Mehr als 64 KBitSek. nur selten notwendig:

Fähren und Brücken in der Inselwelt der LANs

15.03.1985

So nützlich lokale Netze für eine Kommunikations-Infrastruktur sind, ist doch die Beschränkung des Wirkungskeises nicht immer wünschenswert. Es ist daher in den meisten Fällen unabdingbar, eine Öffnung des Netzes im Hinblick auf eine globalere Kommunikationsstruktur zu bewirken. Dies kann man in vielerlei Hinsicht tun. Letztlich werden jedoch als Ergebnis die LAN-Inseln zu einem neuen Verbund zusammengefaßt.

Anwendungsbeispiele für den Verbund von LAN-Inseln liegen sofort auf der Hand. Ein Unternehmen habe mehrere Teilbereiche; jeder sei lokal vernetzt; der Hauptanteil der Kommunikation eines Teilbereichs-Mitarbeiters wird innerhalb dieses Sektors stattfinden. Ein geringerer Teil wird nach außen zu anderen Teilbereichen gerichtet sein. Je nach räumlicher Anordnung der Sektoren werden wir verschiedene Techniken für die LAN-LAN-Kopplung verwenden. Sind die Teilbereiche auf einem privaten Gelände, zum Beispiel Fabrikgelände, lokalisiert, so kommt die Kopplung über Hochleistungs-Standleitungen oder private Vermittlungsnetze in Frage. Bei räumlich getrennten Teilbereichen wird man auf Mietleitungen oder ein öffentliches Paketnetz zurückgreifen. Bei sehr weit voneinander entfernten Teilbereichen oder erhöhten Anforderungen kommen sogar Satellitenverbindungen in Frage. Wir wollen die wichtigsten dieser Alternativen diskutieren.

þKopplung von LANs auf geschlossenen privaten Geländen

Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich die Kopplung homogener und die heterogener Netze.

1) Die Kopplung homogener LANs ist der einfachste Fall, der vorkommt. Zwei homogene Netze wird man dann koppeln, wenn entweder eines oder beide Netze die durch technische und/oder topologische Randbedingungen gegebene Grenze für die Systemausdehnung erreichen oder eine Trennung in logischer Hinsicht gewünscht wird.

Vollständige Kopplung sehr schwierig

Man wird die Netze dann über ein Gerät oder ein Gerätepaar unter Umständen vermöge einer zwischengeschalteten Duplex- oder Halbduplexleitung geeigneter Kapazität verbinden. Der Bridge so wollen wir das Gerät oder Gerätepaar nennen ñ fallen im wesentlichen folgende Aufgaben zu:

- Entscheidung, ob das aktuelle Paket in das entfernte LAN übergeleitet werden soll oder nicht, entweder weil es lokal oder beschädigt ist (Filterung);

- Anpassung der Signale an das jeweils andere Medium;

- Gewährleistung der lokalen Übertragungsprotokolle und der Protokoll-Transparenz.

Beispiele für Bridges auch für den Betrieb an öffentlichen HfD-Leitungen findet man unter anderem bei Net/One.

Schwieriger wird es schon, wenn man mehr als zwei LANs koppeln will. Dann stehen folgende Alternativen offen:

- Kopplung zu Paaren (vollständiger Graph);

- Kopplung über ein Vermittlungsnetz (ISDN-fähige PABX);

- Kopplung im Rahmen einer Netzwerkhierarchie (über ein High-Speed-LAN).

Die vollständige Kopplung ist sehr aufwendig, da bei n LANs (n(n-1))/2 Bridges gebraucht werden. Bei der Kopplung durch ein Vermittlungsnetz wird ein Gerät benötigt, welches auf der LAN-Seite das LAN-Protokoll, aber auf der Vermittlungsnetz-Seite dessen Protokoll führt sowie ab einer gewissen Schicht Ende-zu-Ende-Protokoll-transparent ist: ein Gateway.

Die günstigste Art der Kopplung ergibt sich im Rahmen einer Netzwerk-Hierarchie: Es existiert eine Gruppe von Produkten unterschiedlicher Leistungsfähigkeit, die jedoch völlig kompatibel sind. Die Produkte der Stufe i sind leistungsfähig genug, ein Rückgrad (Backbone) für Systeme der Stufe i-1 zu bilden. Wegen der Kompatibilität sind die Gateways einfach aufzubauen. Das Gesamtsystem wird durch ein einheitliches Adreßkonzept sowie einheitliche Formate unterstützt. Der Backbone kann je nach dem auch noch für andere Aufgaben genutzt werden. Ein Beispiel ist die Hypernet-Familie von NSC: Hyperbus mit 10 MBit/Sek., Hyperchannel mit 50 MBit/Sek. und Datapipe mit mehr als 275 MBit/Sek.

Für die meisten Anwendungsfälle dürfte die Leistung eines solchen Backbones hinreichend sein.

2) Grundsätzlich ist für die Kopplung heterogener Netze, gleich welche Entfernung überbrückt werden soll, ein Gateway erforderlich. Das Gateway löst ein Interface-Problem. Es ist ein (virtueller) Knoten, der beiden Netzen gemeinsam ist. Der Knoten kann in einem oder in beiden Netzen realisiert sein. Er repräsentiert die gesamte Hard- und Software, die zur effizienten Abwicklung von netzübergreifendem Nachrichtentransport vonnöten ist. Daten, die von einem der beiden Netze in den Knoten geschickt werden, erscheinen durch diese "Tür" im anderen Netz. Ein Gateway stellt in jedem Falle einen intelligenten Knoten dar.

Gateways haben unter Umständen mit unterschiedlichen Protokollen der einzelnen Netz-Architekturen zu kämpfen. Normalerweise werden jedoch nur die untersten Ebenen einer Netzwerk-Hierarchie betroffen.

