einer relativ dürftigen Qualität von 75 dpi (dots per inch) eingescannt worden seien. Außerdem seien "die Honorarvorstellungen der Fotografen völlig überhöht".