Finanzdienstleister stellen verstaerkt DV-Experten ein Internet-verliebte Kaufleute loesen die Grossrechnerprofis ab

06.10.1995

MUENCHEN (CW) - Banken und Versicherungen halten wieder vermehrt Ausschau nach DV-Spezialisten. Die Zahl der Jobangebote bei Finanzdienstleistern stieg nach EMC-Untersuchungen in den ersten acht Monaten um 33 Prozent gegenueber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Gesucht werden vor allem Software- und Systemingenieure (knapp 20 Prozent). Zusammen mit den rund 15 Prozent Systemanalytikern ist das ein gutes Drittel der begehrten DV-Spezialisten. 14 Prozent der Offerten wenden sich ausdruecklich an Anwendungsentwickler. Dazu kommen fast 18 Prozent der Inserate, die im Finanzdienstleistungsbereich interessante und lukrative Jobs versprechen, sich aber, was die Taetigkeit angeht, der bekannten Nomenklatur zu entziehen scheinen.

Als Grund dafuer nennt Jens Brendel, geschaeftsfuehrender Gesellschafter der Agens Consulting GmbH in Ellerau bei Hamburg gewandelte informationstechnische Anforderungen: "Insbesondere die Finanzdienstleister benoetigen heute eine neue Generation von IT- Spezialisten." Das seien idealerweise Wirtschaftsinformatiker mit betriebswirtschaftlichem Fach-Know-how aus Versicherung oder Bank.

Sie muessten schon im Studium mit den Themen Objektorientierung, Client-Server, Prozessoptimierung, Workflow beziehungsweise Dokumenten-Management "mehr als nur fluechtig" in Kontakt gekommen sein. Auch der Umgang mit Groupware, World Wide Web sowie Multimedia sollte ihnen vertraut sein, meint der Hamburger Geschaeftsfuehrer.

Fuer Brendel muessen Bewerber Groupware beherrschen, wenn sie aussichtsreiche Perspektiven am Markt haben wollen: "Bei fast allen Finanzdienstleistern laeuft heute oder in naher Zukunft Groupware." Hierfuer muessten neue Applikationen in Hochgeschwindigkeit produziert werden. Allerdings wuerden dafuer nicht viele Mitarbeiter benoetigt.

Im multimedialen Bereich sehe es anders aus. Da zeichne sich ein groesserer Personalbedarf ab

- wenn auch erst in Zukunft: "Daten-Highway! Mit World Wide Web habe ich ein Supertransportmittel, ein Netzwerk, die Infrastruktur. Da geht fuer mich der Weg hin, wo Multimedia eingesetzt wird. Und innovative Finanzdienstleistungsunternehmen findet man heute schon im Internet!" geraet der Consulting-Chef ins Schwaermen.

Die Kombination von Multimedia und World Wide Web sei fuer ihn die entscheidene Innovation, "das ist die direkt vor uns liegende Zukunft". Hier muessten sich Unternehmen profilieren, die als Vorreiter gelten wollten. Folglich erwartet Brendel von Bewerbern, dass sie diese Technik beherrschen.

Gegenwaertig stelle sich noch ein anderes Problem. "Ich kenne keine Bank oder Versicherung, die im Rahmen ihrer IT-Strategie, zumindest grob formuliert, nicht eindeutig die Frage Make or Buy? mit Buy oder Make and Buy beantwortet. Kaufen, wenn immer moeglich und sinnvoll; und nur machen, was unumgaenglich noetig", weiss der Hamburger Geschaeftsfuehrer. Ganz in diesem Sinne haben heute bei vielen Banken die SAP-Finanzmodule RF und RK beziehungsweise FI und CO Einzug gehalten. Hier werden SAP-kundige Banker und Versicherungs-Betriebswirte dringend gebraucht. Neben den fachlichen Komponenten verlangt Brendel von Bewerbern, dass sie sich als IT-Leute klar darueber sind, Dienstleister zu sein. Und das nicht nur bezogen auf ihre Branche: "Dienen und Leisten heisst die Devise. Dienen auf eine angenehme Art und Weise. Und Leisten: hochwertig und sehr schnell."