Verbesserung der Situation durch ISDN

Das Verbindungsnetz zwischen LANs wollen wir auch als Internetz bezeichnen. Abhängig vom bereitgestellten Internetz-Transportservice (Datagramm oder virtueller Schaltkreis) und abhängig vom Identitätsgrad der zu verbindenden Netzarchitekturen sind vom Gateway neben Basisfunktionen wie Umformatierung und Anpassung an verschiedene Übertragungsmedien folgende komplexere Aufgaben ganz oder teilweise zu realisieren:

- Adressierung,

- Flußkontrolle,

- Zugangskontrolle,

- Paketzerlegung,

- Routing (entfällt bei nur zwei Netzen),

- Überlastkontrolle,

- Datensicherung und

- Paketsortierung.

Als Beispiel für ein solches Gateway im LAN-Bereich wollen wir das zwischen Ethernet und Localnet von Bridge-Communications nennen.

þKopplung von LANs in getrennten Lokationen

Wenn die Teilbereiche, in denen die LANs liegen, räumlich getrennt sind, steht die Kopplung zwischen ihnen im allgemeinen nicht mehr in der Hoheit des LAN-Betreibers, sondern in der eines Betreibers eines öffentlichen Netzes oder öffentlicher Leitungen. Dies wird in der Bundesrepublik die DBP sein. Die Kopplung von Netzen über Standleitungen wollen wir nicht weiter verfolgen, da sich hier gegenüber dem oben Dargestellten wenig ändert, mit der Einschränkung, daß die so gewonnene Übertragungsstrecke sehr langsam im Vergleich zur Übertragungsgeschwindigkeit auf dem LAN ist.

Dies gilt jedoch generell bei einer Kopplung über öffentliche Netze, speziell Post-Netze. Wir erwarten hier eine erhebliche Verbesserung der Situation durch die Einführung des ISDN, besser noch des Breitband-ISDN.

In den Gateways muß offensichtlich ein größerer Speicher vorgesehen werden, der die unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch Zwischenpufferung ausgleicht. Nur so kann es zu einem vernünftigen Flußkontroll- und Überlast-Avoidance-Verhalten kommen.

Jetzt und in näherer Zukunft steht nur das maximal 48 KBit/Sek. langsame Datex-P-Netz zur Verfügung. Ein Gateway in dieses Netz und aus ihm muß die Schichten 1 bis 4 bezogen auf das ISO-Modell beherrschen, da auf der Datex-Seite das komplette X.25 verlangt wird. Dieses überdeckt die unteren drei Schichten. Es muß jedoch noch eine Schicht geben, in der vom LAN-Protokoll auf das X.25 "übergesetzt" wird. Dazu bietet sich die Transportschicht an, obwohl auch Ansätze auf der Netzwerkschicht diskutiert werden.

Die Abbildung 1 zeigt ein Ethernet-Datex-P-Gateway. Ein Nebeneffekt ist es natürlich, daß Stationen auf dem LAN bei geeigneter Protokollstruktur auch mit Datex-P-Anschlüssen kommunizieren können, die nicht Bestandteil eines LAN sind.

Bei der Übertragung größerer Datenmengen ist die Kopplung über Datex-P aus Kosten- und Effizienzgründen zu verwerfen, wie man sich leicht ausrechnen kann. Will man zum Beispiel einmal pro Tag Grafikdaten im Umfang von 10 MBit übertragen, so empfiehlt sich, so traurig dies klingen mag, allen Ernstes der IC-Kurierdienst, denn die so erzielte Datenübertragung ist billiger und schneller.

In nächster Zeit ist mit der Einführung etwas schnellerer Dienste im Rahmen des ISDN zu rechnen. Stehen mehrere Hauptanschlüsse zur Verfügung, so wird man sie kurzfristig parallel benutzen können. Die Kostenfrage hierbei ist hingegen noch offen.

Das Breitband-ISDN läßt noch einige Zeit auf sich warten. Es muß jedoch festgestellt werden, daß es nicht an der technischen Entwicklung liegt, wenn keine schnelleren Übertragungswege zur Verfügung gestellt werden. Mit Techniken wie zum Beispiel gemultiplexter PCM wären 2 MBit/Sek. durchaus denkbar.

Dies wird auch von Post-Seite nicht betritten. Es bestehen allerdings Zweifel daran, daß höhere Datenraten als 64 KBit/Sek. für die Kopplung von LANs notwendig sind, da Schätzungen davon ausgehen, daß zirka nur ein Prozent der Nachrichten in den entfernten Bereich gehen.

þDie Kopplung von LANs durch Satelliten

Wenn Teilbereiche relativ weit (mehr als 100 Kilometer) auseinanderliegen, tritt das Problem auf, daß die Gesamt-Nachrichtenverzögerung durch das Store-and-forward-Verhalten des öffentlichen Paketnetzes schnell untragbar wird. Bei (staaten-) grenzüberschreitendem Verkehr treten in hohem Maße Inkompatibilitäten zwischen den öffentlichen Netzen auf, die, alle zu beseitigen, relativ unökonomisch werden kann. Hier werden in absehbarer Zeit entsprechende Links zur Verfügung stehen.

Diese Art der LAN-Kopplung ist sicherlich nicht so futuristisch, wie dies im ersten Augenblick erscheinen mag.

*Dr. Franz-Joachim Kauffels ist Hochschulassistent am Institut für Informatik der Universität Bonn, Abt. II - Betriebssysteme. Der vorliegende Beitrag ist die stark gekürzte Fassung eines Referates, das auf der diesjährigen Online in Düsseldorf gehalten wurde.