Ltd. als attraktive Alternative zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Firmengründung auf die feine englische Art

14.05.2004
Besonders IT- und E-Commerce-Unternehmen gehören zu den Limited-Pionieren in Deutschland. Wer als Existenzgründer oder Selbständiger mit Blick auf eine eigene Kapitalgesellschaft auf das vergleichsweise einfache englische Gesellschaftsrecht setzt, kann neben Zeit und Ärger auch eine Menge Geld sparen. Hans-Wener Oertel*

Die frisch gebackenen Firmenchefs nennen sich offiziell "Managing Director". Ihre durchweg erst wenige Monate alten Gesellschaften sind keine GmbHs, dennoch auch in Deutschland als Kapitalgesellschaften mit beschränkter Haftung voll rechtsfähig: englische Limiteds. Obwohl sie weiterhin in Deutschland ihr Geld verdienen und Steuern zahlen, sind sie auf der Insel registriert, parallel dazu oft auch im deutschen Handelsregister eingetragen und haben hier eine Niederlassung. Was zunächst ungewöhnlich klingen mag, bringt seit einem Jahr schon einigen hundert Firmenchefs unter der Generalüberschrift "weniger Bürokratie" jede Menge Vorteile - auch und gerade bei den Kosten.

Lübecker IT-Spezialisten haben kürzlich eine der ersten englischen Limiteds in Schleswig-Holstein ins Leben gerufen. Firmensitz des auf Eventsoftware spezialisierten Unternehmens Event Software Ltd. (www.event-software.net) mit derzeit sieben Mitarbeitern ist die Calthorpe Road in Birmingham (Großbritannien). Neues EU-Recht, zuletzt ein höchstrichterliches BGH-Urteil vom März 2003, macht diesen vergleichsweise unbürokratischen Schritt möglich. Wer sich wie die IT-Profis Boris Koppenhöfer aus Eltville (Hessen) und der Sachse Karsten Höfner (Zschopau) einen Gründer"vater" vor Ort auf der Insel nimmt, hat seine neue Gesellschaft womöglich schon nach einigen Tagen offiziell angemeldet und braucht nur 1,40 Euro Stammkapital (bei der GmbH sind 25000 Euro die Mindesteinlage).

Persönliche Haftung ausgeschlossen

Auf einen der Hauptvorteile kommt der Limited-Consulter Michael Silberberger von der englischen Go Ahead Ltd. sofort zu sprechen. Seine Firma, die unter www.tschuess-deutschland.de zielgruppenspezifische Gründertipps und mit Steuerrechtsseminaren zum Thema bundesweit individuelle Beratung gibt, lobt vor allem den Haftungsausschluss via Limited. "Die private Limited Company bietet insbesondere Existenzgründern sowie kleinen und mittleren Unternehmen Möglichkeiten, die Vorteile der garantierten europäischen Niederlassungsfreiheit zu nutzen, um sich damit - wie bei einer GmbH - vor der persönlichen Haftung zu schützen", weiß der 31-Jährige. Allerdings eigne sich eine Limited "nicht mehr und nicht weniger" als andere Gesellschaftsformen dazu, sich im Handelsverkehr rechtsmissbräuchlich zu verhalten. Geschehe dies trotzdem, gebe es, analog zur GmbH, neben der strafrechtlichen Verantwortung auch eine Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter.

Niedrigere Steuersätze

"Auf Grund der Haftungsprobleme empfiehlt sich die Limited besonders für IT-Unternehmen", betont Silberberger. Selbst bei einem Verkauf des Unternehmens hafte der Verkäufer noch fünf Jahre für alle Verträge, die er eingegangen sei. Deswegen sollte Wert auf Haftungsbegrenzung gelegt werden. Außerdem profitierten Limited-Geschäftsführer wie ihre GmbH-Kollegen auch durch niedrigere Steuersätze, die für eine Kapitalgesellschaft gelten. Die durchschnittliche Steuerbelastung einer Personengesellschaft beträgt 47,5 Prozent und die einer Kapitalgesellschaft (beide inklusive Solidaritätszuschlag) nur rund 37 Prozent.

Lars Rabenecker, Ltd.-Geschäftsführer aus Lübeck, ist voll des Lobes: Event Software habe sich für eine Limited entschieden, weil die Gründung und Anmeldung einer GmbH vor dem Hintergrund eines ersten Großauftrages viel zu lange gedauert hätte. Außerdem sei diese Rechtsform bei internationalen Geschäften, die sein Unternehmen jetzt mit Blick auf Märkte in Österreich und Asien angeschoben habe, nützlicher, weil bekannter.

