Fehltritt

01.02.1980

"Mög'n hätt i scho woll'n, aber trau'n hab i mi net dürf'n" - man könnte meinen, der Münchner Komiker Karl Valentin, von dem dieser Zungenbrecher stammt, sei ein Apostel der heranwachsenden Computer Community gewesen: Kein DV-Chef, der nicht schon irgendwann einmal mit einem Herstellerwechsel geliebäugelt hätte und es dann bleiben ließ.

Beinahe wehmütig spricht etwa Ludwig Oberle, DV-Leiter bei der Pfizer GmbH (Karlsruhe) von der "Karte eines möglichen Herstellerwechsels", die man ausspielen konnte, um den eigenen Computer-Lieferanten zu piesacken. Heutzutage sei der Spielraum für eine Fremd-Implantation "extrem gering" (siehe auch Thema der Woche, Seite 5).

Kernpunkt der Oberle-Aussage: Das Fabrikat zu wechseln führt zu einem Bruch in der gewachsenen Organisationsstruktur des Betriebes: Auf eine Kurzformel gebracht: Fremdgehen kommt teuer zu stehen.

Die Anwender verweisen darauf, daß die Entscheidung für eine bestimmte Hardware zunehmend von der Software bestimmt werde - selbst bei ein und demselben Hersteller. Der Einwand ist berechtigt - aber nicht überzeugend. Denn die von unabhängigen Softwarehäusern immer wieder geforderte Hardware-Neutralität ist nicht umstritten, und mit den kompatiblen KDBS/KDCS-Schnittstellen wurden "Impfstoffe gegen Inkompatibilität" entwickelt. Warum greift man also nicht auf diese Gleichmacher-Technik zurück?

Die Antwort ist klar: "Ein Systemwechsel bedeutet Brachliegen häufig schwer erworbener Erfahrungen und Kenntnisse", so ein DV-Chef. Diesem Argument kann man sich schwerlich verschließen.

Wer fängt denn schon gern freiwillig wieder von vorne an, weil das vorhandene Wissen nicht mehr gefragt ist? Gleichwohl brauchen gestandene Groß-EDV-VBs die Köpfe nicht hängen zu lassen, wie der Fall "Energie Versorgung Schwaben" zeigt. Dort geht ICL und Univac kommt.

Daß die Sulzbacher rund zehn Mannjahre Umstellungsaufwand auf die eigene Kappe nahmen, beweist, wie wichtig nach wie vor spektakuläre Ablöseerfolge für die großen Mainframer sind - und wo ein Scheidungswille ist, da findet sich auch ein Scheidungsgrund.