Schneller Chef werden

Boris Koppenhöfer hat mit seiner KundW Datentechnik Ldt. (www.kundw.de) "viel Geldund Zeit" gespart. In zehn Tagen war von der Beauftragung bis zum Eintreffen des englischen Handelsregisterauszugs alles erledigt - und vor allem für "ein Fünftel der sonst üblichen Gründungskosten", freut sich der 36-jährige IT-Experte. Als Koppenhöfer einem Notar von der angebotenen Möglichkeit berichtete, gegen Aufgeld sogar eine Expressgründung innerhalb von 24 Stunden zu erhalten, habe dieser mit Blick auf die deutschen Zustände nur achselzuckend abgewunken: "Bei mir würden Sie innerhalb eines Tages nicht mal einen Termin bekommen ."

Ganz wichtig für den frisch gebackenen Managing Director Koppenhöfer, der die Limited jetzt auch aus eigener Erfahrung als "wesentlich unternehmerfreundlicher" einstuft, war vor allem die sachkundige Beratung aus Birmingham - auf Deutsch, versteht sich. Laut einer Studie der Marktforschung Rheinland mit Sitz in Euskirchen liegen die Preise für eine Ltd.-Gründung inklusive registriertem Büro für ein Jahr zwischen 259 Euro bei Go Ahead (www.go-limited.de) und 2292 Euro bei der Global Network Solution (www.c4visions.de/ldt.ht).

Auf dem Weg vom Einzelunternehmen zur Kapitalgesellschaft hat Torsten Quast jetzt den Sitz seiner Quest Technologies Europe Ltd. & Co. KG (www.quest-tech.de) offiziell nach Großbritannien verlagert - ein "must" nach englischen Spielregeln ebenso wie die formale Einsetzung eines Sekretärs. Sitz des Ein-Mann-Unternehmens ist die Calthorpe Road in Birmingham. Seine auf Beschaffung und Vermarktung von elektronischen Bauteilen spezialisierte Firma macht indes von Riederich (Baden-Württemberg) aus weltweite Geschäfte; die Steuern werden nach wie vor in Deutschland bezahlt.

IHKs sehen Ltd. als Konkurrenz

Noch staunen manche Banken, uneingeweihte Steuerberater und im Fall eines Thüringer E-Commerce-Anbieters selbst das Sonneberger Gewerbeamt über dieses neue Gesellschaftskonstrukt. Auch manche örtlichen Finanzämter unterstellen, vielleicht eine "Briefkastenfirma" zu sein. Die IHK zu Berlin zeigt sich eher kritisch: Die Limited-Gründer übersähen oft, dass sie sich auch mit britischem Recht vertraut machen müssten. Das komme manchen Unternehmern womöglich entgegen, erwidert ein Experte. Die IHK Wiesbaden begrüßt "jede neue gesellschaftsrechtliche Option für Unternehmer". Friedemann Götting, Chef des Geschäftsfeldes Recht, vermutet, dass die Umgehung des deutschen Gesellschaftsrechts gewollt sei und den Gesetzgeber zum Handeln zwinge. Für ihn stelle sich damit die Frage, ob das deutsche GmbH-Recht noch "zeitgemäß" sei. Annette Reiser von der IHK Rhein-Neckar gibt zu bedenken, dass in Deutschland das Vertrauen zu der Rechtsform noch fehle. Die meisten Geschäftsleute hätten bisher noch nie damit zu tun gehabt und seinen deshalb "skeptisch". (hk)

*Hans-Werner Oertel ist freier Journalist in Berlin.

Ltd.-Gründung

- Sie ist in Deutschland voll handlungsfähig und eintragbar, selbst wenn in Großbritannien keine Geschäfte getätigt werden (EU-Niederlassungsfreiheit);

- günstige Eintrags- und Registrierungskosten;

- weltweite Geschäfts- und Handlungsfähigkeit;

- legale Steuerminderung selbst bei Betriebsstätte in Deutschland;

- eine Ltd.-Gründung ist auch nach Insolvenz/Konkurs möglich;

- späterer Gesellschafterwechsel ist relativ unkompliziert.

Gesellschaftsformen im Vergleich

GmbH / Limited

Grundkapital / mindestens 25 000 Euro / mindestens 1,40 Euro

Gründungsgebühren / zirka 750 bis 2000 Euro / Ab 259 Euro

Aufnahme neuer Gesellschafter / kostenpflichtige Beglaubigung durch Notar / kostenfrei, jederzeit möglich

Gründungsdauer / Zirka vier bis zwölf Wochen / Schnellgründung innerhalb von 24 Stunden möglich - ansonsten fünf bis sieben Tage

Verbreitungsgrad / GmbH in Deutschland und Österreich / weltweit bekannteste Gesellschaftsform